New York. US-Präsident Trump hat Nordkorea im Falle einer Bedrohung der USA mit völliger Zerstörung gedroht. Das sagte er bei seiner UN-Rede.

Wenn hinter der Glasfassade der Vereinten Nationen in New York das alljährliche Getümmel der Weltenlenker losgeht, ist an alles gedacht. Auch an die Trockenheit, die unwillkürlich im Mund einziehen kann, wenn man zum ersten Mal vor den Regierungschefs und Außenministern von über 190 Ländern redet. Darum stehen links und rechts auf dem marmorumkleideten Rednerpult des großen Sitzungssaals Karaffen mit Wasser. Donald Trump rührt sie während seiner fast 45-minütigen Ansprache (erlaubt sind 15) nicht einmal an.

Amerikas Präsident ruht trotz permanenten Gestikulierens mit beiden Händen völlig in sich, als er vor der UN-Generalversammlung sein auf nationalistischem Egoismus basierendes Weltbild entwirft. Und dabei in selten gehörter Schärfe die „Feinde“ von Fortschritt und Wohlstand abkanzelt. Gesondert Nordkorea und Iran. Beide Staaten identifizierte er als akute Bedrohung für den Weltfrieden.

Trump fürchtet „Tal der Verwahrlosung“

Trump fing versöhnlich an, bedankte sich für die internationale Anteilnahme nach den Hurrikanen Harvey und Irma – ohne dabei an die mehr als 1500 Toten nach einer ähnlichen Naturkatastrophe in Bangladesch zu erinnern. Danach wurde er grundsätzlich. Der Planet sei in großen Schwierigkeiten. Die Vereinten Nationen stünden vor der Wahl, die Welt „zu neuen Höhen zu führen“. Oder sie in ein „Tal der Verwahrlosung fallen zu lassen“.

Wie schon bei seinen Reden in Riad (zum Thema Naher Osten) und Warschau (zum Thema Nato) beschrieb Trump eine Welt, die „under attack“ ist durch religiös motivierten Terrorismus. Sich dieser Bedrohung zu stellen, geht ihm über alles. Dabei zählten Ergebnisse, nicht Ideologie. Und eine fairere Verteilung der Kosten, die Amerika entlastet. Nationen könnten nicht länger „Zuschauer der Geschichte sein“.

Trump betont die „Souveränität“ der USA

US-Präsident Donald Trump vor der 72. Generalversammlung der Vereinten Nationen.
US-Präsident Donald Trump vor der 72. Generalversammlung der Vereinten Nationen. © REUTERS | SHANNON STAPLETON

Als allein durchgreifenden Weltpolizisten will Trump Amerika trotzdem nicht mehr auftreten lassen. „Starke, unabhängige und freie Nationen“ sind das Fundament, auf das ihm sein rechtsnationalistischer Redenschreiber Stephen Miller das Manuskript gestellt hat, das anders als bei früheren US-Präsidenten nur wenig Szenenapplaus ernten solle.

Amerika wolle „unsere Art zu leben nicht jedem überstülpen“, sagt Trump. Verschiedene Konzept, verschiedene Werte – okay! Ein leuchtendes Beispiel für Erfolg, Sicherheit und Wohlstand zu sein, reiche den USA aus. Die seit 230 Jahren bestehende Verfassung sei schließlich ein Glanzstück der Menschheitsgeschichte. Immer wieder fällt das Wort „Souveränität“. Selbstbestimmung. Das Recht, ja die Verpflichtung, die eigene Bevölkerung „immer“ an die erste Stelle zu rücken. So werde er es weiter mit Amerika halten, sagte Trump und forderte die aufmerksam zuhörenden Staats- und Regierungschefs auf, es ihm nach zu tun. Zum ersten Mal geht leiser Beifall durch den Saal. Am häufigsten nickt Israels Premierminister Netanjahu.

Trump: Nordkoreas Kim ist auf „Selbstmord-Mission“

Minuten später dann kann man fast eine Stecknadel fallen hören. Trump macht eine „kleine Gruppe von Schurkenstaaten“ dingfest, die den Planeten bedrohten. Nordkorea bekommt wegen seines Raketen-und Atomwaffentest-Programms erwartungsgemäß die erste Breitseite ab. Die Tonlage lässt manche im Plenum frösteln. Trump bezeichnet Diktator Kim Jong-un als „Raketen-Mann auf Selbstmord-Mission“. Sollte das für Hungertod, Mord und Elend verantwortliche und „verkommene“ Regime sein „destabilisierendes, feindseliges und gefährliches Verhalten“ nicht aufgeben, sprich: die atomaren Ambitionen zu Grabe tragen, und die Vereinigten Staaten weiter bedrohen, werde Amerika Nordkorea „völlig zerstören“.

Der durch das Los in der ersten Reihe platzierte Vertreter Pjöngjangs zuckt zusammen. Vereinzelt hört man Geraune. Ein diplomatisches Szenario, das immer häufiger gefordert wird, seit Pjöngjang nicht wie gehofft auf die im UN-Sicherheitsrat verschärften Wirtschaftssanktionen reagiert, kommt bei Trump nicht vor. Dabei hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres zuvor eindringlich auf eine Verhandlungslösung gedrungen, die von allen Beteiligten „hohe Staatskunst“ erfordere. „Wir dürfen nicht in einen Krieg schlafwandeln.“

Trump nennt Iran einen „korrupten Schurkenstaat“

First Lady Melania Trump (l.) hörte der Rede ihres Mannes zu.
First Lady Melania Trump (l.) hörte der Rede ihres Mannes zu. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ

Nicht weniger martialisch und isolierend ging Trump mit dem Iran um. Das Regime in Teheran führe unter dem Deckmantel der Demokratie einen „korrupten Schurkenstaat“, der wirtschaftlich auf dem Zahnfleisch gehe, in erster Linie Gewalt exportiere und Angst vor dem Freiheitsdrang des eigenen Volkes habe. Dem „mörderischen Regime“ dürfe nicht weiter lange Leine gelassen werden. Indirekt deutete Trump Sympathie für eine inner-iranische Rebellion an. Viele Menschen dort wollten den Wechsel. „Sie müssen endlich gehört werden.“

Als Hebel will Trump das unter der Führung seines Vorgängers Obama entstandene internationale Atomabkommen benutzen, das Teheran vom Bau einer Atombombe abhalten soll. Es sei eine „Beschämung“ für Amerika, sagte Trump, ließ aber offen, ob er den nach mühevollen Verhandlungen erreichten Vertrag platzen lassen wird.

Dritter Kandidat auf der Anklagebank Trumps war Nicolás Maduro. Trump warf Venezuelas Regierungschef vor, ein einst „blühendes Land“ in den Bankrott regiert zu haben. Welche Rolle Washington bei der „notwendigen Wiederherstellung der Demokratie“ in dem südamerikanischen Land spielen wird? Kein Kommentar.

Trump zügelt sich bei Kritik an Vereinten Nationen

Trumps Gardinenpredigt ließ in den Hintergrund rücken, dass der Präsident seine anfangs drastische Kritik am Zustand der Vereinten Nationen heruntergedimmt hat. Die gebremste Charme-Offensive hatte das Weiße Haus sorgsam inszeniert.

Schon am Vortag hatte Trump bei diversen Treffen zwischen UN-Scheibenhochhaus und Trump-Tower in Manhattan die Völkergemeinschaft zu einer Generalüberholung ihrer unwirtschaftlichen Strukturen ermahnt. Um ihr im gleichen Atemzug eine goldene Zukunft als Garant für „Frieden und Harmonie“ in der Welt zu prophezeien. Eine Zukunft, zu der Amerika (größter Einzahler in die Gemeinschaftskasse) beitragen will. „Macht die Vereinten Nationen großartig“, sagte Trump, „so viel fantastisches Potential.“

Einen Kommentar zum Thema lesen Sie hier: Sätze wie Peitschenhiebe