Moskau. Präsident Xi und Kreml-Chef Putin suchen demonstrative Nähe. Das kann schon dem Westen kaum gefallen – noch weniger aber der Ukraine.

Kilometerlange Staus in Moskau, immer wieder werden Straßen gesperrt, doch die Menschen in Russlands Hauptstadt nehmen es mit Gleichmut hin: Am Dienstagmorgen beginnt der wichtigste Tag des Staatsbesuchs von Chinas Präsident Xi Jinping. Bei einem Treffen mit dem russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin reden beide über die Handels-, Wirtschafts- und Investitionskooperation zwischen beiden Ländern. Am Nachmittag geht es weiter in den Kreml.

„Da dies ein Staatsbesuch ist, werden die Mitglieder der russischen und der chinesischen Delegation den Staatsführern im Georgievsky-Saal des Kreml vorgestellt“, hatte Präsidentenberater Juri Uschakow im Vorfeld erklärt. Geschenke werden übergeben, ein Staatsbankett gibt es auch. Doch in der Hauptsache steht Arbeit an, viel Arbeit. Beide Delegationen besprechen eine ganze Reihe von Themen. Der Kern: Russland und China wollen noch stärker aufeinander zugehen – politisch, wirtschaftlich und auch militärisch-technisch.

Am Abend dann traten Xi Jinping und Wladimir Putin zu einer gemeinsamen Erklärung vor die Presse. Man habe Abkommen für den Ausbau ihrer strategischen Partnerschaft bis 2030 unterzeichnet. Xi lobte die „konstruktiven Gespräche“ mit Putin und sprach von einem Ausbau des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Russland. So will China etwa mehr Elekrotechnik liefern, sagte Xi. Vereinbart worden seien auch zusätzliche russische Gaslieferungen an China, sagte Putin. Beiden Staaten wollen ihre Verkehrsverbindungen ausbauen, darunter Straßen und Brücken.

Mehr zum Thema: Putin in Mariupol: Ein Warnsignal an Chinas Staatschef Xi

Ihre jeweiligen politischen Positionen beschrieben Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Staatsgast zuvor schon in Zeitungsartikeln, veröffentlicht im jeweils anderen Land. Xi Jinpings Text mit dem Titel „Beharrlich vorwärts zu neuen Aussichten für Freundschaft, Zusammenarbeit und gemeinsame Entwicklung zwischen China und Russland“ erschien auf der Titelseite der russischen Rossiyskaya Gazeta. In China wiederum wurde Putins Artikel „Russland und China - eine Partnerschaft mit Blick in die Zukunft“ abgedruckt.

Putin begrüßt Chinas Friedensplan für die Ukraine

Der russische Präsident schreibt über den „kollektiven Westen“, der „immer verzweifelter“ an „seiner schwer fassbaren Dominanz“ festhalte. Xi Jinpings Artikel ist wesentlich weniger konkret. Den Westen und die USA erwähnt er überhaupt nicht. Xi stellt lediglich fest, dass „die Handlungen der Hegemonie, des Despotismus und der Verfolgung der Welt ernsthaften Schaden zufügen“. Gemünzt ist das wohl auf den Westen.

Menschen winken der Autokolonne des chinesischen Präsidenten Xi zu, die in Richtung Kreml fährt, mit der Statue von Wladimir dem Großen im Hintergrund.
Menschen winken der Autokolonne des chinesischen Präsidenten Xi zu, die in Richtung Kreml fährt, mit der Statue von Wladimir dem Großen im Hintergrund. © dpa | ---

Ein wichtiges Thema in beiden Artikeln ist die Lage in der Ukraine. Putin schreibt hierzu nichts Neues. Russland sei zu einer „politischen und diplomatischen Lösung der Ukraine-Krise“ bereit, alles hänge aber „von der Bereitschaft zu einem ernsthaften Gespräch unter Berücksichtigung der vorherrschenden geopolitischen Realitäten“ ab. Was mit „geopolitischen Realitäten“ gemeint es, das konkretisiert er nicht. Nach seinem überraschenden „Arbeitsbesuch“ auf der Krim und in Mariupol kurz vor dem Staatsbesuch kann man aber davon ausgehen, dass die Rückgabe der völkerrechtswidrig annektierten Gebiete für Putin nicht verhandelbar ist.

Lesen Sie auch:Wird China Putin Waffen liefern, Professor Masala?

Xi Jinping erwähnt in seinem Text erneut die chinesische Friedensinitiative, ohne aber allzu konkret zu werden. Wladimir Putin hat das international skeptisch aufgenommene Ukraine-Papier Chinas gelobt. „Wir finden, dass viele der Positionen des von China vorgebrachten Friedensplans mit den russischen Ansätzen übereinstimmen und als Grundlage für eine friedliche Lösung genommen werden können, sobald der Westen und Kiew dazu bereit sind», sagte Putin am Dienstag im Kreml.

Kein Wort beider Staatschefs zu Haftbefehl gegen Putin

Weder Putin noch Xi gingen auf den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Putin ein. Chinas Position erläuterte Chefdiplomat Wang Wenbin: Er forderte das Gericht auf, „Politisierung und Doppelmoral zu vermeiden“ und „die Immunität von Staatsoberhäuptern zu respektieren“.

Die Allianz zwischen Russland und China verschiebt die Achse der Weltpolitik in eine neue Richtung. Die USA werden weniger machtpolitisch handeln können, und die Außenpolitik der EU wird bedeutungsloser. China und Russland wollen auch wirtschaftlich näher zusammenrücken. Das Ziel der westlichen Sanktionen, Russlands Wirtschaft entscheidend zu schwächen, rückt immer weiter in die Ferne und erweist sich vielleicht sogar als unrealistisch.

Lesen Sie auch: Putin macht Xi ein wertvolles Geschenk

China ist Russlands größter Handelspartner, das Handelsvolumen im Jahr 2022 belief sich auf etwa 185 Milliarden US-Dollar, das jährliches Wachstum in den vorangegangenen zwei Jahren betrug etwa 30 Prozent. In Moskau wurden neue, gemeinsame Wirtschaftsprojekte vereinbart.

Russland hat etwas für China unendlich Wertvolles: Energie

Für die seit Corona schwächelnde chinesische Wirtschaft ist Russland ein interessanter Absatzmarkt. China kann die Konsumgüter liefern, die Russland wegen der Sanktionen nicht mehr aus dem Westen bekommt.

Und Russland hat etwas für China unendlich Wertvolles: Energie. Gas und Öl will Russland verstärkt ins Nachbarland exportieren – und Handelsrouten ausbauen. „Das Portfolio der zwischenstaatlichen Investitionskommission umfasst 79 Projekte mit einem Gesamtwert von über 165 Milliarden US-Dollar“, so der russische Ministerpräsident nach dem Treffen mit Xi.

Viele Unternehmen aus dem Westen haben Russland inzwischen aus moralischen Gründen den Rücken gekehrt. Manche haben sich auch eine Rückkehr in den lukrativen russischen Markt vorbehalten – nach erfolgreichen Friedensverhandlungen in Sachen Ukraine. Fraglich, ob dann Russland überhaupt noch westliche Firmen im Land haben will. Oder eben Waren aus China bezieht.

Putin und Xi schweigen zu militärischer Zusammenarbeit

Auch über Waffen und militärisch-technische Zusammenarbeit sprachen Putin und Xi. Konkretes darüber ist nicht bekannt. Putins Präsidentenberater Juri Uschakow bestätigte immerhin, „dass die militärisch-technische Zusammenarbeit tatsächlich diskutiert wird.“ Angeblich sollen Firmen aus China im vergangenen Jahr mehrfach Waffen nach Russland geliefert haben – darunter Tausend Sturmgewehre, die als „zivile“ Jagdgewehre deklariert waren. Dazu noch chinesische Ersatzteile für Kampfdrohnen.

Lesen Sie auch:Für Putin kann China zum „Gamechanger“ werden

Die Rüstungsgüter seien teils über die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate nach Russland gebracht worden. Nachschub für Russlands Armee aus China? Bewahrheitet sich dies, dann könnte Wladimir Putin seine „Spezialoperation“ in der Ukraine noch jahrelang fortführen. Russland und China rücken enger zusammen. Xi und Putin gehen in bestem Einvernehmen auseinander. Tags zuvor hatte Russlands Präsident seinen Amtskollegen sogar zum Auto gebracht. Und Xi lud Putin zum Gegenbesuch nach Peking ein. Noch in diesem Jahr soll er stattfinden.

NameWladimir Wladimirowitsch Putin
Geburtsdatum7. Oktober 1952
GeburtsortSankt Petersburg
SternzeichenWaage
AmtPräsident der Russischen Föderation
Im Amt seit2000 (Unterbrechung von 2008 bis 2012)
FamilienstandGeschieden, mindestens zwei Kinder
Größeca. 1,70 Meter