Berlin. Das Heizungsgesetz ist vorerst gestoppt. Kann es dennoch zum 1. Januar in Kraft treten? Eine wichtige Entscheidung ist jetzt gefallen.

  • Das Bundesverfassungsgericht hat die Verabschiedung des Heizungsgesetzes im Bundestag gestoppt
  • Die Opposition triumphiert
  • Erste Rücktrittsforderungen an Wirtschaftsminister Robert Habeck werden laut
  • Pläne für eine mögliche Sondersitzung des Bundestages hat die Ampel verworfen

Es ist eine schwere Niederlage für die Ampel-Koalition: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verabschiedung des umstrittenen Heizungsgesetzes im Bundestag in einem Eilverfahren gestoppt. Wir erklären, was das Urteil aus Karlsruhe bedeutet:

Heizungsgesetz: Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?

Das Gericht hat entschieden, dass die zweite und dritte Lesung des Gesetzes der Ampel-Koalition nicht in der laufenden Sitzungswoche des Bundestags durchgeführt werden darf. Die endgültige Verabschiedung des Gesetzes aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durch das Parlament war für Freitag geplant, am letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause.

Spricht sich das Gericht gegen das Heizungsgesetz an sich aus?

Nein, das oberste Gericht weist nicht den Inhalt des Gesetzes zurück. Die Richter geben dem CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann Recht, der sich gegen das Hau-Ruck-Verfahren gewandt hatte, mit dem die Ampel-Koalition das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nach monatelangem Streit vor der Sommerpause durchs Parlament bringen wollte. Die Opposition kritisierte, dass damit nicht ausreichend Zeit bleibe, um das komplizierte und weitreichende Gesetz zu studieren.

Heilmann sah sich durch das Vorgehen der Koalition in seinen Rechten als Bundestagsabgeordneter verletzt. Der CDU-Abgeordnete hatte gefordert, dass der Gesetzentwurf den Abgeordneten mindestens 14 Tage vor der finalen Abstimmung schriftlich vorliegen müsse.

Wie begründet das Gericht seine Entscheidung?

„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwochabend. „Dies setzt eine hinreichende Information über den Beratungsgegenstand voraus. Die Abgeordneten müssen dabei Informationen nicht nur erlangen, sondern diese auch verarbeiten können.“

„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts.
„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts. © dpa | Uli Deck

Wie viel Zeit hatte die Opposition zur Prüfung des Heizungsgesetzes?

Die Ampel-Fraktionen hatten sich erst am vergangenen Freitag auf Änderungen des Gesetzentwurfs verständigt und diese in einem mehr als 100 Seiten langen Dokument der Opposition mitgeteilt. Am Montag fand eine Anhörung im federführenden Bundestagsausschuss statt, woraufhin die Koalitionsfraktionen nach Darstellung des Bundesverfassungsgerichts noch einen Änderungsantrag stellte. Am Freitag dieser Woche sollten schließlich die zweite und dritte Lesung und somit die finale Abstimmung im Bundestag stattfinden.

Wie geht es mit dem Heizungsgesetz weiter?

Zwischenzeitlich war über eine Sondersitzung des Bundestags inmitten der parlamentarischen Sommerpause diskutiert worden. Dafür hätten die Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen und von ihren Urlaubsorten nach Berlin kommen müssen. Die Ampel-Fraktionen entschieden sich dagegen.

„Wir haben Respekt vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und haben heute Morgen gemeinsam beraten“, erklärten die Regierungsparteien am Donnerstag gemeinsam. „Die Koalitionsfraktionen werden noch heute für die nächste reguläre Sitzungswoche Anfang September beantragen, die 2./3. Lesung des Gebäudeenergiegesetzes auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.“ Offen ist noch, ob das Gesetz damit wie geplant zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann.

Olaf Scholz begrüßte die Entscheidung, das Gesetz im September zu verabschieden. Der Bundeskanzler halte das "für eine sehr vernünftige Entscheidung", zitiert der "Spiegel" Scholz' Sprecher Steffen Hebestreit.

Was bedeutet der GEG-Stopp für die Ampel?

Die Koalition hat vom obersten Gericht eine schallende Ohrfeige erhalten, die Union triumphiert. Der monatelange Streit der drei Regierungspartner hatte das Bündnis bereits massiv belastet. Der Stopp des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht ist allerdings ein weiterer Tiefpunkt für die Ampel unter Kanzler Olaf Scholz (SPD).

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Für die Stimmung in der Koalition dürfte es zusätzlich belastend sein, dass FDP-Vertreter die Gerichtsentscheidung feierten. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte dieser Redaktion, die Eilentscheidung sei „die verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“.