Berlin. In wenigen Wochen verhandelt die Welt wieder darüber, wie die globale Erwärmung aufgehalten werden soll. Was sagt die Wissenschaft?

Alle reden vom Klimawandel, von Naturkatastrophen, dem Treibhauseffekt und Extremwetter-Ereignissen. Eine Studie jagt die nächste, und mittendrin propagieren Skeptiker ihre Theorien vom Klimaschwindel. Da verliert man schnell den Überblick.

Wir erklären die wichtigsten Punkte – basierend auf den Erkenntnissen des Weltklimarats IPCC, der US-Weltraumbehörde Nasa, des Umweltbundesamts, des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung sowie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung – und erklären die Zusammenhänge. Was der Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann, skizzieren die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace.

Wie lässt sich die globale Erwärmung messen?

Die Klimageschichte der Erde ist gut erhalten – sie lässt sich etwa anhand von Baumringen, Bohrkernen aus dem ewigen Eis oder aber Korallenriffen erzählen. Klimaforscher zerlegen diese Zeugnisse der Natur in ihre Bestandteile und analysieren sie. An den Ergebnissen lesen sie ab, wann wie viel Sauerstoff und Kohlendioxid in der Atmosphäre und wie heiß, kalt oder nass es war.

Diese Daten werden mit den aktuellen Daten der weltweiten Wetterstationen an Land und im Meer abgeglichen. Auch Satelliten im Weltall messen die Temperaturen und ermitteln zudem, wie viel Sonneneinstrahlung auf die Erde trifft und wie viel diese wieder zurückgibt. Mit den gesammelten Daten lassen sich die Ist-Zustände der Atmosphäre und des Ozeans bestimmen und die aktuelle Globaltemperatur der Erde definieren.

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    Wie schnell steigen die Temperaturen?

    „Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig“, stellte der Weltklimarat IPCC in seinem fünften und letzten Sachstandsbericht 2013 fest. Der IPCC ist ein wissenschaftliches Gremium. Er erstellt selbst keine Forschung, sondern trägt im Auftrag der Vereinten Nationen alle fünf Jahre den Stand der Klimaforschung zusammen.

    Laut IPCC zeigten die weltweit beobachteten Temperaturen von Land- und Ozean-Oberflächen zwischen 1880 und 2012 einen Anstieg von etwa 0,85 Grad Celsius. Die neuesten Daten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus ergaben, dass die Durchschnittstemperatur 2016 etwa 1,3 Grad höher war als zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Als Hauptgrund für diesen hohen Temperaturanstieg gilt jedoch das Wetterphänomen El Niño, das inzwischen abklingt.

    Klimaforscher fordern dringend, den Anstieg auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Alles darüber würde die Folgen des Klimawandels für den Menschen unbeherrschbar machen. Im Pariser Klimaschutzvertrag bekannte sich die Staatengemeinschaft dazu, die Grenze auf 1,5 Grad absenken zu wollen.

    Warum steigen die Temperaturen?

    Es stimmt, dass sich das Klima auf der Erde naturgegeben ständig verändert, was viel mit einer Veränderung der Sonneneinstrahlung und der Erdbahnparameter zu tun hat. Allerdings liegen zwischen den Zyklen oft Hunderttausende oder gar Millionen von Jahren. Jetzt geht die globale Erwärmung sehr viel schneller – und das liegt an den steigenden Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre im Laufe der vergangenen 50 Jahre.

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      Die wärmende Wirkung von Kohlendioxid (CO2), Methan und Wasserdampf ist schon seit 120 Jahren erwiesen: Die Sonne strahlt Energie auf die Erde ab, die absorbierte Energie wird als Wärmestrahlung wieder abgestrahlt. Die wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Wasserdampf nehmen diese Wärmestrahlung auf und geben sie in alle Richtungen ab – einen Teil Richtung Erdoberfläche, die sich umso mehr erwärmt, je mehr Treibhausgase sich in der Luft sammeln.

      Wissenschaftler betrachten den Einfluss des Menschen als erheblich. Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 43 Prozent erhöht. Der Wert stieg von 280 ppm (parts per million, zu Deutsch: Millionstel) auf nun 405 ppm. Die Konzentration ist höher als seit mehreren Millionen Jahren.

      Welche Folgen sind spürbar?

      Von wegen ewiges Eis. Seit Beginn satellitengestützter Messungen des arktischen Meereises 1978 ist die Ausdehnung des sommerlichen Minimums (Mitte September) um etwa 50 Prozent zurückgegangen. Das Schelfeis wird brüchig. Auch die riesigen Eiskappen von Grönland und der Westantarktis verlieren Substanz.

      Das in Wasser umgewandelte Festlandeis trägt neben der Erwärmung der Weltozeane maßgeblich zum Anstieg der Meeresspiegel bei. Der IPCC geht davon aus, dass der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts zwischen 26 und 98 Zentimetern steigen wird – je nachdem, wie stark sich die globale Temperatur weiter erhöht. Auch die Gletscher schmelzen weltweit in einem Tempo, das Klimaforscher überrascht.

      Hurrikan „Irma“ – So wütete der Sturm

      Über einen großen Teil von Florida ist Hurrikan „Irma“ im September 2017 hinweggezogen. Sturmfluten überschwemmten die Straßen Miamis. Bilder der Verwüstungen.
      Über einen großen Teil von Florida ist Hurrikan „Irma“ im September 2017 hinweggezogen. Sturmfluten überschwemmten die Straßen Miamis. Bilder der Verwüstungen. © REUTERS | CARLOS BARRIA
      Der zeitweise als einer der stärksten Atlantikstürme überhaupt eingestufte Hurrikan nahm mit vergleichsweise geringen Windgeschwindigkeiten von bis zu 135 Kilometern pro Stunde Kurs auf die Metropolen Tampa und Orlando. Zuvor hatte er vor allem an der Westküste der Halbinsel gewütet.
      Der zeitweise als einer der stärksten Atlantikstürme überhaupt eingestufte Hurrikan nahm mit vergleichsweise geringen Windgeschwindigkeiten von bis zu 135 Kilometern pro Stunde Kurs auf die Metropolen Tampa und Orlando. Zuvor hatte er vor allem an der Westküste der Halbinsel gewütet. © REUTERS | CARLOS BARRIA
      Dort wurden Dächer abgedeckt, Straßen überflutet und Bäume entwurzelt. In Miami brach das Dach einer Tankstelle zusammen.
      Dort wurden Dächer abgedeckt, Straßen überflutet und Bäume entwurzelt. In Miami brach das Dach einer Tankstelle zusammen. © dpa | Wilfredo Lee
      In der Nähe von St. Pete Beach riss der Sturm ein Kreuzfahrtschiff von seinem Anlegeplatz los; es kollidierte mit einer Brücke.
      In der Nähe von St. Pete Beach riss der Sturm ein Kreuzfahrtschiff von seinem Anlegeplatz los; es kollidierte mit einer Brücke. © dpa | Kathryn Varn
      Umgeknickte Strommasten führten zu massiven Stromausfällen. US-Präsident Donald Trump rief für den „Sunshine State“ den Katastrophenfall aus.
      Umgeknickte Strommasten führten zu massiven Stromausfällen. US-Präsident Donald Trump rief für den „Sunshine State“ den Katastrophenfall aus. © dpa | David Goldman
      Das US-Hurrikan-Zentrum stufte den Wirbelsturm auf die Kategorie 1 zurück.
      Das US-Hurrikan-Zentrum stufte den Wirbelsturm auf die Kategorie 1 zurück. © dpa | Charles Trainor Jr
      Wegen Überschwemmungen und Stromausfällen blieben die geltenden Anordnungen zur Großevakuierung vorerst in Kraft.
      Wegen Überschwemmungen und Stromausfällen blieben die geltenden Anordnungen zur Großevakuierung vorerst in Kraft. © dpa | Jim Rassol
      Mit rund 6,5 Millionen Menschen war rund ein Drittel der Bevölkerung Floridas zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden. Viele Menschen suchten bei Verwandten in anderen Teilen des Landes Schutz, Notunterkünfte waren zum Teil überfüllt.
      Mit rund 6,5 Millionen Menschen war rund ein Drittel der Bevölkerung Floridas zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden. Viele Menschen suchten bei Verwandten in anderen Teilen des Landes Schutz, Notunterkünfte waren zum Teil überfüllt. © REUTERS | ADREES LATIF
      Nach Hamsterkäufen gab es in vielen Supermärkten kein Wasser mehr.
      Nach Hamsterkäufen gab es in vielen Supermärkten kein Wasser mehr. © REUTERS | GREGG NEWTON
      Zuerst war erwartet worden, dass der Wirbelsturm eher den Südosten Floridas treffen würde. Doch dann zog der Sturm an der Westküste des Bundesstaates entlang.
      Zuerst war erwartet worden, dass der Wirbelsturm eher den Südosten Floridas treffen würde. Doch dann zog der Sturm an der Westküste des Bundesstaates entlang. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
      Nicht nur in Tampa wurden Fische an Land gespült und verendeten.
      Nicht nur in Tampa wurden Fische an Land gespült und verendeten. © dpa | Octavio Jones
      Mehr noch als vor der Windgeschwindigkeit des Sturmes warnten die Experten vor den Sturmfluten.
      Mehr noch als vor der Windgeschwindigkeit des Sturmes warnten die Experten vor den Sturmfluten. © dpa | Wilfredo Lee
      Viele Menschen harrten in Notunterkünften aus. Die Versicherungsbranche machte sich auf hohe Kosten gefasst.
      Viele Menschen harrten in Notunterkünften aus. Die Versicherungsbranche machte sich auf hohe Kosten gefasst. © dpa | Gerald Herbert
      Nicht alle hatten offenbar Angst vor „Irma“: Skateboarder in Miami, kurz bevor die Ausläufer des Sturms die Stadt erreichten.
      Nicht alle hatten offenbar Angst vor „Irma“: Skateboarder in Miami, kurz bevor die Ausläufer des Sturms die Stadt erreichten. © dpa | Mike Stocker
      „Geh nach Hause, Irma, du bist betrunken!“, hat dieser Mann auf die Bretter seines zugenagelten Fensters gesprüht.
      „Geh nach Hause, Irma, du bist betrunken!“, hat dieser Mann auf die Bretter seines zugenagelten Fensters gesprüht. © dpa | Ken Cedeno
      Nur rund 370 Kilometer von Miami entfernt: Eine Frau und ein Kind schützten sich auf Kuba vor Wind und Regen, den „Irma“ brachte. Der Sturm hatte, bevor er in Florida auf Land traf, eine Spur der Verwüstung auf vielen Karibik-Inseln hinterlassen.
      Nur rund 370 Kilometer von Miami entfernt: Eine Frau und ein Kind schützten sich auf Kuba vor Wind und Regen, den „Irma“ brachte. Der Sturm hatte, bevor er in Florida auf Land traf, eine Spur der Verwüstung auf vielen Karibik-Inseln hinterlassen. © dpa | Desmond Boylan
      Mitarbeiter des Cayo Guillermo Dolphinariums hatten Delfine für den Transport ins Dolphinarium in Cienfuegos an der Südküste Kubas fertiggemacht, um sie vor Hurrikan „Irma“ in Sicherheit zu bringen.
      Mitarbeiter des Cayo Guillermo Dolphinariums hatten Delfine für den Transport ins Dolphinarium in Cienfuegos an der Südküste Kubas fertiggemacht, um sie vor Hurrikan „Irma“ in Sicherheit zu bringen. © dpa | Osvaldo Gutierrez Gomez
      Hohe Wellen brachen in Havanna an der Festung „El Morro“.
      Hohe Wellen brachen in Havanna an der Festung „El Morro“. © dpa | Ramon Espinosa
      Auf Kuba überschwemmten die Sturmfluten die Straßen.
      Auf Kuba überschwemmten die Sturmfluten die Straßen. © dpa | Ramon Espinosa
      Einsatzkräfte retteten diesen Mann mit einem Boot.
      Einsatzkräfte retteten diesen Mann mit einem Boot. © REUTERS | STRINGER
      Bevor „Irma“ über Kuba hinwegzog, hatte der Sturm auch in der Dominikanischen Republik große Zerstörungen hinterlassen.
      Bevor „Irma“ über Kuba hinwegzog, hatte der Sturm auch in der Dominikanischen Republik große Zerstörungen hinterlassen. © dpa | Tatiana Fernandez
      Auch weite Teile der Insel St. Martin/Sint Maarten sind nicht mehr bewohnbar.
      Auch weite Teile der Insel St. Martin/Sint Maarten sind nicht mehr bewohnbar. © dpa | -
      Der Sturm und die Fluten zerstörten viele Häuser.
      Der Sturm und die Fluten zerstörten viele Häuser. © REUTERS | HANDOUT
      Das niederländische Verteidigungsministerium dokumentierte die Zerstörung. Sint Maarten gehört zum Königreich Niederlande, Saint Martin ist ein Überseegebiet Frankreichs.
      Das niederländische Verteidigungsministerium dokumentierte die Zerstörung. Sint Maarten gehört zum Königreich Niederlande, Saint Martin ist ein Überseegebiet Frankreichs. © dpa | -
      Auch Puerto Rico war betroffen.
      Auch Puerto Rico war betroffen. © REUTERS | ALVIN BAEZ
      „Irma“ war zunächst einer der stärksten je im Atlantic gemessenen Stürme. Nachdem der Hurrikan tagelang über Land gezogen ist, haben sich die Windgeschwindigkeiten stark abgeschwächt.
      „Irma“ war zunächst einer der stärksten je im Atlantic gemessenen Stürme. Nachdem der Hurrikan tagelang über Land gezogen ist, haben sich die Windgeschwindigkeiten stark abgeschwächt. © REUTERS | NASA
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      Auch das bekommen wir zu spüren: Stürme und Unwetter sind heftiger geworden. Laut IPCC-Bericht führt der Klimawandel nicht unbedingt dazu, dass etwa die Zahl der tropischen Wirbelstürme zunimmt. Angenommen aber wird, dass die Intensität steigt. Klimaforscher sehen darin einen klaren Zusammenhang mit der globalen Erwärmung. Allerdings verweisen sie auch auf Unsicherheiten ihrer Rechenmodelle.

      Wer sind die Klimasünder?

      Der Ausstoß der Klimagase ist sehr ungleich verteilt: Lediglich zehn Länder sind für etwa 70 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. China war im Jahr 2015 mit einem Ausstoß von 10.375 Megatonnen (eine Megatonne = eine Million Tonnen) CO2 der größte Klimasünder weltweit, gefolgt von den USA (5414) und Indien (2274). Deutschland (798) nahm den sechsten Platz ein. Ganz Afrika südlich der Sahara stößt zehnmal weniger Treibhausgase aus als die USA – und das bei doppelt so vielen Einwohnern.

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        Bei den Emissionen pro Kopf und Jahr stehen die USA mit 17 Tonnen an erster Stelle. Deutschland (9,9 Tonnen) folgt nach Russland auf Platz drei. Zum Vergleich: In Indien beträgt der CO2-Ausstoß pro Kopf lediglich 1,5 Tonnen.

        Was können Einzelne tun?

        Man will das nicht gern hören. Aber mit einem Transatlantikflug (Hin- und Rückflug) haben wir unsere persönliche Jahresemission schon um gut ein Viertel erhöht. Flugreisen sind nach Autofahren die wichtigsten Punkte, mit denen jeder Einzelne CO2 einsparen kann. Ein schwerer Geländewagen oder eine große Limousine kommen mit 1,3 Tonnen CO2-Ausstoß gerade mal 3000 Kilometer weit – ein Drei-Liter-Auto schafft dagegen 18.000 Kilometer.

        Oder: Ganz auf das eigene Auto verzichten. Durch die Kombination aus öffentlichem Nahverkehr sowie Rad- und Carsharing könnten täglich bis zu 3500 Tonnen CO2 eingespart werden, zeigt eine Studie der Uni Kassel im Auftrag des Umweltbundesamtes. Auch der Verzicht auf Fleisch ist sinnvoll. Wissenschaftler aus Schweden und Kanada haben jüngst vorgerechnet, dass fleischlose Ernährung viermal mehr CO2 verhindert als Recycling und achtmal mehr als die Nutzung von LED-Lampen.

        Serie: Zur UN-Klimakonferenz in Bonn vom 6. bis 17. November erklärt die Redaktion in den kommenden Ausgaben die wichtigsten Themen der internationalen Verhandlungen.Bereits erschienen:• Fidschi – Ein Inselparadies muss ums Überleben kämpfen