Mit dem Wahlsieger François Hollande wird erstmals seit dem Ende der Mitterrand-Ära vor 17 Jahren wieder ein Sozialist Präsident in Frankreich.

Paris. In Frankreich herrscht Aufbruchstimmung: Nach dem Sieg von François Hollande bei der Präsidentenwahl bereiten sich die Sozialisten nun auf die Machtübernahme vor. In den Medien zirkulierten am Montag bereits etliche Namen von Spitzenpolitikern, denen gute Chancen auf Top-Posten in der künftigen Regierung zugesprochen werden. Es gilt als sicher, dass der 57 Jahre alte Hollande direkt nach seiner Amtseinführung einen neuen Premierminister und anschließend sein künftiges Kabinettsteam präsentieren wird. Die Machtübergabe vom konservativen Wahlverlierer Nicolas Sarkozy auf den Sozialisten muss spätestens am Dienstag in einer Woche erfolgen. Bislang gilt als wahrscheinlicher Termin der kommende Montag.

Hollandes Sonderberater Jean-Marc Ayrault wird als großer Favorit für das Amt des Premierministers gehandelt. Der ehemalige Deutschlehrer und langjährige Fraktionschef der Sozialisten in der Nationalversammlung gilt als moderate Alternative zu Parteichefin Martine Aubry. Zudem werden ihm gute Drähte nach Berlin nachgesagt.

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Weitere mögliche Kandidaten für Spitzenposten sind Ex-Premierminister Laurent Fabius (Außenminister) und Hollandes Kommunikationschef Manuel Valls (Innenminister). Die ganz junge Generation könnte unter anderen von der 34 Jahre alten Najat Vallaud-Belkacem präsentiert werden. Sie war eine Pressesprecherin des erfolgreichen Sarkozy-Herausforderers.

Mit François Hollande wird erstmals seit dem Ende der Mitterrand-Ära vor 17 Jahren wieder ein Sozialist Präsident in Frankreich. Der langjährige Parteivorsitzende hatte am Sonntag die Stichwahl gegen Sarkozy gewonnen. Nach jüngsten Zahlen des Innenministeriums kam er auf 51,62 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Nicolas Sarkozy erreichte 48,38 Prozent, wie das Innenministerium am Montagvormittag in Paris mitteilte. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Zahlen bei rund 81 Prozent.

Hollande ließ sich in der Nacht bei einer riesigen Freiluft-Party auf dem geschichtsträchtigen Pariser Bastille-Platz feiern. Zehntausende Anhänger hatten sich dort versammelt, wo 1789 die Französische Revolution ihren Anfang genommen hatte.

In einer kurzen Rede dankte Hollande seinen Wählern für das Vertrauen. "Ich weiß nicht, ob Ihr mich versteht. Aber ich habe Euch verstanden“, rief er der jubelnden Menge von einer Bühne mit heiserer Stimme zu. Er habe den Wunsch nach Veränderung vernommen und werde der Präsident der Jugend und Gerechtigkeit sein.

Hollande forderte seine Anhänger zudem auf, sich auch für einen Sieg der Linken bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Juni zu engagieren. Als Präsident brauche er in der ersten Kammer des Parlaments eine Mehrheit. Der 57-Jährige erinnerte zudem an den 10. Mai 1981. Damals vor 31 Jahren hatte die Linke am Bastille-Platz den Wahlsieg von François Mitterrand gefeiert. Er war bis 1995 der erste und bislang einzige direkt gewählte sozialistische Präsident Frankreichs gewesen.

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An der Pariser Börse fiel der der Leitindex CAC 40 am Montag innerhalb der ersten 30 Minuten um rund 1,5 Prozent. Nach Angaben von Analysten war der Kursrutsch allerdings eher auf die ungewisse Lage in Griechenland zurückzuführen, wo am Sonntag ebenfalls gewählt worden war. Die Renditen für französische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stiegen nur leicht auf 2,84 Prozent. Steigende Zinsen gelten als ein Zeichen für das Misstrauen der Anleger.

Mit Spannung wird erwartet, welche Auswirkungen der Machtwechsel in Paris auf die Europa- und Wirtschaftspolitik des Landes haben wird. Hollande will sich für einen deutlich weniger harten Sparkurs in der Eurokrise einsetzen. "Der 6. Mai wird ein neuer Start für Europa sein, eine neue Hoffnung für die Welt“, sagte er in seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg. Auf dem Bastille-Platz rief er wenig später erneut zum Wandel in Europa auf.

Ein Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Hollande soll es direkt im Anschluss an die Amtseinführung geben. Der Sozialist erhielt noch am Wahlabend eine Einladung der Bundesregierung nach Berlin. Die Kanzlerin hatte im Wahlkampf den amtierenden Präsidenten Sarkozy unterstützt. Dessen Partei UMP und die deutsche CDU gehören zur selben konservativen Parteienfamilie.

Nahles: Hollande wird nicht nur nach Deutschland schauen

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles glaubt nicht, dass der neue französische Präsident François Hollande in der Europapolitik alles wieder auf Null setzen wird. "Aber er wird sicher selbstbewusst versuchen, den Fiskalpakt zu ergänzen um einen Wachstum- und Stabilitätspakt, um ein Programm gegen die wirklich virulente Jugendarbeitslosigkeit in Europa“, sagte Nahles am Montag im "ARD-Morgenmagazin“. Dabei habe Hollande die volle Unterstützung der deutschen Sozialdemokraten. Der frischgewählte Präsident werde aber nicht nur nach Deutschland schielen, glaubt Nahles. "Er weiß, dass er auch viele Hausaufgaben in Frankreich zu machen hat. Die Konjunktur in Frankreich ist nicht zum Besten, und deswegen wird er auch innenpolitische Reformen anstreben“, sagte die Generalsekretärin.

Britischer Premier will sehr eng mit Hollande zusammenarbeiten

Der britische Premierminister David Cameron hat eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem künftigen französischen Präsidenten François Hollande angekündigt. In einem Telefonat vereinbarten die beiden am späten Sonntagabend, auf der bereits „sehr engen Beziehung“ zwischen Großbritannien und Frankreich aufzubauen, wie ein Regierungssprecher in London erklärte. Der Konservative Cameron hatte den Sozialisten Hollande während eines Besuchs in Paris im Februar nicht getroffen.

Der britische Oppositionsführer Ed Miliband bezeichnete den Sieg Hollandes als Zeichen für Großbritannien. Bei Gesprächen mit Hollande habe er einen Eindruck von dessen Entschlossenheit bekommen, ein Europa mit Wachstum und Arbeitsplätzen zu schaffen, sagte Miliband. "Diese neue Führung wird dringend gebraucht, damit Europa die Sparpolitik ablegt.“ (dpa/abendblatt.de)