Berlin. Es ist unklar, wer die Nord Stream-Pipelines sprengte. Ein US-Geheimdienst gab brisante Hinweise an Deutschland – Monate vor der Tat.

  • CIA soll bereits Monate vor den Anschlägen von den Plänen gewusst und Deutschland darüber in Kenntnis gesetzt haben
  • Im Verdacht steht eine ukrainische Eliteeinheit
  • Die Generalbundesanwalt in Karlsruhe ermittelt
  • Die Information könnte aber auch gezielt gestreut worden sein
  • Selenskyj reagiert auf die Vorwürfe

Es ist einer der größten Agenten-Fälle unserer Zeit. Kein Spielfilm. Realität. Im vergangenen Herbst sprengten bisher Unbekannte die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee. Noch immer ist unklar, wer die Täter sind.

Es gibt einige konkrete Hinweise, vor allem auch Gerüchte. Ein neuer Bericht der "Washington Post“ legt jetzt nahe, dass der US-Geheimdienst CIA bereits im Juni 2022, drei Monate vor der Tat, von solchen Anschlagsplänen erfahren haben soll – und die Informationen an deutsche Dienste weitergab. Kenntnis hatte die CIA demnach von einem europäischen Geheimdienst erhalten. Eine übliche Praxis unter Geheimdiensten: Sie tauschen Informationen — ohne ihre Quellen im Detail zu nennen.

Die CIA hat Wind von den Plänen bekommen und Deutschland gewarnt

Aber: Die Hinweise aus den USA an Deutschland sollen sehr konkret gewesen sein. Demnach teilte die CIA im vergangenen Sommer mit, dass ein Team von sechs Angehörigen einer ukrainischen Eliteeinheit die Erdgas-Rohre auf dem Grund der Ostsee bei einem verdeckten Taucheinsatz sprengen wolle. Im Auftrag der ukrainischen Militärführung.

Was dann im Oktober tatsächlich passierte, klingt sehr ähnlich. Sowohl die Details zum Anschlag, von der die "Washington Post“ nun berichtet, als auch bisherige Ermittlungen deutscher Strafverfolgungsbehörden legen nahe, dass sechs Personen in diesem Elite-Team unter falscher Identität ein Boot mieteten und zu den Anschlagsorten an den beiden Pipelines fuhren. Es ist eine Spur, der bisher auch deutsche Ermittler laut Medienberichten nachgehen.

Auch andere Medien wie der "Spiegel“ hatten bereits über Hinweise aus den USA berichtet, die deutschen Stellen schon vor dem Anschlag erreicht haben sollen. Nun liegen der "Washington Post“ offenbar interne Unterlagen aus den amerikanischen Sicherheitsbehörden vor, die unlängst mutmaßlich durch den US-Nationalgardisten Jack Teixeira auf der Online-Plattform Discord in einem geschlossenen Chatraum geteilt wurden.

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Wie verlässlich aber ist der Hinweis des europäischen Geheimdienstes an die US-Behörden im Sommer wirklich gewesen? Genau das muss geprüft werden, auch vom Generalbundesanwalt in Karlsruhe, der die Ermittlungen führt. Wie sehr die Behörde Einblicke in den Austausch zwischen den Geheimdiensten hat, ist unklar.

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Die Spur führt in die Ukraine - oder ist es eine falsche Fährte?

"Eindrücke aus erster Hand hat hierzu offenbar nur der europäische Dienst. Wir müssen jedoch immer bedenken: Die Information kann auch gezielt gestreut worden sein, beziehungsweise gezielt an den Informanten gegeben worden sein, damit sich die Nachricht verbreitet, die Ukraine habe einen entsprechenden Anschlag geplant, dann aber aufgeschoben“, sagt Gerhard Conrad im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist früherer ranghoher Mitarbeiter des deutschen Auslandsnachrichtendienstes BND und heute Vorstandsmitglied im Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e.V.

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Hinter einem solchen "Smokescreen“ aus dem Sommer 2022 könnten die eigentlichen Täter dann drei Monate später anhand eines leicht modifizierten Drehbuchs selbst zuschlagen. Die Aufmerksamkeit wird aber dann durch gezielte Informationen im Vorfeld gesteuert. Fachleute wie Conrad bewerten den Fall und vor allem die Verantwortung des Anschlags weiterhin vorsichtig — und sehen nicht nur die Ukraine als einen potenziellen Attentäter.

Die wiederum bestreitet, etwas mit den Pipeline-Anschlägen zu tun zu haben. Als Reaktion auf den Bericht der "Washington Post" sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu „Bild“, „Welt“ und „Politico“: „Ich bin Präsident und ich gebe entsprechende Befehle. Nichts dergleichen hat die Ukraine getan. Ich würde nie so handeln.“

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