Berlin. Der Bericht zum bezahlbaren Wohnraum wirkt aus der Zeit gefallen. Die Ampel-Koalition findet in der Wohnungspolitik keinen klaren Kurs.

Niemand glaubt mehr daran, dass in diesem oder im nächsten Jahr 400.000 neue Wohnungen in Deutschland, darunter 100.000 Sozialwohnungen, gebaut werden. Niemand außer Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD). Mantraartig wiederholten sie bei der Vorstellung des Berichts des Bündnisses für bezahlbares Wohnen: Ja, es wird sehr schwer, aber wir halten an dem Vorhaben fest.

Sich ambitionierte Vorhaben zu stecken, ist auf dem Wohnungsmarkt, wo viel in den vergangenen Jahren aus den Fugen geraten ist, der richtige Weg. Allerdings müssen diese Vorhaben zu den geänderten Realitäten passen. In vielen Bereichen ist der Bau extrem energieintensiv. Drosselt aber etwa die Ziegelindustrie ihre Produktion, fehlt es an Material. Wo Material vorhanden ist, hat es sich massiv verteuert. Hinzu kommen die explodierenden Bauzinsen. Die Parameter beim Wohnungsbau haben sich im Vergleich zum Zeitpunkt des Unterzeichnens des Koalitionsvertrages grundsätzlich geändert.

Wohnen: Die Ampel-Koalition muss sich entscheiden

Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur
Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Und die Ampel-Koalition? Ließ zweimal die Förderkulisse für den Neubau zusammenbrechen, kürzte die Fördersätze für Sanierungen und wird im kommenden Jahr bei den Neubaustandards die Zügel anziehen. In puncto sparsamer Umgang mit Steuergeldern mögen letztere Punkte sinnvoll sein. Sie führen aber dazu, dass das Wohnungsbauziel meilenweit verfehlt werden wird.

Die Koalition hat die Wahl: Sie kann stringent bei ihrer bisherigen Linie bleiben – dann sollte sie aber klarmachen, dass das Wahlkampfversprechen von Scholz nicht einzuhalten ist. Oder sie hält am Ziel fest. Dann aber muss sie den Geldbeutel öffnen und sich von strengeren Vorschriften verabschieden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.