Atombomben, Drohnen, Kriege - Friedensforscher sorgen sich um den Zustand der Welt. Dem Friedensplan für Syrien geben sie wenig Chancen.

Berlin. Forscher sehen den Frieden in Europa wegen der Finanzkrise gefährdet. Im Friedensgutachten 2012, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, verlangen die Experten außerdem ein Nachdenken über einen "schmutzigen Frieden" in Syrien als Alternative zu einem endlosen Bürgerkrieg. Bewaffnete, unbemannte Flugkörper - sogenannte Drohnen - müssen nach ihrer Ansicht geächtet werden, weil sie die Hemmschwelle für den Einsatz militärischer Gewalt minimieren.

Das Friedensgutachten als gemeinsames Jahrbuch von vier Instituten für Friedens- und Konfliktforschung erscheint seit 1987. Schwerpunkt 2012 sind globale Machtverschiebungen. Der Westen sei absorbiert von seiner Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrise. Die aufstrebenden Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) träten immer selbstbewusster auf.

Margret Johannsen vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik sagte, die Finanzkrise sei "eine Gefahr für den Frieden in Europa". Bruno Schoch von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung kritisierte, die Banken blieben ungeschoren. Stattdessen werde ganz Europa einem drakonischen Spardiktat unterworfen. Die Forscher bekräftigten ihre Forderung aus dem vergangenen Jahr: die Verpflichtung zur soliden Haushaltsführung mit europäischer Solidarität zu verknüpfen.

Die globalen Machtverschiebungen verlangten neues Denken, erklärte Schoch. Sicherheit sei nicht mehr gegen-, sondern nur noch miteinander zu erreichen. Geboten sei deshalb ein neuer Schub für Rüstungskontrolle und Abrüstung. Da Kleinwaffen weltweit am meisten Todesopfer forderten, schlagen die Experten vor, den Export des Sturmgewehrs G36 und der Maschinenpistole MP5 zu unterbinden.

Anlass zur Sorge gibt die Ausweitung des Drohnen-Krieges. Diese Hightech-Waffen "minimieren eigene Todesopfer und senken so die Hemmschwelle zum Griff nach militärischer Gewalt", sagte Schoch. Corinna Hauswedell vom Bonn International Center for Conversion nannte es "unverantwortlich, dass sich die Bundesregierung dazu nicht klar positioniert hat". Die Forscher forderten die Regierung auf, auf die Ächtung bewaffneter Drohnen zu dringen.

Zum Syrien-Konflikt sagte Schoch, sollte die Vermittlungsinitiative des Sondergesandten Kofi Annan scheitern, müsse darüber nachgedacht werden, ob dort wie im Libanon 1990 die Macht geteilt werden könne. "Wäre ein 'schmutziger Frieden' nicht auch in Syrien einem endlosen Bürgerkrieg vorzuziehen?" fragte der Friedensforscher.

Auch im Konflikt mit dem Iran gebe es keine Alternative zur Diplomatie. Janet Kursawe von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft sagte, Iran müsse ein Ende der Sanktionen in Aussicht gestellt werden. Dafür müsse Teheran der Internationalen Atomenergie-Organisation umfassende Kontroll- und Inspektionsrechte einräumen.