Berlin. Die Mittelmeer-Mission „Sophia“ wird ausgesetzt. An diversen Orten kämpft die Bundeswehr gegen Islamisten. Ein Überblick der Einsätze.

In ein paar Tagen ist Schluss. Am 6. Februar läuft die Fregatte „Augsburg“ aus. Von Catania auf Sizilien steuert sie den Heimathafen Wilhelmshaven an. Der Abzug ist die Konsequenz aus dem Streit um die „Mission Sophia“. Das Ziel war, Schleuserkriminalität zu bekämpfen – im Alltag stand die Seenotrettung im Vordergrund, zuletzt zum Missfallen Italiens.

Die Kommandozentrale in Rom hielt Schiffe anderer Staaten auf Abstand zu den Hotspots der Flüchtlinge. „Sophia“ ist eine von vielen Auslandsmissionen und auch ein Dauerbrenner für den Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), der an diesem Dienstag seinen Jahresbericht vorstellt. Es folgt ein Überblick der Auslandseinsätze:

Kosovo

Seit 1999 ist die Bundeswehr im Kosovo. Die Uno wollte nach dem Jugoslawien-Krieg für ein sicheres Umfeld sorgen. Der Einsatz wurde schrittweise reduziert. Zum 52. deutschen Kontingent zählen 91 Soldaten. „Jetzt sind wir auf der Zielgeraden“, sagte der Wehrbeauftragter Hans-Peter Bartels (SPD) unserer Redaktion.

Nun ist die Politik gefordert, für Stabilität zu sorgen. „Was Militär erreichen kann, hat die Nato im Kosovo erreicht. Wir hatten einen langen Atem.“ Fazit: Auftrag erfüllt.

Afghanistan

In Afghanistan ist die Truppe seit Januar 2002. Nach der Terrorattacke in New York vom 11. September 2001 sagte die Bundesregierung den USA uneingeschränkte Solidarität zu. Aus dem Einsatz gegen die Terrororganisation Al-Kaida am Hindukusch ist die Ausbildungsmission „Resolute Support“ geworden.

Trotz Milliardeninvestitionen sind die einheimischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, das Land vollständig zu kontrollieren. Militärisch herrscht im Kampf mit den Taliban ein Patt. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD) sagte unserer Redaktion, „die Twittereien“ von US-Präsident Donald Trump hätten „dem Prozess der Friedensgespräche geschadet“. Trump will seine Soldaten abziehen.

Das Mandat für die 1328 deutschen Soldaten wird Ende März verlängert. Ziehen die Amerikaner ab, geht die Bundeswehr früher.

Mali

Bis zu 1100 deutsche Soldaten sind in Westafrika im Einsatz. Regelmäßig verüben Dschihadisten Anschläge. Für die Bundeswehr ist es die gefährlichste Mission. „Die Soldaten müssen raus aus Mali – damit das Land kein zweites Afghanistan wird“, fordert Christine Buchholz von der Linken-Fraktion. Den Frieden zu stabilisieren, ist Aufgabe von MINUSMA, der 11.000 Blauhelm-Soldaten aus vielen Staaten angehören.

Deutschland stellt Personal für das Hauptquartier in Bamako, unterhält in Niamey, der Hauptstadt des benachbarten Niger, einen Lufttransportstützpunkt, und trainiert die malischen Militärs im Rahmen der Mission EUTM. „Mali hat eine Schlüsselfunktion für die gesamte Sahelregion in Afrika“, sagte der CDU-Wehrexperte Henning Otte unserer Redaktion. Die Große Koalition dürfte das Mandat im Mai verlängern.

Westsahara, Libyen, Sudan

In der Westsahara kontrollieren unter anderem zwei deutsche Soldaten den Waffenstillstand mit den Rebellen (Operation MINURSO). Ferner stellte die Bundeswehr zwei Militärberater in Libyen (UNSMIL) und drei Stabsoffiziere für die Afrikanische Union ab.

Sie unterstützen die UN-Friedensmission UNAMID im Sudan. Außerdem sichern 13 deutsche Soldaten im UN-Auftrag unter anderem den Zugang für humanitäre Hilfe im Südsudan (UNMISS).

Irak

Mit 434 Soldaten bildet die Bundeswehr nach den kurdischen Peschmerga die irakische Armee aus. Zudem hilft sie im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ mit Luftbetankung und Aufklärung. Der Grünen-Wehrexperte Tobias Lindner fragt sich, „ob der Einsatz der Tornados inzwischen nicht reine Symbolpolitik ist. Bisher konnte mir nie jemand nachvollziehbar darlegen, was der tatsächliche „Zusatznutzen“ der Bilder der Tornados sein soll“, erklärte er unserer Redaktion.

Der Auftrag endet am 31. Oktober. Seine völkerrechtliche Legitimation ist für Lindner „mehr als fragwürdig“. Er kritisierte, dass Deutschland in einer Koalition der Willigen statt im Rahmen der Nato agiere.

Vor Somalias Küste

Am Anti-Piraterie-Einsatz vor der Küste Somalias beteiligt sich die Marine mit 23 Stabsoffizieren. Die Europäer sind mit nur einem spanischen Schiff vertreten. Die bis Mai terminierte Mission wird verlängert. Das pragmatische Argument: Der deutsche Beitrag ist gering. Die politische Begründung: Ziehen die Kriegsschiffe ab, könnten die Angriffe auf Handelsschiffe wieder losgehen.

Mittelmeer

Gering ist auch der Aufwand bei „Sea Guardian“. Das ist eine Nato-Operation zur Überwachung und Bekämpfung des Terrorismus im Mittelmeer. „Ein Rohrkrepierer“, sagte der Linke-Abgeordnete Matthias Höhn unserer Redaktion. „Die Bilanz lautet: Null Terroristen auf See verhaftet, null Waffen sichergestellt.“ Jedes Kriegsschiff, das Gibraltar passiert und Kurs auf das Mittelmeer nimmt, meldet sich für „Sea Guardian“ an – und wieder ab, sobald es das Gebiet verlässt.

Seeraumüberwachung steht im Vordergrund bei „Unifil“, einer Operation vor der libanesischen Küste. Die Korvette „Oldenburg“ mit der 124-köpfigen Besatzung liegt in Limassol auf Zypern vor Anker, die Besatzung wechselt gerade. Das Mandat geht bis Juni 2019 und wird verlängert.

„Jährliches und plumpes Copy-and-paste der Mandatstexte“, schimpft Höhn. Es gibt einen einfachen Grund, warum die Bundesregierung am Einsatz festhält: Es ist eine Uno-Mission, die Bundesrepublik ist gerade Mitglied im Sicherheitsrat und strebt sogar einen ständigen Sitz an.