Vor den Präsidentschaftswahlen explodiert in Kairo erneut die Gewalt. Mehrere Demonstranten sterben. Militärrat in der Kritik.

Kairo. Bei Zusammenstößen zwischen Schlägertrupps und Demonstranten in der ägyptischen Hauptstadt Kairo sind mindestens elf Menschen getötet worden. Drei Wochen vor der Präsidentenwahl kam es zu blutigen Ausschreitungen in direkter Nähe des Verteidigungsministeriums. Augenzeugenberichten zufolge griffen Soldaten und Polizisten mehrere Stunden nicht ein. Mit Stöcken, Brandbomben und anderen Waffen ausgestattet, attackierten die Angreifer die teilweise ebenfalls mit Stöcken und Messern bewaffneten Demonstranten. Etwa 170 Menschen sollen verletzt worden sein.

Ein für diesen Mittwoch geplantes Treffen zwischen einer Bundestagsdelegation und Vertretern des in Ägypten herrschenden Militärrates ist wegen der Straßenkämpfe in Kairo kurzfristig abgesagt worden. Delegationsmitglied Klaus Brandner (SPD) sagte in einem Telefoninterview: „Wir haben den Termin beim Militärrat aufgrund der Sicherheitslage nicht wahrgenommen.“

Nach Angaben der Polizei stecken „wütende Anwohner, die gegen die ewigen Demonstrationen sind“ hinter der Attacke. Die Muslimbruderschaft erklärte, der Oberste Militärrat trage die Schuld an der Gewalt, da er die Verantwortung für den Staat übernommen habe.

Die Ägypter sollen am 23. und 24. Mai zur Wahl gehen, um einen Präsidenten zu wählen. Für den 16. und 17. Juni ist eine Stichwahl vorgesehen. Ende Juni will sich der herrschende Militärrat aus der Politik zurückziehen. Die Generäle sind aber offenbar bereit, schon einen Monat vorzeitig die Macht abzugeben, falls ein Kandidat bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten sollte. Das berichteten Vertreter von Parteien, die am Mittwoch zu einer Diskussion mit dem Militärrat erschienen waren.

Die Demonstranten, die vor dem Ministerium protestierten, gehören verschiedenen Bewegungen an. Bereits seit der vergangenen Woche protestieren radikal-islamische Salafisten dort gegen den Ausschluss ihres Kandidaten Hasim Abu Ismail von der Präsidentenwahl. Abu Ismails Kandidatur war von der Wahlkommission abgelehnt worden, weil seine Mutter die US-Staatsbürgerschaft besessen hatte.

Erst nachdem die Straßenkämpfe mehrere Stunden andauerten, schickte die Armee am Mittag Soldaten in das Viertel. Die Ordnungspolizei errichtete Barrikaden, um die Kontrahenten zu trennen. Danach flogen nach Angaben von Augenzeugen nur noch gelegentlich Steine.

+++ Vor Präsidentenwahl brennen in Kairo die Barrikaden +++

Die Mitglieder der deutsch-ägyptischen Freundschaftsgruppe im Bundestag trafen in Kairo Abgeordnete von verschiedenen Parteien, darunter auch Vertreter der Islamisten. Diese stellen seit der ersten Wahl nach dem Rücktritt von Präsident Husni Mubarak im Februar 2011 die Mehrheit im Parlament. „Eine Wahl alleine bringt noch keine Demokratie, sondern das sind langwierige Prozesse“, betonte Brandner. Er forderte, die Deutschen sollten ihre Enttäuschung über das Ergebnis der Parlamentswahl überwinden und praktische Hilfe leisten, damit die Arbeit in dem neuen Parlament professioneller und effektiver wird. (dpa/abendblatt.de)