Im nächsten Sommer soll die Verantwortung an einheimische Sicherkräfte übertragen werden. Merkel lobte Treffen als “sehr erfolgreich“.

Chicago. Die Nato macht sich Mut, dass der Kampfeinsatz in Afghanistan noch zu einem guten Ende kommt. Die Allianz hat die Hoffnung, dass die Afghanen schon Mitte 2013 selbst für Sicherheit und Ordnung sorgen. Ob es klappt oder nicht: Es bleibt eine kostspielige Operation.

Im nächsten Sommer schließt die Nato ihren Kampfeinsatz in Afghanistan ab und überträgt die komplette Sicherheitsverantwortung an die einheimischen Sicherheitskräfte. Das Ziel hat am Montag der Nato-Gipfel am Montag in Chicago gesetzt. US-Präsident und Gipfelgastgeber Barack Obama sprach vom „nächsten Meilenstein“ auf dem Weg zu einem stabilen und sicheren Afghanistan. Kanzlerin Angela Merkel lobte das Treffen als „sehr erfolgreich“.

Von den jährlich benötigten 4,1 Milliarden Dollar (3,2 Milliarden Euro) soll die Regierung in Kabul mindestens 500 Millionen Dollar selbst aufbringen. Von 2024 muss an muss sie Polizei und Armee selbst unterhalten. Nach Angaben des britischen Premiers David Cameron ist schon eine Milliarde Dollar zugesagt worden. Deutschland will 150 Millionen Euro beitragen.Die USA stellen rund 90 000 Soldaten für die Schutztruppe Isaf, die derzeit etwa 130.000 Soldaten im Einsatz hat.

Damit es nicht zu teuer wird, müssen Polizei und Armee der Afghanen von jetzt insgesamt knapp 300.000 nach 2014 auf dann 228.500 Mann verkleinert werden. Für Ärger in der Afghanistan-Debatte sorgte das Ausscheren Frankreichs aus der Bündnissolidarität: Präsident François Hollande will die Kampftruppen schon Ende 2012 nach Hause holen. Bundeskanzlerin Angela Merkel glaubt nicht, das andere Frankreichs Beispiel in einer Art Abzugswettlauf nun folgten: „Ich sehe dieses Risiko nicht. Ich sehe eine sehr geordnete Phase vor uns, in der jeder seine Verpflichtungen einhält.“ Ungeachtet des Vorstoßes Hollande sieht die Kanzlerin kein grundsätzliches Problem in den Beziehungen zwischen Berlin und Paris: „Es gibt die Kontinuität der guten Zusammenarbeit. Das schließt unterschiedliche Positionen nicht aus“, sagte sie zum Abschluss des Gipfels.

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Hollande spielte die Erregung demonstrativ herunter. „Wir haben eine gemeinsame Abmachung gefunden“, sagte er. 2013 sollten französische Ausbilder für afghanischen Polizei und Armee verbleiben. Auch US-Präsident Barack Obama ließ sich von der französischen Entscheidung nicht beirren: „Wir setzen uns zum Ziel, dass die afghanischen Sicherheitskräfte Mitte 2013 die Führungsrolle für die Wahrung der Sicherheit im ganzen Land übernehmen.“ Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von einem gemeinsamen Ziel: „Einem Afghanistan, das von Afghanen für Afghanen regiert und gesichert wird.“ Die Proteste gegen den größten Gipfel in der 63-jährigen Geschichte des Bündnisses gingen am Montag weiter. Demonstranten zogen zur Zentrale des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Boeing. Nach den Ausschreitungen am Vortag blieb es zunächst ruhig.

Die 28 Alliierten stellten in Chicago Weichen für milliardenschwere Rüstungsprojekte und enge Zusammenarbeit bei Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern. Die Nato kam bei der Raketen-Abwehr einen wichtigen Schritt voran: Das System – ein Schutzschild gegen Angriffe sogenannter Schurkenstaaten wie dem Iran und Nordkorea – ist in Teilen einsatzbereit. Das stellte die Gipfelrunde zum Auftakt fest. Russland hatte vor dem Beschluss erneut seine Ablehnung deutlich gemacht. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, das System könne das strategische Gleichgewicht stören, weil es letztlich in Lage wäre, auch russische Raketen abzufangen.

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Die Raketenabwehr beruht auf der Verbindung von Radarstationen und Abfangraketen zu Lande und zu Wasser. Bis 2020 soll es komplett installiert sein. Wegweisend für eine neue Ausrichtung der Nato waren vor allem Beschlüsse zu Rüstungsprojekten. „Sie werden militärische Fähigkeiten, die wir brauchen, zu einem Preis schaffen, den wir uns leisten können“, sagte Rasmussen. Es ist eine enge Kooperation bei mehr als 20 Projekten geplant. Angesichts knapper Mittel will die Nato dennoch militärisch und technologisch immer auf letzten Stand zu sein. Viele Entwicklungen können einzelne Staaten finanziell nicht mehr allein stemmen.

Zu solchen Projekten der sogenannten „Smart Defence“ (kluge Verteidigung) gehören beispielsweise ein System zur Bodenaufklärung durch unbemannte Flugkörper oder zur Betankung von Flugzeugen. Für die deutschen Steuerzahler könnte das Projekt AGS - Bodenüberwachung aus der Luft – durch fünf unbemannte Flugzeuge kostspielig werden. Die Anschaffung durch 13 Staaten, darunter Deutschland, kostet eine Milliarde Euro. Der Betrieb des Systems kostet nach Diplomatenangaben weitere zwei Milliarden Euro – die allerdings auf alle 28 Mitglieder verteilt werden.

mit Material von dpa und dapd