Berlin. Die Grundrente geht auf die SPD zurück und steht im Koalitionsvertrag. Nun meldet sich Söder mit eigener Variante der Grundsicherung.

Wenn sich die CSU zu Wort meldet, dann muss es krachen. So gesehen war es unausweichlich, dass CSU-Chef Markus Söder seinen Vorschlag für eine Grundrente mit einer ordentlichen Breitseite gegen den Koalitionspartner garnierte. „Die SPD bricht den Koalitionsvertrag, wir verbessern ihn“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur.

Ihr überreichte er auch sein Konzept zur Grundrente. Offiziell veröffentlicht ist es nicht. Söder zufolge handelt es sich um einen „Rentenschutzschirm“. Mehrere Hunderttausend Rentner sollen darunter Platz haben.

Hubertus Heil beißt zurück

Während die CDU Sympathien für die Pläne aus München äußerte, reagierte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bissig: „Von meinem Vorschlag profitieren drei Millionen Menschen, zu 75 Prozent übrigens Frauen“, teilte der Minister mit. Die CSU-Ideen würden nur „einem Bruchteil“ dieser Menschen helfen „und den Großteil derjenigen, die sich eine Grundrente verdient haben, außen vor lassen.“ Was Heil nicht sagte: Die CSU-Ideen sind auch weniger teuer.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). © dpa | Michael Kappeler

Will man das Wortgefecht positiv interpretieren, dann tritt die Diskussion um die Grundrente nun in die heiße Phase. Das könnte bedeuten, dass eine Lösung nicht allzu fern ist. Heil hat für Mai einen Gesetzentwurf angekündigt, wobei unklar ist, ob er ihn noch vor dem 26. Mai vorlegen wird – an diesem Termin findet die Europawahl statt und die Landtagswahl in Bremen. Die Grundrente soll der SPD in beiden Fällen ordentlich Stimmen bringen.

Grundrente steht im Koalitionsvertrag

Dass die Grundrente kommt, steht im Koalitionsvertrag. CDU, CSU und SPD hatten damals beschlossen: „Wir honorieren Lebensleistung und bekämpfen Altersarmut.“ Die Grundrente soll Menschen helfen, die im Alter auf die Grundsicherung angewiesen sind – also auf das unterste soziale Netz –, obwohl sie jahrzehntelang gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben.

Konkret soll die Grundrente laut Koalitionsvertrag „zehn Prozent über der Grundsicherung“ liegen. Sie soll gelten „für bestehende und zukünftige Grundsicherungsbezieher, die 35 Jahre an Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung bzw. Pflegezeiten aufweisen“. Voraussetzung für den Bezug soll „eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung sein“.

Grundsicherung überall unterschiedlich hoch

Von dieser Vereinbarung haben sich alle drei Parteien aber schon deshalb entfernt, weil die Grundsicherung überall in Deutschland unterschiedlich hoch ist. Der zehnprozentige Aufschlag lässt sich also in der Praxis kaum realisieren.

Arbeitsminister Heil hat den Koalitionsvertrag mit seinem Konzept noch ein bisschen weiter hinter sich gelassen, weil er nicht prüfen will, ob jemand die Grundrente wirklich braucht.

Kommentar: Die Grundrente sollten nur die bekommen, die sie brauchen

Diese „Bedürftigkeitsprüfung“ gebe es im Rentensystem nicht, argumentiert Heil. Das ist insofern schlüssig, als das Konzept des SPD-Politikers tatsächlich nur bei der Rente ansetzt und die Grundsicherung außen vor lässt. Heil will niedrige Renten so weit aufwerten, dass diese Rentner gar keine Grundsicherung brauchen – und damit auch ihr Vermögen nicht mehr offenlegen müssen.

Der Preis dafür ist relativ hoch: Weil von Heils Konzept Millionen von Rentnern profitieren würden, kostet es rund fünf Milliarden Euro pro Jahr. Der Grund: Es würde auch Rentner erreichen, die zwar eine Mini-Rente haben, aber in einem Haushalt mit hohen anderen Einkünften leben – durch den Partner, durch Betriebsrenten oder durch Mieten oder Kapitaleinkommen.

Rentenpolitik mit der Gießkanne

Gerade wegen des sehr großen Empfängerkreises und der hohen Kosten wirft CSU-Chef Söder der SPD und Heil den Koalitionsbruch vor. Sie würden „Rentenpolitik mit der Gießkanne“ betreiben. Der bayerische „Rentenschutzschirm“ dagegen soll gezielter helfen. Söder will erreichen, dass Rentner mit kleiner Rente immer einen Teil davon behalten dürfen. Das ist aktuell nicht der Fall: Wer Grundsicherung im Alter bekommt, dem wird die gesetzliche Rente ganz oder teilweise angerechnet.

Bei Riester- oder Betriebsrenten wurde diese Regel schon geändert, bei der gesetzlichen Rente noch nicht. Geht es nach der CSU, soll jemand, der eine kleine Rente hat, bis zu 212 Euro pro Monat als Freibetrag davon behalten können.

Diese Idee ist nicht neu. Es ist ziemlich genau die Empfehlung, die Experten aus Heils Ministerium zusammen mit anderen Rentenfachleuten aus den Sozialministerien der Länder, von Gewerkschaften, Arbeitgebern und den Kommunen rund um den Jahreswechsel gemacht hatten. Heil fand aber die Zahl der Empfänger zu gering.

Im Fall der CSU sollen nun rund 175.000 Menschen davon profitieren. Sie rechnet mit Kosten von rund 445 Millionen Euro im Jahr. Einen zusätzlichen Freibetrag soll es für Bezieher der Mütterrente geben – auch diese soll nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet werden.

CDU begrüßt CSU-Vorstoß

Das soll laut CSU 50 bis 60 Millionen Euro kosten und bis zu 60.000 Rentnerinnen erreichen. Das Schonvermögen, das Grundsicherungsbezieher behalten dürfen, will die CSU von 5000 auf 15.000 Euro verdreifachen. Auch bei dem CSU-Vorschlag soll die Voraussetzung sein, dass jemand 35 Jahre in die Rentenkasse gezahlt hat. In der CDU findet der Plan Zustimmung. Aber wie genau die Bedürftigkeit geprüft wird, ist unklar.

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