Washington. Roe v. Wade wurde vor knapp drei Wochen vom Supreme Court der USA gekippt. Schon jetzt gibt es bizarre Konsequenzen – sogar für Kinder.

Selbst nach Inzest oder Vergewaltigung sind nach dem umstrittenen Urteil gegen ein landesweites Grundrecht auf Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof der USA in der Hälfte der 50 Bundesstaaten künftig Schwangerschaftsabbrüche verboten.

Welche haarsträubenden Konsequenzen das haben kann, zeigt ein Fall aus dem Bundesstaat Ohio. Ein gerade mal zehn Jahre altes Mädchen, geschwängert durch eine Vergewaltigung, musste in den Nachbarbundesstaat Indiana reisen, um ärztliche Hilfe zu bekommen. Lesen Sie auch: USA: War der Sturz des Abtreibungsrechts nur der Anfang?

USA: Minderjährige musste nach Vergewaltigung abtreiben

Hochrangige Republikaner und konservative Medien hatten die Geschichte tagelang als Lügenwerk von Abtreibungsbefürwortern stigmatisiert. Bis vergangenen Mittwoch. Da wurde der 27-jährige Gerson Fuentes, ein illegaler Flüchtling aus Guatemala, vor einem Gericht in Ohio offiziell der Vergewaltigung angeklagt und von Richterin Cynthia Ebner mit einer Kaution von zwei Millionen Dollar in Untersuchungshaft gesteckt.

Fuentes hatte die Tat gestanden. Das Kind, das zum Zeitpunkt des sexuellen Missbrauchs wahrscheinlich noch neun Jahre alt war, hatte seinen Peiniger identifiziert. Letzte Klarheit sollen diverse DNA-Proben bringen. Die Abtreibung wurde am 30. Juni in Indianapolis vorgenommen. Einen Tag später wurde der spektakuläre Fall (in den USA entfallen im Jahr weniger als 0,2 Prozent aller Abtreibungen auf Minderjährige) öffentlich.

Abtreibungsverbote mehren Nachfrage in anderen Staaten

Die Zeitung „Indianapolis Star“ berichtete über die rasant gestiegene Nachfrage nach Abtreibungen von schwangeren Frauen aus dem Nachbarbundesstaat Ohio. Einem von 13 Bundesstaaten, die mit Inkrafttreten des Supreme Court-Urteils vom 24. Juni Schwangerschaftsabbrüche de facto einem Totalverbot ab der sechsten Woche unterziehen. Zuwiderhandlungen werden drastisch bestraft. Ein Dutzend weiterer Staaten bereitet ähnliche Regeln vor.

Aus Sicht von Regierungsexperten in Washington steht Ohio exemplarisch für die neue Unübersichtlichkeit beim Thema Abtreibung in den USA, die der Oberste Gerichtshof geschaffen und die bei Tausenden Frauen wie Medizinern „Angst und Unsicherheit ausgelöst hat“. Es ist ein Zustand, der weiter anhalten wird.

In über zehn Bundesstaaten, die strikte Abtreibungsverbote angeordnet haben, sind Klagen von Gruppen anhängig, die Schwangerschaftsabbrüche weiterhin durchsetzen wollen. Ende offen. In Ohio und anderen konservativ regierten Bundesstaaten versuchen die Republikaner aus dem Fall der Zehnjährigen eine ultra-radikale Lehre zu ziehen: Abtreibungstourismus soll gesetzlich verboten werden.

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Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.