Letzter Akt im griechischen Drama oder doch noch Hoffnung? Staatspräsident Papoulias vermittelt in Athen. Kann er eine Koalition schmieden?

Athen/Berlin. Das Drama um die Regierungsbildung in Griechenland geht weiter. Dabei standen die Zeichen am Sonntag weiter auf Sturm. Ein erstes Krisentreffen unter Leitung von Staatspräsident Karolos Papoulias ging nach nur eineinhalb Stunden ohne konkretes Ergebnis zu Ende. Am Abend wollte sich Papoulias mit den Vorsitzenden kleinerer Parteien treffen. Neuwahlen müssten spätestens am 17. Juni stattfinden.

+++ Juncker will Griechenland mehr Zeit zum Sparen geben +++
+++ Zentralbank spekuliert über Euro-Aus für Athen +++

Eine Schlüsselrolle hat der Chef der linksradikalen Syriza, Alexis Tsipras, der die Bildung einer breiten Koalition in Griechenland erneut energisch ablehnte. Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke hätten zusammen 168 Abgeordnete im 300 Sitze umfassenden Parlament und könnten auch ohne seine Partei problemlos regieren, sagte Tsipras nach dem Treffen mit Papoulias. Ihre Forderung an sein Bündnis, unbedingt an dieser Regierung teilzunehmen, sei absurd und „unlogisch“. Das Sparprogramm, zu dem EU und andere internationale Geldgeber Griechenland gezwungen hätten, sei „barbarisch“.

Syriza war aus der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag als zweitstärkste Kraft hinter den Konservativen und vor den Sozialisten hervorgegangen. Schon in der vergangenen Woche waren alle Sondierungsbemühungen am erbitterten Widerstand von Tsipras gescheitert. Auch im Umfeld der konservativen Nea Dimokratia war nach dem Treffen im Amtssitz des Staatspräsidenten von einer Sackgasse die Rede. Er habe noch „eine kleine Hoffnung“, sagte Sozialistenchef Evangelos Venizelos.

72 Prozent der Griechen fordern in einer repräsentativen Umfrage, dass die Parteien alles unternehmen sollten, damit eine tragfähige Regierung gebildet werden kann. Noch mehr, nämlich 78 Prozent, sprechen sich für einen Verbleib im Euroland aus. Die Umfrage wurde am Sonntag in der Athener Zeitung „To Vima“ veröffentlicht.

Auch in Spanien, Großbritannien und Deutschland protestierten am Wochenende zahlreiche Menschen gegen die Spar- und Finanzpolitik und die Macht der Banken. Allein in Madrid, Barcelona und anderen spanischen Städten erinnerten Zehntausende am Samstag an die Entstehung der Prostestbewegung der „Empörten“ vor einem Jahr. Die Polizei vertrieb am Sonntag mehrere Hundert Demonstranten vom zentralen Platz Puerta del Sol in Madrid. Nach Polizeiangaben gab es 18 Festnahmen.

Nach Ausschreitungen bei einem Protestmarsch der kapitalismuskritischen „Occupy“-Bewegung in London nahm die Polizei elf Menschen fest. In Berlin protestierten mehr als 1000 Menschen mit einem Sternmarsch zum Alexanderplatz gegen soziale Ungleichheit. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker will Griechenland mehr Zeit zum Sparen geben. Er sagte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die europäischen Partner müssten ihren Zeitplan auf den Prüfstand stellen und die Verträge mit Griechenland im Zweifel nachbessern. Sollte sich die Regierungsbildung weiter verzögern oder sollte es Neuwahlen geben, brauche Griechenland mehr Zeit.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schließt weitere Hilfen für Griechenland ausdrücklich nicht aus. „Wenn die Griechen eine Idee haben, was wir zusätzlich tun können, um das Wachstum zu fördern, kann man immer darüber sprechen und nachdenken“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) macht weitere Finanzhilfen für Griechenland vom Einhalten des Spar- und Reformkurses abhängig. „Wenn eine neue Regierung die Vereinbarungen einseitig aufkündigt, dann wird es auch keine weiteren europäischen Hilfsgelder geben können“, sagte er der „Welt“ (Samstag). „Wir möchten, dass Griechenland es schafft. Deshalb helfen wir. Aber die Griechen müssen im Gegenzug ihre Reformzusagen einhalten.“

Vor dem Hintergrund der neu aufgeflammten Schuldenkrise beraten die Euro-Finanzminister an diesem Montag über Griechenland und Spanien. Die Euro-Partner pochen darauf, dass nach den Wahlen in Griechenland eine Koalitionsregierung formiert wird, die zu dem vereinbarten Spar- und Reformprogramm steht.

Eine große Mehrheit der Bundesbürger (78 Prozent) ist laut einer Umfrage für einen Stopp der Hilfszahlungen an Griechenland – bis zu verlässlichen Zusagen der nächsten Regierung in Athen. Lediglich 18 Prozent der Bürger wollen den Griechen demnach auch dann finanzielle Hilfe zukommen lassen, wenn konkrete Sparzusagen ausbleiben, ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“.

(dpa)