Berlin. Software-Updates für Diesel sind für sie nicht ausreichend: Die Umweltministerin fordert im Kampf um bessere Luft weitere Maßnahmen.

Die Beschlüsse des Diesel-Gipfels genügen laut Bundesumweltministerin Barbara Hendricks nicht, um die Luftqualität in Deutschland nachhaltig zu verbessern. „Nachbesserungen mit Software-Updates werden nicht ausreichen, um die notwendigen Reduzierungen zu erreichen“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch mit Bezug auf Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA). Es werde eine technische Nachrüstung, also eine Abgasreinigung geben müssen.

Bis es so weit sei, könnten auch Fahrverbote in Städten nicht ausgeschlossen werden, sagte Hendricks. Selbst ganz neue Diesel der Abgasnorm Euro 6 könnten von Einschränkungen betroffen sein.

Hendricks: Hersteller müssen Kosten für Diesel-Umrüstung übernehmen

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    Nur mit der allerneuesten Abgasnorm Euro 6d, die ab September gilt, sei man beim Diesel auf der sicheren Seite. Diese ist selbst unter Neuwagen bislang selten. An die Adresse der Autobauer gerichtet sagte Hendricks: „Ich kann den Herstellern nur raten, die anderen Diesel nicht mehr zu verkaufen.“

    Gipfel-Beschlüsse helfen nur in 20 Städten

    Das Umweltbundesamt hat Modellberechnungen im Auftrag des Ministeriums erstellt, wie sich die auf dem Diesel-Gipfel vereinbarten Software-Updates und Umtauschprämien für ältere Diesel auf die Schadstoffbelastung in deutschen Städten auswirken. Demnach würden die Maßnahmen der Autoindustrie die Stickoxid-Belastung nur um bis zu sechs Prozent senken.

    Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD).
    Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD). © REUTERS | FABRIZIO BENSCH

    In fast 70 deutschen Städten wäre das zu wenig, um die Stickoxid-Konzentration in der Atemluft im Jahresdurchschnitt unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm zu drücken, sagte die UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Dazu zählten unter anderem die Städte Berlin, Bielefeld, Bonn, Essen, Frankfurt/Main, Mannheim, München und Stuttgart. Nur in 20 Städten, die derzeit knapp über dem Grenzwert liegen, würden die Beschlüsse des Diesel-Gipfels ausreichen, die EU-Grenzwerte einzuhalten. Krautzberger betonte, dass es sich dabei bereits um „sehr optimistische Annahmen“ handeln würde. Sie bezeichnete die Ergebnisse als „relativ ernüchternd“. Diese hätten jedenfalls nicht zum Ziel geführt.

    Autoindustrie hält Maßnahmen für ausreichend

    Auf Dieselfahrer dürften harte Zeiten zukommen, meint der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Nach dem Gutachten des Umweltbundesamtes und Äußerungen der Umweltministerin würden „Fahrverbote für Diesel-Pkw in deutschen Großstädten nahezu unausweichlich“, prognostizierte er. Zusätzlich würden die Restwerte der neueren Dieselgebrauchtwagen mit Euro-6-Norm „weiter in den Keller rutschen“. Der Höhepunkt der Diesel-Krise sei somit noch lange nicht erreicht. „Die Autoindus­trie muss schneller umsteuern, um aus dem Diesel-Schlamassel herauszukommen.“

    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schließt sich Hendricks Aussagen vorerst nicht an. Sein Sprecher verwies darauf, dass die Situation in den Städten ganz unterschiedlich sei. In „Masterplänen“ für modernen, flüssigen Verkehr stecke „ein großes Potenzial“. Diese Pläne wurden auf dem Diesel-Gipfel auch ins Auge gefasst, spielen in der UBA-Rechnung aber keine Rolle. Auch die deutsche Automobilbranche hält die beim Diesel-Gipfel beschlossenen Maßnahmen vorerst für ausreichend, befindet der Branchenverband VDA: „Nur drei Wochen nach dem Gipfel besteht keinerlei Anlass für Nachjustierungen.“

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