Berlin. Bei „Maybrit Illner“ sollten die Gäste über die Zukunft der CDU reden – am Ende ging es aber viel um Merz, Merkel – und die AfD.
Noch höchstens zwei Jahre wird Angela Merkel (CDU) Kanzlerin sein – doch wohin rudert die Union nach dieser Ära? Und wer führt sie an? Bei „Maybrit Illner“ diskutierten die Gäste den prophezeiten Untergang der Volkspartei. „Zwischen Merkel und Merz – geht die CDU in der Mitte unter?“, lautete der Titel der Sendung. Dass die Partei selbst wenig Werbung für sich macht, zeigte sich zuletzt deutlich
Es war ein Frontalangriff ohne Ankündigung. Nach der krachenden Niederlage der CDU in Thüringen am Sonntag, attackierte Friedrich Merz seine alte Konkurrentin Angela Merkel harsch. Er warf ihr Untätigkeit vor, bezeichnete das Bild der Bundesregierung als „grottenschlecht“. Er könne sich nicht vorstellen, dass „diese Art des Regierens in Deutschland“ noch zwei Jahre andauere. Die Gäste bei „Maybrit Illner“ ließen hingegen kein gutes Haar an Merz.
„Maybrit Illner“ zum Zustand der CDU – das waren die Gäste:
- Carsten Linnemann (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unions-Fraktion
- Prof. Dr. Ursula Münch, Professorin an der Akademie für Politische Bildung Tutzing
- Bernhard Vogel (CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen
- Alexander Marguier, „Cicero“-Chefredakteur
- Anja Maier, „taz“-Parlamentsredakteurin
- Albrecht von Lucke, Publizist und Politikwissenschaftler
„Rache und Eitelkeit“ sah „taz“-Redakteurin Anja Maier in den Angriff von Friedrich Merz. Und die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch fügte hinzu, dass das ja nichts Neues in der CDU sei. Seit Beginn von Merkels Kanzlerschaft sei das in der Union zu beobachten. „Es wird bisher nur gemeckert, aber niemand sagt, was er eigentlich möchte“, sagte Ursula Münch.
Der beste Spruch
Hat sich Friedrich Merz mit seiner Kritik möglicherweise selbst ins Abseits geschossen? Sein Plan, die Stimmung gegen Merkel und AKK anzuheizen, dürfte wohl nicht funktioniert haben. Die Reihen hinter den beiden Frauen haben sich nach Merz‘ Äußerungen eher geschlossen.
„Die Durchschlagskraft einer Kritik hängt auch an ihrer Qualität“, sagte CDU-Grande Bernhard Vogel – das war eine nett formulierte Watsche für Friedrich Merz von seinem Parteikollegen. Albrecht von Lucke setzte noch einen drauf, nannte Merz‘ Handeln „Dilettantismus“.
Die klügste Frage
„Ist die CDU noch eine Männerpartei, die aus Versehen von einer Frau geführt wird?“, fragte Illner. Anja Mayer von der „taz“ wollte das zwar nicht ganz bestätigen, aber dass bald wieder ein Mann an der Spitze stehen wird, hält sie für wahrscheinlich. Zumindest als potenzielle Kanzlerkandidaten der CDU werden ja nur noch Männer gehandelt: Friedrich Merz, Jens Spahn, Armin Laschet, Markus Söder. Frauen? Fehlanzeige. TitelTypStatusUserErstellungsdatum
Die steile These
Was Merz gelungen ist: Seine Kritik an Merkel entzündete die Debatte um die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Ihre Bilanz nach einem Jahr an der Parteispitze wird in der gesamten Runde als negativ gesehen. Eine klare Kante, da ja nun auch zwei Christdemokraten mitdiskutierten. Und eine neue Initialzündung für die Frage nach der Rolle von Merz im Machtkampf.
Die Bundesregierung sei, so der Tenor der Runde, dagegen gar nicht so schlecht. „Ich kenne keine Regierung in Europa, die so gut arbeitet wie die Bundesregierung“, sagte Vogel. Das war eine steile These – ohne Beleg.
Inhalt? Fehlanzeige.
Nun ist es natürlich naheliegend, die Ursachen für den Zustand der CDU anhand von Personen zu diskutieren. Die Runde führte Führungsqualitäten, Glück und Pech oder Beliebtheitswerte ins Feld – aber Inhalte? Fehlanzeige. Carsten Linnemann fand die Zuspitzung auf die Bewertung der einzelnen Personen auch abwegig. Doch seine Antwort war bemerkenswert: „Wir sollten lieber über Teams sprechen.“
Nur ganz am Schluss der Sendung, nachdem Albrecht von Lucke der CDU vorwarf, anlässlich der Erfolge von AfD und Linkspartei in Osten, gerade erst in Thüringen, Links- und Rechtsextremismus gleichzusetzen und damit die Gefahr von Rechts zu verharmlosen, ging es dann doch einmal um Inhaltliches. Und schon wurde lebhaft diskutiert. Vor allem allerdings über die AfD.
Das Fazit
Maybrit Illner wie auch die CDU haben es sich mit ihrer Fokussierung auf die einzelnen CDU-Größen leicht gemacht. Aber mehr als Geplauder kam dabei nicht rum. Die Sendung wurde erst ganz zum Schluss spannend, als es wirklich um Inhaltliches ging.
Das sollte der Sendung wie auch der CDU zu denken geben: Interessant wird es, wenn nicht Fernanalysen über einzelne Personen geliefert werden, sondern es um inhaltliche Abgrenzungen zu anderen Parteien geht. Der anstehende Parteitag dürfte die Einleitung zu einem heißen Herbst für die CDU werden. jjk