Berlin. Die Renten sollen im Westen um 4,39 Prozent steigen, im Osten sogar um 5,86 Prozent. Nur hat die Sache einen nicht unerheblichen Haken.

Die Rentner in Deutschland sollen ab der Jahresmitte deutlich mehr Geld bekommen. Das hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen. Allerdings bleibt der Anstieg abermals hinter der allgemeinen Preisentwicklung zurück. 33 Jahre nach der Einheit wird jetzt auch die Rentenangleichung Ost vollzogen. Ein Überblick.

Was genau hat das Kabinett beschlossen?

Zum 1. Juli steigen die Renten im Westen um 4,39 Prozent und im Osten um 5,86 Prozent. Ab dann gilt im gesamten Bundesgebiet erstmals ein gleich hoher Rentenwert. Eigentlich sollte das erst ab 2024 der Fall sein. Die Rentenerhöhung fällt recht stark aus, weil der Arbeitsmarkt robust ist und die Löhne steigen. Im Osten waren die Löhne zuletzt sogar noch stärker gestiegen als im Westen, weshalb dort auch die Rentenerhöhung stärker ausfällt. Die jetzt beschlossene Erhöhung war im Prinzip schon bekannt, das Kabinett brachte am Mittwoch die dazugehörige Verordnung auf den Weg.

Was ist der Rentenwert?

Das ist der Betrag, den die Rentenversicherung für einen Rentenpunkt zahlt. Ab Juli sind das 37,60 Euro. Arbeitnehmer erhalten einen Rentenpunkt gutgeschrieben, wenn sie in einem Jahr genau so viel verdienen wie der Durchschnitt der Beschäftigten. Weicht der Lohn nach oben oder unten ab, gibt es entsprechend mehr oder weniger als einen Rentenpunkt. Die Höhe der Altersrente bemisst sich an der Summe der Rentenpunkte, die ein Beschäftigter im Laufe seines Berufslebens gesammelt hat.

Reicht die Rentenerhöhung aus, um die steigenden Lebenshaltungskosten auszugleichen?

Wahrscheinlich nicht. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate von sechs Prozent. Das bedeutet, dass die Preise weiterhin schneller steigen dürften als die Renten. Das war auch vergangenen Jahr der Fall, als infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine die Preise für Energie und Lebensmittel in die Höhe geschossen waren. Die Inflationsrate erreichte 2022 hierzulande den Rekordwert von 7,9 Prozent. Die Renten stiegen im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent.

Was sagt die Regierung dazu, dass die Inflation die Rentenerhöhung erneut auffrisst?

Sie spricht von einer „Momentaufnahme“. Das Prinzip, dass die Renten den Löhnen folgen, habe sich mit Blick auf die Einkommensentwicklung der Rentner bewährt, hieß es im März in einer Mitteilung des Sozialministeriums von Ressortchef Hubertus Heil (SPD). „Betrachtet man die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Jahresdurchschnitt in den letzten zehn Jahren seit 2012, so beträgt der Anstieg im Westen insgesamt 26 Prozent, im Osten sogar 40 Prozent.“ Im gleichen Zeitraum seien die Preise aber nur um 20 Prozent gestiegen.

Was sagen Gewerkschaften und Sozialverbände?

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel forderte eine Sonderzahlung für Rentner. Ähnlich äußerte sich die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier. Sie sagte unserer Redaktion: „Gut, dass die Rentenanpassung trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage positiv ausgefallen ist. Aber: sie gleicht die aktuelle Inflation nicht aus! Wir bleiben deshalb dabei – in Krisenzeiten ist ein Inflationsgeld nötig, von dem auch die Rentnerinnen und Rentner profitieren, um einen finanziellen Ausgleich zur Kostenexplosion zu erhalten.“

Engelmeier ergänzte: „Für den SoVD ist es richtig und wichtig, die Lohnentwicklung als Grundlage für die Rentenanpassung beizubehalten und nicht die Inflation. Denn auf lange Sicht ist die Anpassung an die Lohnentwicklung für die Anpassung der Renten günstiger. Wir fordern darum weiter, dass sich die Renten genauso wie die Löhne entwickeln.“

Dafür sei es aber unbedingt nötig, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert wird. „Sinnvoller wäre es aber, das Rentenniveau nicht nur zu stabilisieren, sondern auf 53 Prozent anzuheben. Nur das beugt effektiv der Altersarmut vor.“