Berlin. Mitte Juni findet über Deutschland die größte Militärübung seit Gründung der Nato statt. Es wird zu Flugverspätungen kommen.

Wer Mitte Juni von deutschen Flughäfen aus unterwegs ist, muss sich auf besondere Umstände einstellen. 250 Militärflugzeuge aus 25 Nationen – darunter Nato-Mitglieder – nehmen an der von Deutschland organisierten Übung „Air Defender“ teil. Ziel ist, vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges die volle Luftstreitkraft der Verbündeten zu beweisen.

Das Großmanöver in der Zeit vom 12. bis 23. Juni hat Auswirkungen auf die Passagiere, die in dieser Zeit fliegen. Denn der Luftraum über den Flughäfen Rostock, Berlin, Dresden, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart wird zeitweise von Tornados und Eurofightern beherrscht.

Flugsicherung rechnet mit Verspätungen, die im Laufe des Tages zunehmen

„Es wird zu Verspätungen kommen“, bestätigt Arndt Schoenemann, Vorsitzender Geschäftsführer der deutschen Flugsicherung (DFS). Die DFS hatte im Vorfeld die Übung in Kombination mit dem normalen Luftverkehr in zahlreichen Simulationen durchgespielt. Erfahrungsgemäß summieren sich Verspätungen über den Tag hinweg. Am ehesten trifft es also die Urlauber, die späte Abflugzeiten gebucht haben. Denn vor Mitternacht greift bundesweit ein Nachtflugverbot, damit Anwohner der Flughäfen in Ruhe schlafen können.

Das Verkehrsministerium verhandelt noch über eine Verlängerung der Betriebszeiten in diesem Ausnahmefall. „Es gibt positive Signale aus den Ländern“, sagte Staatssekretär Stefan Schnorr, eine schriftliche Zusage hat bislang aber nur ein Bundesland im Süden abgegeben. Die meisten Landesluftfahrtbehörden prüfen noch. Um den Militärkorridoren auszuweichen, will man außerdem Flugrouten verlegen. Passagiere wären in manchen Fällen also länger unterwegs.

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Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, bestätigte, dass betroffene Reisende nicht mit Ausgleichszahlungen rechnen können. Denn die Fluglinien werten „Air Defender“ als „außerordentlichen Umstand“. Bei Ausfällen, die in Zusammenhang mit der Übung stehen, „wird die Fluggesellschaft für Ersatzbeförderung sorgen oder – falls gewünscht – den Flugpreis erstatten“, so von Randow. Bei Annullierungen oder Verspätungen sind Airlines eigentlich verpflichtet, in manchen Fällen Unterkunft und Verpflegung zu zahlen. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dazu, ob ein Entschädigungsanspruch bestehe, werde im Einzelfall geprüft.

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ZRB_Übung Air Defender 23_ONLINE © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Alle Varianten des Luftkampfes werden im deutschen Luftraum geübt

Die Luftwaffe und ihre Verbündeten üben bei dem Manöver unter anderem, bestimmte Ziele anzugreifen - aber auch Verteidigungssituationen. Eine Übung könnte zum Beispiel sein: Jäger schützend den Einsatz von Jagdbombern vor feindlichen Jägern, Jagdbomber üben, Bodenziele anzugreifen. Trainiert werden soll zudem die Abwehr von Boden-Luft-Raketen und die Betankung. „Zusammenfassend trainieren wir alle Fähigkeiten, die von Luftstreitkräften verlangt werden, denn wir müssen schnell reagieren können“, sagt Generalleutnant Günter Katz.

Generalleutnant Günter Katz hat die Übung der Luftstreitkräfte geplant. Es nehmen über 20 Nationen mit ihren Flugzeugen daran teil.
Generalleutnant Günter Katz hat die Übung der Luftstreitkräfte geplant. Es nehmen über 20 Nationen mit ihren Flugzeugen daran teil. © picture alliance / dpa | S. Sabawoon

Jeder der drei deutschen Lufträume, in denen das Manöver stattfindet, ist pro Tag jeweils vier Stunden aktiv. Im östlichen Gebiet (siehe Karte) finden Übungen täglich außer am Wochenende von 10 bis 14 Uhr statt, im südlichen von 13 bis 17 Uhr und im nördlichen Gebiet von 16 bis 20 Uhr. Auf keinen Fall werden die Korridore länger blockiert als geplant. Wenn ein Luftraum wegen Schlechtwetters nicht genutzt werden kann, entfällt die Übungszeit. Ein besonderer Fokus liegt auf den Militärbasen Grafenwöhr und Baumholder in Süddeutschland, dort sind maximale Tiefflüge von unter 1000 Fuß geplant.

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Alle Beteiligten hofften auf Verständnis von Anwohnern und Fluggästen, schließlich sei die „größte Verlegung von Luftstreitkräften seit Bestehen der Nato“ von außerordentlicher Relevanz, so Verkehrsstaatssekretär Schnorr.