Berlin. CDU und CSU haben Ralph Brinkhaus zum neuen Fraktionschef gewählt. Die Wahl wurde auch als Stimmungstest für Kanzlerin Merkel gesehen.

Die Unionsfraktion im Bundestag hat ihren Vorsitzenden Volker Kauder nach 13 Jahren im Amt gestürzt und Ralph Brinkhaus zum Vorsitzenden gewählt. Brinkhaus gewann am Dienstag mit 125 zu 112 Stimmen überraschend die Kampfabstimmung gegen Kauder.

Zwei Abgeordnete enthielten sich. Dieses Signal der Unions-Abgeordneten dürfte auch der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel gegolten haben.

Brinkhaus waren im Vorfeld kaum Chancen zugeschrieben worden. Nach Einschätzungen von erfahrenen Unionsabgeordneten hätte er etwa 30 Prozent der Stimmen auf sich ziehen können. Schon das wäre ein weiterer Schlag für die strauchelnde Merkel gewesen.

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Brinkhaus: „Deswegen ist das auch kein großes Drama“

Brinkhaus bemüht sich indes, den Schaden für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kleinzureden. Zwischen ihm und seinem Vorgänger Volker Kauder – Merkels Favoriten – gebe es „keinen großen Unterschied“, sagte er am Dienstagabend im „heute journal“ des ZDF.

„Deswegen ist das auch kein großes Drama.“ Die Unionsfraktion hatte Kauder nach 13 Jahren im Amt gegen den Willen Merkels gestürzt. Und weiter: „Ich habe den Willen, sie zu unterstützen, die Regierung stark zu machen.“

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Er sehe Merkel nicht beschädigt: „Nein, überhaupt nicht.“ Es sei „total anständig, freundschaftlich und loyal“, dass Merkel Kauder unterstützt habe. Zur Forderung, sie solle nun die Vertrauensfrage stellen, sagte Brinkhaus, das sei „Blödsinn“.

FDP-Chef Christian Lindner hatte Merkel diesen Schritt nahegelegt. „Eine instabile Regierung, die nur mit sich selbst streitet und keine Richtung vorgibt, hat das Land nicht verdient“, sagte Lindner am Dienstag. „Deshalb empfehle ich Frau Merkel, die Vertrauensfrage zu stellen. Das sind die weiteren Reaktionen auf den Brinkhaus-Sieg.

Wahl galt als Stimmungstest für Merkel

Erst die Asylkrise, dann die Causa Maaßen: Nach zwei dramatischen Regierungskrisen innerhalb weniger Monate galt die Wahl auch als Stimmungstest für die Kanzlerin. Kauder gilt als einer ihrer engsten Vertrauten.

Der 69-Jährige war genauso lange Fraktionsvorsitzender, wie Merkel Regierungschefin. Die CDU-Vorsitzende hatte sich für eine Wiederwahl Kauders ausgesprochen. Auch CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprachen sich wiederholt für Kauder aus.

Kauder wurde schon 2017 abgestraft

Nach seiner ersten Wahl vor 13 Jahren musste Fraktionschef Kauder (CDU/69) erstmals sein Amt gegen einen Mitbewerber verteidigen. Kauder war nach dem für die Union enttäuschenden Abschneiden bei der Bundestagswahl bei der Wiederwahl des Fraktionschefs im vergangenen Jahr ohne Gegenkandidat mit einem Ergebnis von nur 77 Prozent abgestraft worden. Zuvor hatte der Baden-Württemberger meist Zustimmungswerte von weit über 90 Prozent erhalten – 2013 waren es sogar 97,4 Prozent.

Der Erfolg Brinkhaus’ ist nach zwei dramatischen Regierungskrisen innerhalb weniger Monate ein deutliches Zeichen des schwindenden Rückhalts für Merkel in der Fraktion gewesen. Es galt als wahrscheinlich, dass viele Abgeordnete der Kanzlerin eins auswischen wollten. Zumal die Abstimmung anonym durchgeführt wurde. Konsequenzen müssen sie also nicht fürchten.

Darum trat Brinkhaus gegen Volker Kauder an

Brinkhaus begründete seine Kandidatur unter anderem mit dem Wunsch nach einer aktiveren Rolle der Unionsfraktion gegenüber der Regierung. Zudem will sich der 50-Jährige für mehr Teamgeist einsetzen. Wiederholt hatte er betont, seine Kandidatur richte sich nicht gegen Merkel.

Das wollte Volker Kauder bei einer Wiederwahl erreichen

Volker Kauder hatte gesagt, er wolle die nächsten Jahre gemeinsam mit der Fraktion gestalten. Es komme entscheidend auf die Union an, wenn es darum gehe, die Arbeit der Koalition mit Augenmaß zu prägen.

In der Unionsfraktion will man sich nach dem Streit um die Personalie Hans-Georg Maaßen, der die Regierung beinahe zum Zusammenbruch geführt hatte, eigentlich wieder der Sacharbeit widmen. Das sagte auch Angela Merkel am Montag, als sie sich für das Verhalten der Regierung entschuldigt hatte. (dpa/bekö)