Bonn. Die Bonner Weltklimakonferenz geht zu Ende. Manche sehen sie als Erfolg, doch die Umweltschützer sind von der Kanzlerin enttäuscht.

Am Ende wurde es dann doch noch später als gedacht. Bis zum Ende rangen die Delegierten der UN-Klimakonferenz in Bonn um Geldfragen, gute alte Tradition in den internationalen Klimaschutzverhandlungen, in denen am letzten Tag alle Entscheidungen im Plenum einstimmig durchgewunken werden müssen, so wollen es die UN-Statuten.

Das beschert manchen Allianzen unter den Delegationen noch einmal einen Moment größter Aufmerksamkeit: Es waren die armen Länder, die in Bonn den Industriestaaten in letzter Minute noch einmal ins Gewissen redeten.

Für Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und ihren Staatssekretär Jochen Flasbarth war die abschließende Pressekonferenz der womöglich letzte Auftritt als Mitglieder der geschäftsführenden Bundesregierung. Aufgeräumt wirkte Hendricks, auch wenn keine einfachen Tage hinter ihr lagen. Eine gesunde Portion Gelassenheit attestierte Hendricks den Rheinländern. Die Mammutkonferenz mit 25.000 Teilnehmern hätten die Bonner Bürger in den zurückliegenden zwei Wochen ohne Murren begleitet, trotz der täglichen Megastaus rund um das Konferenzgelände.

Umweltministerin bekräftigt Notwenigkeit für Kohleausstieg

Ähnlich gelassen beantwortete Hendricks die Fragen, die immer wieder auf Deutschlands Umgang mit der Kohleenergie abzielten: Ja, die künftige Bundesregierung müsse einen Weg in das Ausstiegsszenario aufzeigen und nein, der Druck auf Deutschland, das seine Klimaziele verfehle, sei nicht spurlos an ihr vorbeigegangen.

Barbara Hendricks, die in ihrer Amtszeit als Ministerin um den deutschen Klimaschutzplan gekämpft hatte und am Zustandekommen des Pariser Weltklimavertrags 2015 großen Anteil hatte, musste das Finale in Bonn mit angezogener Handbremse kommentieren. Sie bedauere, dass Deutschland beim Thema Kohleausstieg nicht konkreter geworden sei. Damit zielte sie auf die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Mitte der Woche im Plenum der Konferenz ab, bei der Merkel unkonkret geblieben war.

Hendricks nennt die Klimakonferenz einen Erfolg

„Das muss natürlich die Verhandler zu Jamaika auch aufrütteln“, sagte Hendricks mit Blick auf die laufenden Sondierungsgespräche in Berlin. Es wäre „nicht anständig“ gewesen, wenn sie der nächsten Bundesregierung hier vorgegriffen hätte. Sie sei jedoch zuversichtlich, dass die neue Bundesregierung bis zur nächsten Weltklimakonferenz einen Pfad für den Kohleausstieg vorzeichnen werde: „Das wird sie auf jeden Fall machen müssen“, sagte die scheidende Ministerin.

Die Konferenz sei ein Erfolg, schloss Hendricks. Das zwei Wochen dauernde Treffen habe ihren Auftrag erfüllt, Texte für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu entwerfen, sagte Hendricks.

Das Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Vertrages steht

Tatsächlich hatten es die Delegierten geschafft, bis zum letzten Tag ein Regelbuch vorzubereiten, das zur Umsetzung des Pariser Vertrags gebraucht wird. Das Klimaabkommen greift erst ab 2020, doch bis dahin muss klar sein, wie die UN-Staaten diesen Werkzeugkasten des Klimaschutzes benutzen. „Es geht um die Frage, wie die Emissionen gemessen und dokumentiert werden, damit kein Land schummeln kann“, merkte Hendricks an.

Staatssekretär Jochen Flasbarth ergänzte, dass zu allen Themenbereichen Textentwürfe vorlägen. Sie sollen erst bei der nächsten Konferenz im kommenden Jahr in Kattowitz in Polen ausgehandelt und beschlossen werden. Bis dahin würden die Texte bei mehreren Zwischenkonferenzen weiter bearbeitet, kündigte Flasbarth an. Die Aussage, es habe den Delegationen an Mut gefehlt, sei „schlicht und einfach falsch“, sagte der Umweltstaatssekretär. „Wir haben das geliefert, was jetzt erforderlich ist.“

Greenpeace vermisst „Mut und Enthusiasmus“

Enttäuscht kommentierten Umweltverbände und Nichtregierungsorganisationen die Ergebnisse des Gipfels. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace vermisste bei den Verhandlungen in Bonn „Mut und Enthusiasmus“. Die stärksten Impulse seien von außen gekommen, etwa von der Länderallianz, die am Donnerstag den Ausstieg aus der Kohle angekündigt habe, kritisierte Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss.

Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), forderte erneut einen schnellen Kohleausstieg: „Die Welt steckt in der Kohlefalle - und die UN-Klimakonferenz hat daran nichts geändert“, kritisierte er. „Aus dieser Kohlefalle muss sich die Menschheit befreien, wenn sie die Kosten des Klimawandels begrenzen will.“

Das Oxfam-Fazit fällt zwiespältig aus

Jan Kowalzig, Klima-Experte bei Oxfam Deutschland, zog ein geteiltes Fazit. „Konkreten Klimaschutz hat die Konferenz zwar nicht erbracht, aber immerhin den Plan, nächstes Jahr die Klimaschutzwirkung des Pariser Abkommens zu überprüfen“, sagte er. In Bonn wurden der sogenannte Talanoa-Dialog verabschiedet. Dabei sollen Industrie- und Schwellenländer in Gesprächen ausloten, ob ihre bislang gegeben Klimaschutzzusagen erhöht werden können. Denn schon jetzt ist klar, dass die bislang auf dem Tisch liegenden freiwilligen Beiträge nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.