Brüssel. Positive Signale in Brüssel: Irans Außenminister lobt die Bemühungen der EU-Regierungschefs um den Fortbestand des Nuklearvertrags.

Der kleine Atomgipfel in Brüssel hatte noch nicht begonnen, da zeigte sich der iranische Außenminister Dschawad Sarif schon zufrieden: Bei den Bemühungen, das Atomabkommen zu erhalten, seien Iran und die EU auf einem guten Weg, sagte Sarif am Dienstagmittag. Gerade hatte er ein erstes Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini absolviert, „gut und konstruktiv“ sei es verlaufen, man sei auf dem „richtige Weg“, lobte Sarif.

Auch Mogherini sprach von einer sehr produktiven Begegnung. Am Abend kam der Gast aus Teheran dann in großer Runde mit Mogherini und den Außenministern Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens zusammen, um zu beraten, wie das Atomabkommen zu retten ist – auf die Stunde genau eine Woche, nachdem Präsident Donald Trump den Ausstieg der USA bekanntgegeben hatte.

Nicht nur der Brüsseler Auftritt Sarifs ist ein überraschend klarer Hinweis, dass das Abkommen vielleicht doch am Leben gehalten werden kann. Am Mittwochabend wollen auch die EU-Regierungschefs bei einem Treffen in Sofia unmissverständlich ihre Entschlossenheit demonstrieren.

Der Iran fordert Garantien für den Erhalt der Wirtschaftsbeziehungen

Die Gipfel-Botschaft fasste Ratspräsident Donald Tusk vorab so zusammen: Solange der Iran seinen Verpflichtungen nachkomme – was vor allem den Verzicht auf die Produktion von kernwaffenfähigem Uran bedeutet –, solange werde die EU den Deal ebenfalls einhalten. Daran, so Tusk, dürfe kein Zweifel gelassen werden.

Im Zentrum der europäischen Bemühungen steht jetzt die Forderung Irans nach Garantien, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Iran erhalten bleiben, Teheran von den vereinbarten Sanktionserleichterungen weiter profitiert – trotz der US-Drohungen, neue Sanktionen gegen westliche Unternehmen zu verhängen, die auch künftig im Iran aktiv sind.

Wie die Garantien in der Praxis aussehen können, ist offen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll den Regierungschefs in Sofia Überlegungen dazu vorstellen. Im Gespräch ist eine Unterstützung betroffener Firmen mit Geldern oder Ausfallbürgschaften mit EU-Geldern.

Gibt es ein „Blocking Statute“?

Dass dies große Konzerne mit Niederlassungen in den USA davon abhalten würde, sich dem amerikanischen Druck zu beugen, bezweifeln Experten. Deshalb wird auch überlegt, europäischen Unternehmen gesetzlich unter Strafe zu verbieten, sich an US-Sanktionen gegen den Iran zu halten; Vorbild wäre ein Gesetz, das 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, Iran und Libyen erlassen worden war.

US-Rückzug aus Atomdeal: Sorge vor Eskalation in Nahost

weitere Videos

    „Dies ist eine der Optionen“, heißt es in Kommissionskreisen. Auch der EU-Außenexperte David McAllister hält eine solche Aktivierung des „Blocking Statute“ für denkbar, ebenso wie die Ausweitung des Mandats der Europäischen Investitionsbank. „Jetzt gilt es, der Regierung in Teheran eine Perspektive aufzuzeigen, dass es auch für den Iran Sinn macht, trotz des Rückzugs der USA am Abkommen festzuhalten“, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments dieser Zeitung.

    Detaillierte Lösungen sind so schnell nicht zu erwarten: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Iran haben weitere Gespräche für die nächsten zwei Wochen verabredet. Für eine Nachverhandlung des Atomabkommens mit neuen Auflagen etwa für das umstrittene iranische Raketenprogramm, wie es Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ins Gespräch gebracht hat, gibt es indes in Brüssel kaum Unterstützung.

    Die EU sieht keine Alternative zum Atomabkommen

    McAllister sagte, die destabilisierende Rolle des Iran in der Region, seine Unterstützung des Assad-Regimes, das Raketenprogramm und die Drohungen gegen Israel seien „zutiefst beunruhigend“. Diese Fragen lägen aber außerhalb des Atomabkommens und müssten deshalb in anderen Foren behandelt werden. „Eine bessere friedliche Lösung zur Vermeidung einer nuklearen Aufrüstung des Iran als das Abkommen gibt es derzeit nicht“, mahnte der EU-Außenpolitiker.