Washington. In wichtigen “Swing States“ setzen sich bei den Vorwahlen Politiker durch, die 2024 die Wahl zugunsten Donald Trumps kippen könnten.

Im Juni hat er seinen 76. Geburtstag gefeiert und könnte ungestört das Luxusleben eines wohlhabenden Rentners genießen. Doch der ehemalige US-Präsident Donald Trump will es noch einmal wissen. Er denkt laut darüber nach, sich ein weiteres Mal als Spitzenkandidat der Republikaner zu bewerben. An der politischen Stimmung in den entscheidenden "Swing States" gemessen, hält Trump jedenfalls gute Karten.

Bei den ersten republikanischen Vorwahlen feierten nämlich mehrere Kandidaten, die bis heute an seine Lüge einer gestohlenen Präsidentschaftswahl glauben, überzeugende Siege. Das wiederum verheißt nichts Gutes, weder für die Republikaner als Partei, noch für die Zukunft der US-Demokratie selbst. Denn Trumps Handlanger würden durchaus imstande sein, ein Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu kippen.

Trump positioniert Loyalisten – Ämter mit Einfluss auf Wahlprozess angepeilt

Donald Trump, das haben bei den Anhörungen des Sonderausschusses zu dem Aufstand am 6. Januar Zeugen bestätigt, lebt in seiner eigenen Welt. Einer Welt "alternativer Fakten", in der er die letzte Wahl gewonnen hat und jeder, der Joe Bidens Sieg anerkennt, ihm Böses will. Folglich müssen in Trumps Wahrnehmung jene, die ihm nach der vermeintlich gewonnen Wahl in den Rücken fielen, einen hohen Preis zahlen: Mit ihrem guten Ruf, mit ihrem Ansehen in der Partei und in vielen Fällen auch mit der eigenen, politischen Karriere.

Trumps Rachefeldzug richtete sich zunächst gegen Liz Cheney, die Kongressabgeordnete aus Wyoming und bei den Anhörungen zum 6. Januar die Fahnenträgerin moderater Republikaner. Sie wirft dem Ex-Präsidenten Staatsverrat vor und bezeichnet ihn als den Drahtzieher hinter dem Aufstand. Darauf hin inszenierte der abgewählte Präsident eine beispiellose Medienkampagne gegen Cheney. Das Ergebnis: Umfragen zufolge liegt sie bei den republikanischen Vorwahlen in ihrem Heimatstaat mit einem Abstand von mehr als 20 Punkten hinter der von Trump unterstützten Harriet Hagman, die nun alle Chancen hat, Cheneys Sitz im Repräsentantenhaus zu übernehmen.

Lehrling und Meister des Populismus: Floridas Gouverneur Ron DeSantis begrüßt Donald Trump während eines Besuchs 2019.
Lehrling und Meister des Populismus: Floridas Gouverneur Ron DeSantis begrüßt Donald Trump während eines Besuchs 2019. © Reuters | KEVIN LAMARQUE

Hetzkampagnen und Verschwörungstheorien: Trumps Vasallen kämpfen mit harten Bandagen

Auch andere Politiker bekamen nun den Zorn des 45. Präsidenten zu spüren. Peter Meijer aus Michigan war einer von nur 10 Abgeordneten, die nach den blutigen Krawallen auf dem Kapitolshügel für Trumps Amtsenthebung stimmten. Die Folge: Auf seiner neuen Medienplattform "Truth Social", in Interviews mit rechtsgerichteten Fernsehsendern sowie Rundfunkstationen und bei persönlichen Auftritten in Michigan zog Trump gegen Meijer vom Leder und sprach dem "Wahl-Leugner" John Gibbs das Vertrauen aus. Gibbs gilt als Trump-Loyalist, der während dessen Präsidentschaft im Wohnbauministerium arbeitete und bis heute behauptet, dass "Bidens Sieg rein rechnerisch gesehen nicht möglich war", der wahre Präsident also nach wie vor Donald J. Trump sei.

Die Hetzkampagne gegen Meijer zeigte Wirkung. Diese Woche gewann der Außenseiter Gibbs die Vorwahl, dazu noch in einem Bezirk, der als moderat gilt und in der Vergangenheit häufig für demokratische Kandidaten stimmte. Auch andere Kandidaten in Michigan profitierten von der Rückendeckung des früheren Präsidenten.

So wird die konservative Fernsehmoderatorin Tudor Dixon im Herbst die amtierende, demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer herausfordern und hat all Chancen, in dem wichtigen "Swing State" die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Innenministerin dürfte dort auch eine "Trumpianerin" werden, nämlich Kristina Karamo, die nach der Wahl 2020 Jahren gemeint hatte, dass Michigans Wahlmaschinen "korrupt" seien.

Prognosen sehen Trump vor Biden – Ehemaliger Trump-Loyalist könnte konkurrieren

Auch andere Anhänger des früheren Präsidenten verbuchten Erfolge. In Arizona etwa der Senatskandidat Blake Masters, der neben Trump auch von dem Tech-Milliardär Peter Thiel gesponsert wird. Oder Mark Finchem, der dort der nächste Staatsanwalt werden dürfte. Zwar handelt es sich um Kandidaten, die weder auf nationaler und schon gar nicht internationaler Ebene bekannt sind.

Doch könnten ihnen bei den nächsten Wahlen zentrale Bedeutung zukommen: Innenminister, die zugleich die höchste Wahlinstanz sind, sowie Staatsanwälte, die gegen legitime Ergebnisse klagen können und dazu bereit wären. Oder Gouverneure, die sich weigern, zur Stimmauszählung legitime Elektoren nach Washington zu schicken und stattdessen "fiktive Wahlmänner" beauftragen. Genau so, wie Trump, Rudy Giuliani und seine übrigen Ja-Sager sich das auch im Januar 2021 vorgestellt hatten.

Zwar wäre Trump auch heute der favorisierte Spitzenkandidat unter den Republikanern, dicht gefolgt von Floridas Gouverneur Ron DeSantis, ein Populist im Stile des ehemaligen Präsidenten, der sich zwischenzeitlich aber von seinem früheren Vorbild distanziert hat. Auch geht aus einer neuen Umfrage der Harvard Universität und des Harris Instituts hervor, dass Trump 2024 aus einem Duell mit Biden Trump mit einem Abstand von 4 Prozentpunkten als klarer Sieger hervorgehen würde.

Rückschlag für republikanische Agend – Wähler in Kansas stimmen für Abtreibungsrecht

Einiges spricht aber auch gegen Trump, etwa die Möglichkeit, dass Justizminister Merrick Garland ihn wegen seiner Rolle bei dem Aufstand im Kapitol anklagt. Auch, dass die Demokraten von aktuellen Entwicklungen profitieren. Etwa dem umstrittenen Besuch Nancy Pelosis in Taiwan, der ungeachtet der Kontroverse um den kurzen Abstecher auch bei Republikanern gut ankommt. Oder dem höchst umstrittenen Urteil des Obersten Gerichtshofs, das darauf abzielt, Abtreibungen zu verbieten.

So entschieden Wähler in dem erzkonservativen Staat Kansas am Abend der Vorwahlen in einer getrennten Volksabstimmung, dass die die Kansas Verfassung einen Passus behalten sollte, der Frauen das Recht einräumt, über Schwangerschaftsabbrüche frei zu entscheiden - eine klare Absage also an die republikanische Haltung, die in zwei Jahren Trump und jedem anderen Republikaner Probleme bereiten könnte.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.