77 Jahre nach Ende des verheerenden Zweiten Weltkrieges gibt es keine Ewigkeits-Garantie für Freiheit und Demokratie. Ein Kommentar.
Der russische Raketenhagel über der Ukraine markiert eine neue Phase des Krieges. Die flächendeckende Bombardierung von Wohnvierteln, Kraftwerken, Strom- und Wasserleitungen hat nur ein Ziel: Die Zivilbevölkerung soll in Angst und Schrecken versetzt werden.
Der russische Präsident Wladimir Putin will die Ukrainer zur Kapitulation zwingen. Dahinter steckt das strategische Kalkül, die Ukraine als freiheitliches und demokratisches Gegenmodell zum autokratischen Russland auszulöschen.
Den politischen und religiösen Führern im Westen dämmert, dass der russische Raketenteppich mit einem Zivilisationsbruch einhergeht. „Die vorsätzlichen Angriffe Russlands auf dem gesamten Territorium der Ukraine und gegen Zivilisten stellen eine tiefgreifende Veränderung in der Natur dieses Krieges dar“, beklagte der französische Präsident Emmanuel Macron. „Wir stehen vor schwierigen Zeiten für die Menschheit“, betonte Papst Franziskus. Zeiten, die vielleicht einmal als Epoche des Staatsterrors in die Geschichte eingehen werden.
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Ukraine-Krieg: Putin geht über Leichen
Putin sucht sein Heil in einem Vulgär-Imperialismus, einer obszönen Zurschaustellung von Macht, die über Leichen geht. Die publizistischen Jubel-Kommandos der russischen Presse stoßen kollektive Seufzer der Erleichterung aus. Doch die aufgeblasene Stärke ist in Wahrheit ein Zeichen von Schwäche. Die Ukrainer haben die russischen Besatzer im Osten und Süden zurückgedrängt. Auf dem Schlachtfeld entpuppte sich Putins Traum vom Blitzkrieg-Sieg als Illusion.
Mit seinem Brutalo-Kurs hofft der russische Präsident, Hardliner wie den Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow oder den Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, ruhigzustellen. Diese hatten zuletzt die russische Militärführung direkt – und damit den Oberbefehlshaber Putin indirekt – als zu lasch kritisiert.
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Die Ernennung des Generals Sergej Surowikin zum Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine soll ebenfalls die Ultranationalisten besänftigen. Ihnen gilt der 56-Jährige wegen seiner vor XXL-Gewalt strotzenden Einsätze in Syrien und Tschetschenien als Vorbild.
All dies sind Indizien, dass Putin infolge des stockenden Ukraine-Feldzuges um die Erosion seiner Macht in der politischen und militärischen Elite fürchtet. Der Kremlchef fühlt sich zur Härte verdammt. Deshalb sind die Aufrufe im Westen, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj solle mit Putin über eine Beendigung des Krieges verhandeln, zum Scheitern verurteilt.
Der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sitzt ebenso pazifistischem Wunschdenken auf wie deutsche Intellektuelle rund um den Philosophen Richard David Precht. Hierüber kann Putin in seiner Machtlogik nur höhnisch lachen.
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Ukraine braucht dringend modernste Waffen
Die Ukraine hat die volle Solidarität des Westens verdient – nicht nur mit warmen Worten. Sie steht an der vordersten Front eines russischen Aggressionskrieges, der weder in geografischer noch in moralischer Hinsicht Grenzen kennt. Eindämmung lautet das Gebot der Stunde. Kiew braucht dringend und schnell modernste Luftabwehrsysteme zur Verteidigung. Amerikaner und Europäer sollten sich endlich dazu durchringen, moderne Kampf- und Schützenpanzer zu liefern.
Auch mental muss sich der Westen wappnen. Die Gesellschaften sollten sich darauf einstellen, dass der Ukraine-Krieg länger dauert und von den Bürgern mehr Verzicht und Einschränkungen erfordert. 77 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es keine Ewigkeits-Garantie für Freiheit und Demokratie.