Berlin. Papst Franziskus spricht von einem „Dritten Weltkrieg in Stücken“, seine Friedensappelle sind eindringlich. Doch es ginge noch mehr.

Zehn Jahre nach seinem Amtsantritt weht eisiger Kriegswind über das Pontifikat Franziskus´, dem „Papst vom Ende der Welt“. Ohne Unterlass beklagt der Argentinier in seinen Ansprachen den „Dritten Weltkrieg in Stücken“. Keine Gelegenheit lässt der Pontifex aus, um seine eindringlichen Friedensappelle an die Öffentlichkeit zu bringen. Doch hat Franziskus wirklich Chancen, in der jetzige Situation eine Rolle als Vermittler im Ukraine-Krieg zu spielen?

Am 25. Februar 2022, dem Tag nach Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine, hatte Franziskus Russlands Botschafter im Vatikan in seinem Büro aufgesucht, um seiner Sorge über den Krieg Ausdruck zu verleihen, ein präzedenzloser diplomatischer Schritt. Wiederholt hat sich der Pontifex zu einer Reise nach Kiew bereit erklärt, um auszuloten, wie der Frieden wiederhergestellt werden kann. Die Bedingungen für die Reise sind jedoch bisher nicht zustande gekommen und das Kriegsende ist über ein Jahr nach Ausbruch des Konflikts nicht in Sicht.

Ukraine-Krieg: Der Papst bemüht sich um eine ausgewogene Haltung

Franziskus bemüht sich, im Ukraine-Konflikt eine ausgewogene Position einzunehmen. Kritiker werfen ihm immer wieder vor, den russischen Angriffskriegs nie hart genug verurteilt zu haben und Präsident Putin zu „mild“ zu behandeln.

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Micaela Taroni, Italien-Korrespondentin
Micaela Taroni, Italien-Korrespondentin © Privat | ZRB

Der Krieg wüte zwar in der Ukraine, doch seien mittlerweile neben Russland alle Großmächte der Welt darin verstrickt und verfolgten eigene, imperiale Interessen, sagte Franziskus im Interview mit dem Tessiner Fernsehsender RSI am Sonntag. Damit gab er indirekt zu verstehen, dass nicht nur Russland für den Krieg verantwortlich gemacht werden könne.

Die Ukraine bezeichnet der Papst als das „Schlachtfeld des aktuellen Dritten Weltkriegs“. „Er begann stückweise, und heute kann niemand mehr behaupten, er sei nicht weltweit. Die Großmächte sind alle darin verwickelt“, betonte Franziskus. Bei einem Treffen mit dem Kreml-Chef würde er so deutlich sprechen, wie er es in der Öffentlichkeit tue. „Putin ist ein gebildeter Mann“, meinte der Papst, womit er sofort im Kreuzfeuer der Kritik stand.

Putins Verhandlungswille ist gering

Der mangelnde Verhandlungswillen des Kremls ist ein Grund, weshalb Papst Franziskus bisher nicht in die Ukraine gereist ist. Zwar äußerte er immer wieder seine Bereitschaft zu einer Kiew-Reise, hatte aber seinen Besuch stets an die Bedingung geknüpft, auch zu Gesprächen nach Moskau fahren zu können. Bisher ist dies laut Franziskus nicht möglich gewesen.

Der Einfluss der katholischen Kirche ist zwar in Russland ebenso wie in der Ukraine äußerst überschaubar. Doch für diplomatische Verhandlungen könnte sich dieser Aspekt sogar als positiv erweisen. Da der Vatikan keine staatlichen Interessen in diesem Konflikt hat, kann er sich neutral verhalten.

Ein Blick in die Geschichte gibt Anlass zur Hoffnung

Ein Blick in die Geschichte gibt durchaus Anlass zur Hoffnung. So hatte Papst Johannes XXIII. während der Kubakrise 1962 dazu beigetragen, dass sich die Präsidenten der USA und der Sowjetunion, Kennedy und Chruschtschow, beide gesichtswahrend aus der weltpolitischen Konfrontation herausmanövrieren konnten. Papst Franziskus hatte bereits erfolgreich zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten vermittelt, sodass beide Staaten ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnahmen.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Franziskus müsste jetzt, so schwer dies auch fallen mag, auf Putin zugehen, um zumindest einen Waffenstillstand in diesem Krieg zu erreichen. Deshalb hält der Papst es für richtig, Putin zu signalisieren, dass man bereit sei, „über eine neutrale Ukraine, eine Finnlandlösung für die Ukraine“ zu verhandeln, was Kiew ablehnt. Die Hoffnung ist gering, trotzdem darf nichts unversucht bleiben. Und wer den Papst kennt, weiß, dass er nicht aufgibt.

LandUkraine
KontinentEuropa
HauptstadtKiew
Fläche603.700 Quadratkilometer (inklusive Ostukraine und Krim)
Einwohnerca. 41 Millionen
StaatsoberhauptPräsident Wolodymyr Selenskyj
RegierungschefMinisterpräsident Denys Schmyhal
Unabhängigkeit24. August 1991 (von der Sowjetunion)
SpracheUkrainisch
WährungHrywnja