Berlin/Washington. Jens Spahn trifft sich im Weißen Haus mit Sicherheitsberater Bolton. Der Zeitpunkt könnte für den Gesundheitsminister kaum besser sein.

Jens Spahn hat gute Drähte nach Washington. Der 38-jährige Gesundheitsminister ist mit dem amerikanischen Botschafter Richard Grenell befreundet, einem engen Vertrauten von US-Präsident Donald Trump. Spahn hat sich auch schon mal mit Steve Bannon getroffen, damals noch Trumps Chefstratege. Bei seiner jüngsten US-Visite wurde der junge deutsche Gesundheitsminister nun im Weißen Haus empfangen: Spahn traf sich mit Trumps Sicherheitsberater John Bolton. Der Zeitpunkt könnte für den CDU-Politiker kaum besser sein.

Eine gute halbe Stunde dauerte das Treffen, die beiden sprachen vor allem über den Kampf gegen Epidemien und Terrorismus mit biologischen Waffen. „Wir waren uns einig, dass wir auf diesem Gebiet noch enger zusammenarbeiten müssen, um im Krisenfall schneller reagieren zu können“, sagt Spahn im Anschluss an die Begegnung.

Im Juni war in Köln ein Tunesier festgenommen worden, der einen Anschlag mit dem Giftstoff Rizin geplant haben soll. Der damals 29-Jährige hatte Kontakte zur Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) und soll von ihr auch zu einem Anschlag animiert worden sein. Der Fall zeige, dass Anschläge mit biologischen Waffen nicht nur eine theoretische Bedrohung darstellten, so Spahn. „Bioterrorismus ist die Atombombe des armen Mannes. Da kann man mit wenig Aufwand Schreckliches anrichten.“

Spahn gilt seit längerem als potenzieller Merkel-Nachfolger

Spahn mag den Besuch in Trumps Machtzentrale offiziell als Arbeitstreffen bewerten – dahinter steht jedoch mehr: Wer einen Termin im Weißen Haus bekommt, sendet damit auch ein Signal nach Hause: „Seht her, wie wichtig sie mich dort finden!“ Zweite Botschaft: Hier denkt einer über den Tag hinaus. „Wir sollten mehr Felder im transatlantischen Verhältnis suchen, auf denen wir kooperieren können“, sagt Spahn. Und mit Blick auf Trump: „Diese transatlantischen Beziehungen sind größer als die Frage, was getwittert wird.“ Es bleibe dabei, dass die USA der wichtigste Partner Deutschlands außerhalb Europas seien.

Spahn zählt seit Längerem zum Kreis der möglichen Nachfolger von Angela Merkel. Jahrelang profilierte er sich als Kritiker der Kanzlerin, seit Spahn Gesundheitsminister in Merkels viertem Kabinett ist, hat sich der Ton gewandelt: Spahn bemüht sich, als zupackender Problemlöser im komplizierten deutschen Gesundheitswesen Punkte zu machen.

Suche nach Merkel-Nachfolger ist drängender denn je

Durch die jüngsten Krisen der Koalition, die Fehler der Kanzlerin im Fall Maaßen und ihre Niederlage bei der Abwahl von Fraktionschef Volker Kauder ist die Debatte um die Zeit nach Merkel jedoch wieder neu entbrannt – und die Suche nach einem Nachfolger drängender denn je.

Die nächste Möglichkeit, die potenziellen Bewerber zu prüfen, steht bereits vor der Tür: Wenige Tage nach seiner Washington-Reise ist Spahn am kommenden Wochenende zu Besuch beim Bundestreffen der Jungen Union (JU) in Kiel. Auch die anderen möglichen Merkel-Nachfolger treten dort auf – CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie Armin Laschet und Daniel Günther, die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

Das Schaulaufen der Kandidaten dürfte einen Vorgeschmack liefern auf die Debatten beim Bundesparteitag der CDU Anfang Dezember.

Beim Treffen des Parteinachwuchses wird zudem auch ein besonders umstrittener Gast ans Rednerpult treten: Spahns Freund, US-Botschafter Grenell. Der Diplomat war Sprecher von Sicherheitsberater Bolton in dessen Zeit als UN-Botschafter. Auch dieser Draht dürfte Spahn den Zugang ins Weiße Haus geebnet haben.