BerlIN. Scholz lehnt bei der Grundrente die von der Union geforderte Bedürftigkeitsprüfung ab. Der Minister will, dass Rentner profitieren.

Neue Runde im Profilierungspoker um die Grundrente zwischen SPD und Union: Bundesfinanzminister Olaf Scholz lehnt eine Bedürftigkeitsprüfung bei der geplanten Grundrente für Geringverdiener ab.

„Der SPD-Vorschlag zur Grundrente verzichtet ganz bewusst auf die Bedürftigkeitsprüfung, damit sich niemand davon abschrecken lässt, sie zu beantragen“, sagte der Vizekanzler der „Rheinischen Post“.

Grundrente kostet eine Menge Geld im Haushalt

Im Streit mit CDU und CSU, die auf der Bedürftigkeitsprüfung bestehen, ginge es letztlich um die Frage: „Bekommen nur 100.000 Menschen die Grundrente – oder drei bis vier Millionen?“ Als Kassenwart weiß Scholz, dass der SPD-Wunsch, den Kreis der Empfänger möglichst groß zu ziehen, ihn eine hübsche Stange Geld kosten wird.

Parteifreund und Sozialminister Hubertus Heil will bei der Grundrente ebenfalls großzügig auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten – die aber ist im Koalitionsvertrag verankert. Heils Plan sieht automatische Renten-Zuschläge für Geringverdiener vor, die mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt haben.

Kommt die Grundrente auch für Teilzeitbeschäftigte?

Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten sollen zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme bis zu 447 Euro monatlich als Zuschlag. Dies würde um die fünf Milliarden Euro oder mehr im Jahr kosten. Zwölf wichtige Fakten zur Grundrente für Geringverdiener.

CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer pocht auf die Prüfung der Bedürftigkeit. Eine Grundrente aus Steuergeld wäre nämlich ein willkürlicher politischer Eingriff in das Rentensystem und würde das Prinzip, jeder kriegt so viel, wie er eingezahlt hat, aushebeln. Das wurde aber bei der Mütterrente auf Druck der CSU jedoch auch schon gemacht.

Scholz erteilt der Union eine Absage

Dem Kompromissvorschlag von Unionsseite, eine Bedürftigkeitsprüfung einzuführen, dabei aber selbst genutztes Wohneigentum außen vor zu lassen, erteilte Scholz ebenfalls eine Absage. Das sorge nur für Enttäuschung (es stehen Wahlen vor der Tür). „Eine Grundrente, die nur 100.000 Menschen bekommen, ist keine Grundrente“, betonte er.

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    Er verteidigte auch, dass Teilzeitbeschäftigte nach 35 Beitragsjahren ebenso Anspruch auf die Grundrente erhalten sollen wie Vollzeitarbeiter. „Viele Frauen haben oft Teilzeit gearbeitet, weil sie Kinder großgezogen oder Angehörige gepflegt haben. Wenn die hören, dass sie die Grundrente nicht bekommen sollen, ist das ungerecht.“

    Freibetrag für Rentner gefordert

    Zusätzlich zu der geplanten Grundrente fordert der Sozialverband VdK Deutschland einen Freibetrag für Rentner in der Grundsicherung. Davon würden nach einer Studie des Prognos-Instituts insgesamt 1,8 Millionen Menschen mit geringen Renten profitieren, berichtete die „Neue Osnabrücker Zeitung“.

    Insgesamt würden dafür 4,97 Milliarden Euro im Jahr benötigt, wenn alle Anspruchsberechtigten den Freibetrag in Anspruch nähmen, heißt es in der Prognos-Studie.

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte, sie begrüße es, dass Heil plane, bei den Zugangsvoraussetzungen für die Grundrente von 35 Beitragsjahren nachzubessern. „So können auch Arbeitnehmer von der Grundrente profitieren, die beispielsweise nur 34 Jahre in die Rentenkasse einbezahlt haben.“

    „Das ist nicht gerecht“

    Zugleich betonte Bentele: „Im Kampf gegen Altersarmut braucht es darüber hinaus weitere Maßnahmen für Arbeitnehmer, die längere Zeit arbeitslos waren oder krankheitsbedingt jahrelang nicht arbeiten konnten.“ Für diese Menschen, die nur sehr geringe Rentenansprüche erworben hätten und deshalb im Alter auf Grundsicherung angewiesen seien, müsse etwas getan werden. Aktuell werde deren Rente zu 100 Prozent mit der Grundsicherung verrechnet.

    Bentele: „Das ist nicht gerecht. Deshalb braucht es einen Freibetrag für die gesetzliche Rente in der Grundsicherung in Höhe von 212 Euro, wie es ihn derzeit schon für die betriebliche und private Altersvorsorge gibt.“

    Die Staatskasse sprudelt voll Geld

    Viele Wünsche im Sozialwesen, aber reicht das Geld, um alle zu erfüllen? Trotz der Konjunkturabkühlung verbuchte der Staatshaushalt zwar auch 2018 den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung: Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung nahmen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zusammen 58 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben.

    „Der Anteil des Bundes beträgt 11,2 Milliarden Euro – einmalig“, sagte Scholz, der mahnte: „Und für das laufende Jahr rechnen wir nicht wieder mit einem Überschuss.“

    Bis 2023 droht eine Lücke von 25 Milliarden Euro

    Scholz will damit neue Ausgabenwünsche abwehren. Während es aus der Union zunehmend Forderungen gibt, den Soli-Steuerzuschlag – anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen – ab 2021 nicht nur für 90 Prozent, sondern für alle Steuerzahler (auch Spitzenverdiener) zu streichen, hält Scholz dagegen.

    Hintergrund: Finanzminister Scholz war bei Illner in Spendierlaune

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    „Die Summe würde schlicht nicht ausreichen, den Soli komplett abzuschaffen.“ Die schwächelnde Konjunktur (die drohenden US-Strafzölle für deutsche Autos sind dabei noch gar nicht vollständig eingepreist) reißt in den Bundeshaushalt bis 2023 ohnehin eine Lücke von fast 25 Milliarden Euro. Dabei hat die Regierung zugesagt, noch mehr Geld in die Bundeswehr zu pumpen, um Deutschlands Nato-Zusagen näherzukommen.