Tausende marschierten durch Chicago zum Hochsicherheitstrakt des Nato-Gipfels. Ihr Motto: “Sagt Nein zur Nato-Agenda von Krieg und Armut!“

Chicago. Großdemonstration gegen den bisher größten Nato-Gipfel: Mehrere Tausend Aktivisten haben am Sonntag mitten im Zentrum der Millionenstadt Chicago gegen Krieg und Nato-Politik demonstriert. Das gemeinsame Motto der verschiedensten Protestgruppen mit Hunderten Plakaten und US-Flaggen lautete: "Sagt Nein zur Nato-Agenda von Krieg und Armut!“

Während der mehrstündige Protestzug zunächst friedlich verlief, kam es nach dem offiziellen Ende der Aktion zu Zusammenstößen mit der Polizei. Es habe mindestens 45 Festnahmen und mehrere Verletzte gegeben, sagte Polizeichef Garry McCarthy vor Reportern. Vier Polizeibeamte seien in Krankenhäuser gebracht worden; einem von ihnen sei ins Bein gestochen worden.

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Mehrere Demonstranten seien am Boden mit Kabelbindern gefesselt worden. Die Polizei habe Mitglieder des "Black Blocks“ eingekesselt. Polizisten schlugen auf Demonstranten ein, dann beruhigte sich die Lage wieder.

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Die Veranstalter zählten mehr als 15.000 Demonstranten. "Dieses ist die größte Anti-NATO-Demonstration in der Geschichte der USA“, erklärte Joe Lombardo, einer der Organisatoren der Protestaktionen.

Die Demonstranten zogen in einem Protestzug zum streng abgeschirmten Konferenzort. Dort warfen mehrere in Uniformen gekleidete US-Veteranen ihre militärischen Auszeichnungen demonstrativ auf die Straße, was im patriotischen Amerika als schwere Beleidigung der Streitkräfte gilt.

Gitter, Betonsperren und schwer bewaffnete Polizei sicherten das Konferenzzentrum. Helikopter überwachten den Luftraum. Boote der Küstenwache mit Maschinengewehren kontrollierten die Ufer des Lake Michigan.

Rund 3000 Beamte waren im Einsatz, auch berittene Polizei. In den Hochhausschluchten warten Hundertschaften von Spezialkräften in Kampfausrüstung.

Auf Protestschildern warfen Demonstranten der Nato vor: "Töte eine Person – und es ist Mord. Töte Hunderttausende – und es ist Außenpolitik!“

"Redefreiheit macht unser Land besser“, war Unternehmer und Familienvater Paul Golden am Straßenrand überzeugt. So wie Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen wenige Kilometer entfernt bei der Nato: "Freie Meinungsäußerung ist ein fundamentaler Wert.“ Auch Demos. Er erwarte aber, dass sie friedlich verliefen.

Immer wieder kam es schon vor dem Gipfel zu kleineren Zusammenstößen. Die Demonstranten spielten in mehreren Protestzügen mit der Polizei Katz und Maus, versuchten Einsatzwagen lahmzulegen. Die Polizei berichtete von einigen Verletzten und Festnahmen in der Nacht zum Sonntag.

Die Sicherheitskräfte vereitelten nach eigenen Angaben mehrere geplante Brandanschläge unter anderem auf ein Wahlkampfbüro von US-Präsident Barack Obama. Zunächsten standen fünf junge Männer unter Terrorverdacht, später hieß es jedoch, zwei Beschuldigte gehörten nicht zu dem Fall. Das berichtete die "Chicago Tribune“ unter Berufung auf Behörden der Stadt. Bei den Festgenommenen seien Brandsätze und Waffen gefunden worden.

Das Nato-Treffen dauert bis Montag. Einige Regierungschefs wie Bundeskanzlerin Angela Merkel kamen direkt vom Gipfel der acht führenden Industrienationen (G8) in Camp David bei Washington. US-Präsident Barack Obama hatte den zunächst ebenfalls für Chicago geplanten G8-Gipfel auch wegen der Proteste an seinen Landsitz Camp David verlegt. (dpa)