Berlin. Nach der Tötung von drei Spitzenmilitärs in Damaskus hat der Iran Vergeltung angekündigt. Die Angst vor einem Flächenbrand wächst.

Die Tötung von drei iranischen Spitzenmilitärs mitten im Gaza-Krieg ist eine schlechte Nachricht. Sie befeuert die Ängste vor einem regionalen Flächenbrand, der das Schlachtfeld über den Gazastreifen hinaus ausweiten könnte. Das ist sehr gefährlich.

Israel schweigt zwar zur Tötung von Top-Kommandeuren der iranischen Revolutionsgarden in Damaskus. Doch die Bombardierung eines Gebäudes der iranischen Botschaft trägt die Handschrift israelischer Angriffe in der Vergangenheit. Seit Jahren zielt Israels Luftwaffe auf Stellungen der iranischen Revolutionsgarden sowie auf schiitische Milizen in Syrien, die von Teheran gesponsert sind. Die Regierung in Jerusalem rechtfertigt dies mit der Verhinderung potenzieller Attacken auf das eigene Land.

Lesen Sie auch:Netanjahu – Israel für Angriff auf Helfer verantwortlich

Der Luftschlag in Damaskus kommt zu einer Zeit, in der der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu extrem unter Druck steht. Zum einen sitzen ihm die eigenen Bürger im Nacken. Zehntausende demonstrieren seit Tagen gegen ihren Regierungschef. Sie fordern einen Deal mit der Hamas zur Befreiung der verschleppten Geiseln sowie Neuwahlen.

Israel: Tötung der Generäle birgt Eskalationsrisiko

Der Tod von sieben Mitgliedern der Hilfsorganisation „World Central Kitchen“ durch einen israelischen Luftangriff im Gazastreifen hat eine Welle der internationalen Kritik ausgelöst. Dass Netanjahu die Tötung der Helfer so gefühllos als „Kriegsunfall“ bezeichnet, wird die weltweite Isolation des Landes weiter verstärken. Zudem zeugt die Schließung des arabischen TV-Senders Al-Dschasira in Israel von einem Maximum politischer Dünnhäutigkeit und hat mit Pressefreiheit nichts zu tun.

Michael Backfisch ist freier Autor für die FUNKE Zentralredaktion.
Michael Backfisch ist freier Autor für die FUNKE Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Vor diesem Hintergrund birgt die Tötung der drei iranischen Spitzenmilitärs ein hohes Eskalationsrisiko. Irans Staatsoberhaupt Ali Chamenei hat bereits Vergeltung angekündigt. Ein direkter Eintritt seines Landes in den Gaza-Krieg ist dennoch unwahrscheinlich. Das Mullah-Regime weiß, dass es der Atommacht Israel militärisch unterlegen ist. Zudem befindet sich die iranische Wirtschaft im Dauer-Krisenmodus, was den Unmut der Bevölkerung am Kochen hält.

Teheran wird jedoch seinen asymmetrischen Krieg gegen Israel verstärken, indem es verschiedene Terrorgruppen in der Region mobilisiert. Die „schiitische Achse des Widerstandes“ – der Iran und die mit ihm verbündeten Milizen – wird ihre Angriffe hochfahren. Das betrifft in erster Linie die Hisbollah im Libanon, die über bis zu 150.000 Raketen verfügt und Israel zunehmend von der zweiten Front im Norden aus unter Beschuss nehmen wird.

Iran will Israel in einem Mehrfronten-Krieg zermürben

Die Huthi-Rebellen im Jemen, die von Teheran mit modernsten Waffen ausgerüstet sind, werden die Attacken auf Containerschiffe im Roten Meer ausweiten und den Welthandel lähmen. Die schiitischen Milizen im Irak und in Syrien dürften die amerikanischen Militärbasen im Nahen Osten noch mehr als bisher ins Visier nehmen.

podcast-image

Der Iran verfolgt mit diesem asymmetrischen Krieg zwei strategische Ziele. Erstens: Israel soll durch einen Mehrfronten-Krieg zermürbt und am Ende als „zionistisches Gebilde“ von der Landkarte getilgt werden. Der Kampf der Hamas gegen Israel ist ein Baustein in diesem Schlachtplan. Zweitens: Die USA sollen ihre Stützpunkte in der Region räumen und als Schutzmacht Israels verschwinden.

Diese Agenda birgt das Risiko einer mehrstufigen Eskalation. Werden US-Militärbasen im großen Stil angegriffen, besteht die Gefahr schwerer amerikanischer Vergeltungsattacken – möglicherweise auch auf Ziele im Iran. Das führt zu der Frage: An welchem Punkt wird Russland, das aus Teheran Drohnen und Raketen für den Krieg gegen die Ukraine bekommt, eingreifen? Der Gaza-Krieg könnte sich als Lunte für einen noch umfassenderen Konflikt erweisen.