Berlin . In einer Welt voller Krisen steht Deutschland für Mäßigung und Augenmaß. Dieses Korrektiv muss die neue Bundesregierung einbringen.

Endlich! Egal, wohin man auf der Welt schaut: Die Erleichterung, dass Deutschland bald wieder über eine verlässliche Bundesregierung verfügt, ist groß. Die quälend langen Sondierungs- und Koalitionsgespräche, die Zitterpartie des SPD-Mitgliederentscheids und das Da­­mo­k­les­schwert einer Minderheitsregierung haben Deutschlands Ruf als Anker der Stabilität angeknackst.

Diese Zeit ist nun glücklicherweise vorbei. Angesichts der vielen Krisenherde wird eine berechenbare Bundesregierung gebraucht wie nie.

Die Europäische Union ist in der Wirtschafts- und Sozialpolitik gespalten zwischen Nord und Süd, in der Flüchtlings- und der Rechtsstaatspolitik zwischen Ost und West. Amerika, die jahrzehntelange Schutzmacht des Westens, hat sich unter Donald Trump auf Abwege begeben.

Das ist das Bundeskabinett

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor. © dpa | Gregor Fischer
Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt.
Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt. © Getty Images | Michele Tantussi
Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege.
Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege. © dpa | Wolfgang Kumm
Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird.
Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird. © imago/Metodi Popow | M. Popow
Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW.
Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. © dpa | Kay Nietfeld
Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand. © dpa | Andreas Arnold
Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister.
Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister. © imago/photothek | Inga Kjer/photothek.net
CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird.
CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne.
Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär.
Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne.
Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne. © dpa | Michael Kappeler
Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten.
Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten. © Getty Images | Michele Tantussi
Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin.
Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin. © dpa | Karlheinz Schindler
Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne.
Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne. © dpa | Rolf Vennenbernd
Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt.
Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt. © Getty Images | Carsten Koall
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt.
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt. © dpa | Karlheinz Schindler
SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel.
SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel. © imago/Reiner Zensen | Reiner Zensen
Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © imago/Metodi Popow | M. Popow
Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin.
Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin. © Getty Images | Pascal Le Segretain
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik. © dpa | Kay Nietfeld
Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD).
Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD). © dpa | Bernd von Jutrczenka
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Der egozentrische Polit-Machismo und der knallharte Wirtschaftsnationalismus des Präsidenten machen aus den USA einen unsicheren Kantonisten. Trotz der neuesten Entspannungssignale bleibt der Atom-Konflikt mit Nordkorea gefährlich.

Langjährige Erfahrung von Kanzlerin Merkel als Korrektiv

Russland verliert sich mit Kremlchef Wladimir Putin in militärischen Muskelspielen, Weltmacht-Gelüsten und einer autokratischen Verhärtung nach innen. China verbreitet Freihandels-Rhetorik, bietet aber Abschottungs-Realität.

Der Nahe Osten versinkt nach dem kurzen Leuchtfeuer des „Arabischen Frühlings“ im Chaos. Nirgendwo wird dies deutlicher als in Syrien, wo Russland, der Iran, die Türkei und Saudi-Arabien ihre regionalpolitischen Süppchen kochen.

Vor dem Hintergrund der sich auflösenden internationalen Ordnung bedarf es eines Korrektivs, das für Demokratie, Rechtsstaat und freien Handel eintritt. Es ist die Rolle für die ausgleichende Mittelmacht Deutschland.

Die langjährige Erfahrung von Kanzlerin Angela Merkel schlägt hier als Trumpf zu Buche. Sie kennt die Akteure und weiß, wie sie ticken. Der neue Außenminister Heiko Maas dürfte nach einer Einarbeitungszeit seinen Platz finden.

Die EU im Ungleichgewicht ist die größte Herausforderung

Die größte Herausforderung der frischgebackenen Bundesregierung besteht darin, die EU wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat der matt gewordenen Europa-Idee neuen Schwung verliehen, aber er ist mit seinem Integrations-Ehrgeiz über das Ziel hinausgeschossen. Dagegen regt sich Widerstand.

Diese zehn Punkte wollen Union und SPD verwirklichen

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    Eine Allianz aus den Niederlanden, den drei baltischen Ländern, Schweden, Dänemark, Finnland und Irland will mehr Kostendisziplin und Mitsprache der Nationalstaaten.

    Die Bundesregierung muss die gegenläufigen Kräfte austarieren. Das geht am besten, indem sich die EU auf ihre wesentlichen Aufgaben besinnt: Grenzsicherung, Verteidigung, Anti-Terror-Kampf. Ferner die Errichtung von Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, die Wachstum fördert, Jobs schafft und soziale Leistungen ermöglicht. Auch mit Blick auf Amerika heißt es, Augenmaß zu bewahren.

    Im Übrigen gilt: Amerika ist größer als Trump

    Trumps Drohungen, Strafzölle auf Autos aus Europa zu erheben, sind eine Provokation. Doch wäre es falsch, auf die Wildwest-Methoden des Präsidenten mit dem handelspolitischen Colt zu antworten. Es würde in eine Eskalationsspirale münden, bei der es nur Verlierer gäbe.

    Zwischen massiver Vergeltung und reiner Passivität liegt das Feld für Diplomatie und kluge Politik. Denkbar wäre eine Mischung aus dem Wink mit begrenzten Gegenmaßnahmen und Verhandlungsangeboten. Im Übrigen gilt: Amerika ist größer als Trump.

    In einer aus den Fugen geratenen Welt sind die Instrumentarien einer ausgleichenden Mittelmacht überschaubar. Sie bieten nicht allzu viel. Aber es ist viel mehr als nichts.