Berlin. Im Kampf um den CDU-Vorsitz ist Friedrich Merz gescheitert. Politisch hält er sich mit verschiedenen Auftritten aber im Gespräch.

Der große blaue Saal der Bundespressekonferenz scheint Friedrich Merz nervös zu machen. Bei seinem Auftritt dort im Oktober – als er offiziell verkündete, Vorsitzender der CDU werden zu wollen – blieb er ganze 22 Minuten. Beim Auftritt zum Aufruf der Deutschen Nationalstiftung zur Europawahl am Dienstag hielt es der 63-Jährige doppelt so lange aus. Doch dann drängte erneut die Zeit.

„Ich muss los“, sagte er in Richtung Journalisten. Die anderen Podiumsteilnehmer, die ehemaligen SPD-Minister Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel sowie der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), schauten ihn ein wenig entrüstet an. Schließlich wandten sich alle vier Senatoren der Stiftung mit einem dringenden Aufruf an die Europäer, zur Wahl zu gehen und gegen die Populisten in Europa zu stimmen. Dafür kam es zu dem ungewöhnlichen überparteilichen Zusammenschluss.

Volles Programm für Merz

Doch der ehemalige Unionsfraktionschef Merz hatte am Dienstag in Berlin ein volles Programm. Am Nachmittag wollte der Vorstand der Organisation Atlantik-Brücke, deren Chef er bislang ist, einen Kandidaten für die Nachfolge bestimmen.

Im Gespräch ist Sigmar Gabriel, eine Entscheidung trifft die Mitgliederversammlung am 26. Juni.

Am Abend dann sollte Merz ein Grußwort zum 70. Geburtstag des CSU-Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages sprechen. Die Einladung erfolgt vom einflussreichen Parlamentskreis Mittelstand (PKM) der Unionsfraktion. Dessen Vorsitzender Christian von Stetten war einer der großen Unterstützer von Merz im Vorfeld des CDU-Parteitags.

Ein strammes Programm für jemanden, der in Berlin kein politisches Amt inne hat. Alles Zufall, winkt Merz’ Umfeld ab, die Termine hätten sich einfach an einem Tag geballt.

Merz hat „wieder politisches Blut geleckt“

Und doch wird der 63-Jährige spätestens am 4. Juni wieder in Berlin bei einem wichtigen Termin anwesend sein. Dann stellt er sich der Bundesdelegiertenversammlung des CDU-Wirtschaftsrats zur Wahl als stellvertretender Präsident. Damit hätte er dann ein Amt in einem der CDU nahe stehenden Gremium. Für Merz, der „wieder politisches Blut geleckt“ habe, wie ein langjähriger Wegbegleiter es beschreibt, sind die Auftritte im politischen Berlin wichtig, besonders auch im Kreise der Fraktion.

Dort ist die Unterstützung für ihn seit dem CDU-Parteitag nicht gewachsen. Viele nehmen ihm bei aller Begeisterung für ein stärkeres wirtschaftspolitisches Profil der Union doch übel, dass er nach seiner Niederlage beim Parteitag in Hamburg eine stärkere Einbindung in die Gremien der CDU abgelehnt hatte. Man verweist darauf, dass es viele politische Talente auch in den eigenen Reihen gebe. „Der Hype ist unnötig“, sagen etwa Jüngere.

Wird er im Fall einer Neuwahl Wirtschaftsminister?

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hatte im Interview mit unserer Redaktion darauf hingewiesen, die Rolle von Merz nicht überzubewerten. Dieser sei Teil der CDU und das sei auch gut so. Er werde Vizepräsident des Wirtschaftsrats. „Ich warne aber davor, sich bei frei werdenden Positionen immer auf Friedrich Merz zu konzentrieren.“ Die CDU sei mehr als CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Merz.

Friedrich Merz im Interview: Zweifel am Fortbestand der Koalition bis 2021

Merz selbst hatte im Interview mit unserer Redaktion über sein politisches Comeback gesagt: „Wenn ich gefragt werde, bin ich bereit ein Amt in der Regierung zu übernehmen.“ Er ist immer mal wieder im Gespräch, etwa als Wirtschaftsminister im Fall einer Neuwahl.

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer band ihn bei einem Parteitermin in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen ein. Beide suchen öffentlich den Schulterschluss zu dokumentieren, Merz erkannte Kramp-Karrenbauers Führungsrolle öffentlich an. Er wartet ab.

Am Dienstag jedenfalls sagte er etwas zum Ärger der EVP mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Und zu den Sanktionen der USA gegen den Iran. Ein Anfang.

(Kerstin Münstermann)