Wissenschaftler sagen Scheitern der Bundeswehr in Afghanistan voraus. Pakistan müsse außerdem besser in die deutsche Strategie eingebunden werden.

Berlin. Die Bundesregierung wird nach Ansicht von Friedensforschern mit ihrer Strategie in Afghanistan scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt das neue Friedensgutachten 2009, an dem auch Hamburger Wissenschaftler beteiligt waren. Die Experten beklagen eine „Überschätzung des militärischen Instruments“, mit dem eine „politische Konzeptionslosigkeit“ überspielt werden soll. Ändere sich diese Taktik nicht, sei die Situation in Afghanistan aussichtslos. Jochen Hippler vom Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg (INEF) erklärte, mit „politischer Flickschusterei“ und dem Einsatz der Bundeswehr könne die Bundesregierung den Krieg nicht beenden. Vielmehr müsse daran gearbeitet werden, dass die Bürger die staatlichen Institutionen als sinnvoll, fair und frei von Korruption akzeptierten.

Auch in Pakistan könne mit Hilfe von Militär lediglich Zeit gewonnen, die Gewalt aber nicht dauerhaft beendet werden. Entscheidend sei in erster Linie der Aufbau eines wirksamen und akzeptierten Gerichtswesens. Die Experten warfen der Bundesregierung vor, die Atommacht Pakistan bislang „nur als Anhängsel des Afghanistankrieges“ betrachtet zu haben. Die Stabilisierung Pakistans müsse Vorrang vor anderen Zielen in der Region haben und der Extremismus müsse politisch besiegt werden.

Im Hinblick auf den Nahost-Konflikt sprachen sich die Experten für ein stärkeres Engagement der Europäer aus. Angesichts eines Verdachts von Kriegsverbrechen während des Gaza-Krieges müssten deutsche und europäische Waffenlieferungen an Israel gestoppt werden. Der EU-Verhaltenskodex untersage die Ausfuhr von Waffen, wenn hierdurch das humanitäre Völkerrecht verletzt werden könnte. Auch den Anti-Piraterie-Einsatz vor der somalischen Küste kritisierten die Experten massiv. Anstatt sich auf militärische Mittel zu verlassen, müssten die Ursachen der Piraterie bekämpft werden: illegale Überfischung der Küstengewässer durch internationale Flotten und die verbotene Verklappung von Giftmüll. Wegen einer fehlenden Zentralgewalt müsse auch über die Zusammenarbeit mit „anderen ordnungsschaffenden Akteuren“ nachgedacht werden.

Die US-Außenpolitik von Präsident Barack Obama eröffnet den Forschern zufolge neue Chancen für Fortschritte bei der atomaren und konventionellen Abrüstung. Die Bundesregierung soll demnach den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland beschließen und sich dafür einsetzen, dass die Nato auf den Ersteinsatz von Atomwaffen verzichtet.

Gemeinsame Herausgeber des Friedensgutachtens sind seit mehr als 20 Jahren das Bonn International Center for Conversion (BICC), die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) und das Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen (INEF).