Deutschland solle vermitteln. Die EU sei in der Krise und reagiere falsch auf den Aufbruch in der arabischen Welt und die Flüchtlingsdramen.

Berlin. Die fünf führenden Friedensforschungsinstitute Deutschlands haben vor einer „unkalkulierbaren Eskalation“ des Libyen-Krieges gewarnt und eine Vermittlerrolle Deutschlands befürwortet. In ihrem Jahresgutachten fordern die Forscher die Konfliktparteien dazu auf, ohne Vorbedingungen Verhandlungen über ein Ende der Gewalt aufzunehmen. Das Agieren der Bundesregierung im Uno-Sicherheitsrat kritisieren sie allerdings in ihrem Papier. Die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung über die Durchsetzung der Flugverbotszone über Libyen enthalten und sich damit von den Bündnispartnern USA, Großbritannien und Frankreich abgegrenzt. Es bestehe Einigkeit darüber, „dass Deutschland im Uno-Sicherheitsrat nicht glücklich agiert hat“, sagte Margret Johannsen vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. In der Sache werde die deutsche Haltung von den einzelnen Instituten allerdings unterschiedlich eingeschätzt.

Insgesamt kritisieren die Forscher die europäischen Reaktionen auf den Aufbruch in der arabischen Welt als völlig unzureichend. „Die Militärintervention in Libyen und das Flüchtlingsdrama auf Lampedusa zeigen die Zerrissenheit der EU, die sich in der schwersten Krise seit ihrer Gründung befindet.“ Europa sei mitschuldig an der jahrzehntelangen Stagnation in der arabischen Welt, gegen die sich die Menschen nun erheben würden.

„Die EU-Staaten haben sich mit politischen Tauschgeschäften, bei denen Autokraten Erdöl und Erdgas lieferten, Flüchtlinge abfingen und dafür günstige Kredite sowie Waffen erhielten, zu Komplizen repressiver Regime gemacht.“ An dem Gutachten wirkten neben dem Hamburger Institut, die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, das Bonner International Center for Conversion, das Duisburger Institut für Entwicklung und Frieden sowie die Heidelberger Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft mit.

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In dem Gutachten wird insbesondere die Arbeit der EU-Grenzschutzagentur Frontex angegriffen, deren Praktiken sich häufig in einer „Grauzone“ bewegten, „die weder vom Völkerrecht noch von der Menschenrechts-Charta abgedeckt ist“. Die Flüchtlingspolitik der EU setze allein auf Abwehr und blende menschenrechtliche Bedenken völlig aus.

Mit Blick auf die Türkei, forderten die Herausgeber, wieder einen EU-Beitritt zu unterstützen. „Für manche arabischen Friedensbewegungen ist die Verbindung von Islam und Demokratie in der Türkei ein Vorbild.“ Deswegen müsse die EU mit einer neuen Mittelmeerpolitik beginnen, denn die Türkei könne als Brücke zwischen Europa und dem Nahen sowie Mittleren Osten fungieren. (dpa/dapd/epd)