Rom. Italiens Regierungschefin ist beliebt wie nie zuvor. Mit Selbstironie und Pragmatismus begegnet die Postfaschisten ihren Kritikern.

Regierungschefin hat Giorgia Meloni ihren Stil rasch gefunden – und das anders als von vielen erwartet. Bürgernah, mediengewandt und empathisch gibt sich Italiens erste Premierministerin, Chefin der rechtesten Regierung in der Geschichte des Landes. Wöchentlich veröffentlicht sie „Giorgias Tagebuch“, einen Video-Podcast, in dem sie aktuelle Themen kommentiert und Einblicke in politische Entscheidungsprozesse gibt. Dabei zeigt sie sich menschlich und oft auch lustig.

Die blonde Rechtspopulistin hat einen Hang zur Selbstironie, der bei den Bürgern gut ankommt. Die Anführerin der postfaschistischen Partei „Fratelli d´Italia“ (Brüder Italiens) tritt gern als Schwester, Mutter und Freundin auf. Und das gelingt ihr gut.

Italien: Meloni stellt Berlusconi und Salvini in den Schatten

Seit 100 Tagen wird Italien jetzt schon von dieser Frau regiert, die aus der äußersten rechten Ecke des politischen Spektrums kommt, und sie ist beliebter denn je. Die Flitterwochen der Römerin aus dem volkstümlichen Viertel Garbatella mit den Italienern halten an, wie auch jüngste Umfragewerte klar bezeugen.

Melonis „Brüder Italiens“ segeln auf einem Popularitätshoch. Hatte die Gruppierung bei den Parlamentswahlen mit 26 Prozent als stärkste Einzelkraft des Landes abgeschnitten, so steht sie jetzt bei 31 Prozent. Melonis Popularität stellt auch die mit ihr verbündeten Alpha-Tiere Matteo Salvini und Silvio Berlusconi in den Schatten, deren Parteien mit 8 beziehungsweise 6 Prozent dahinsiechen.

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Die einstige Euroskeptikerin entpuppte sich als effiziente Staatsfrau

Nach ihrer Wahl waren die Befürchtungen in In- und Ausland groß. Vor einer „Wölfin im Schafspelz“ warnten Polit-Beobachter in Brüssel. Befürchtet wurde, dass Italiens rechteste Regierung seit Ende des Zweiten Weltkriegs einen europaskeptischen Kurs einschlagen könnte. Doch 100 Tage nach Melonis Regierungsantritt sind diese Bedenken weitgehend verflogen. Die einstige Euroskeptikerin entpuppte sich als effiziente Staatsfrau.

IIm Höhenflug: Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni.
IIm Höhenflug: Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. © AFP | FILIPPO MONTEFORTE

Auch die Befürchtungen einer exzessiven Ausgabenpolitik bewahrheiteten sich bisher nicht. Die Rechtsparteien hatten im Wahlkampf viel versprochen, darunter eine Flat Tax von 15 Prozent für alle Selbstständigen, eine umfangreiche Steueramnestie und die Erhöhung der Mindestpensionen. Diese Versprechen hat Meloni im Budgetplan für 2023 teilweise eingehalten, ohne aber den Finanzrahmen zu sprengen. Die 46-Jährige will die Abmachungen mit Brüssel für den Erhalt der milliardenschweren Finanzierungen für den EU-Wiederaufbauplan einhalten.

Ukraine-Krieg: Italien genehmigt Waffenlieferung

Selbst in Sachen Einwanderung ist die migrationsfeindliche Regierungschefin offenbar nicht so hart wie angekündigt. Zwar wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Einsätze von zivilen Seenotrettern im Mittelmeer deutlich erschwert. De facto landen jedoch nach wie vor Rettungsschiffe in italienischen Häfen. Die Zahl der Migrantenankünfte in Süditalien ist sogar deutlich gestiegen.

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Zuverlässig steht Meloni auch beim Ukraine-Krieg an der Seite der Europäer. Das italienische Parlament billigte eine Verlängerung der Waffenlieferungen an Kiew. In Sachen Energie setzt Meloni die Strategie ihres Vorgängers Mario Draghi fort und bemüht, Italiens starke Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu verringern.

Doch nun ist sie mit ersten Streiks konfrontiert und mit den Folgen der steigenden Inflation. Auch für sie könnte es jetzt ungemütlich werden.