Wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Ägypten ist es am Mittwoch in der Hauptstadt Kairo erneut zu schweren Ausschreitungen gekommen. Mindestens elf Menschen kamen bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und unbekannten Angreifern vor dem Verteidigungsministerium ums Leben.

Kairo. Bei Angriffen Unbekannter auf eine Islamisten-Kundgebung in Kairo kamen am Mittwoch elf Menschen ums Leben. Mehr als 160 weitere wurden verletzt, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zufolge attackierten mit Gewehren und Schlagstöcken bewaffnete Männer in den frühen Morgenstunden die Demonstranten, die in der Nähe des Verteidigungsministeriums gegen Ägyptens Militärherrschaft protestierten. Die Kontrahenten gingen auch mit Steinen aufeinander los. Das Militär schickte Soldaten in die Gegend, um die Kämpfe zu beenden. Diese ließen am Nachmittag nach. Die neue Gewalt wirft ein Schlaglicht auf die Spannungen vor der ersten Runde der Präsidentenwahl am 23. und 24. Mai.

Die Streitkräfte ließen bei einem Krisentreffen die Bereitschaft zu einer früheren Machtübergabe erkennen. Voraussetzung sei, dass sich bereits aus dem ersten Durchgang der Präsidentenwahl ein klarer Sieger aus den Kreis der 13 Bewerber herausschäle, berichteten Teilnehmer. Nach den bisherigen Planungen wollen die Militärs die Macht am 1. Juli an einen gewählten Präsidenten übergeben.

Viele der rund 600 Demonstranten waren Anhänger eines ultrakonservativen Salafisten-Scheichs, der von der Präsidentenwahl ausgeschlossen worden war. Zwei andere Kandidaten aus dem Islamisten-Lager setzten am Mittwoch ihren Wahlkampf aus.

In den vergangenen Tagen war es wiederholt zu Rangeleien in der Nähe des Verteidigungsministeriums gekommen, die Proteste blieben aber bisher weitgehend friedlich. Am Mittwoch war zunächst von fünf Toten die Rede gewesen, die bei den Angriffen bewaffneter Anwohner ums Leben gekommen seien. Um wen es sich bei den Angreifern tatsächlich gehandelt hat, blieb unklar. Demonstranten haben Sicherheitskräften wiederholt vorgeworfen, Schlägertrupps dazu zu ermutigen oder sogar dafür zu bezahlen, dass sie friedliche Demonstrationen stören.

Nach Ausschluss des Salafisten-Kandidaten wurde dem regierenden Militärrat vorgeworfen, das Wahlergebnis im Vorfeld beeinflussen zu wollen. Ohnehin wächst die Kritik daran, wie das Militär den Übergang zu einer Zivilregierung gestaltet. Der Volksaufstand gipfelte im Februar 2011, als der damalige Präsidenten Husni Mubarak gestürzt wurde. Viele Ägypter fürchten, dass das Militär seinen Einfluss auch nach Amtsantritt eines neuen Präsidenten sichern will. (rtr)