Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verteidigt erneut seine Forderung nach dem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat dazu aufgerufen, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ohne Angst vor Konsequenzen die Grenzen aufzuzeigen. „Wir müssen nicht fürchten, dass Ankara den Flüchtlingspakt kündigt“, sagte Schulz unserer Redaktion. „Das ist eine leere Drohung.“ Ohne die Mittel aus Europa könne er die zwei Millionen Flüchtlinge, die in der Türkei seien, nicht mehr versorgen. „Und er kann auch nicht alle Flüchtlinge auf Booten nach Europa schicken.“
Schulz verteidigte seine Forderung nach einem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Ankara dürfe nicht den Eindruck bekommen, dass man Deutschland „auf der Nase herumtanzen kann“, betonte Schulz.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe das klare Signal gesendet, dass die Türkei mit deutschen Staatsbürgern mache, was sie wolle. „Damit ist die rote Linie überschritten“, sagte Schulz. Erdogan verstehe nur klare Sprache.
Macron warnt vor Bruch mit der Türkei
Als Reaktion auf die Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei und wiederholter Verbalangriffe aus Ankara hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag angekündigt, der EU-Kommission kein Mandat für Verhandlungen über die Ausweitung der Zollunion mit der Türkei zu geben und sich außerdem für ein Ende der Beitrittsverhandlungen einzusetzen. Beides müsste einstimmig in der EU beschlossen werden. Für ein Aussetzen der Beitrittsgespräche würde eine Mehrheit reichen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat dagegen die Europäische Union vor einem Bruch mit der Türkei gewarnt. Die Türkei sei ein zentraler Partner der EU in vielen Krisen, sagte Macron am Donnerstag der griechischen Zeitung „Kathimerini“. Als Beispiele nannte er die Flüchtlingsfrage und die Bedrohung durch Terrorismus.
Deutscher in der Türkei freigelassen – mit Ausreisesperre
Auch Finnland und Estland plädierten für Dialog und warnten vor schnellen Entscheidungen. Macron sagte, zwar habe sich die Türkei in den vergangenen Monaten von der EU wegbewegt und sei zu weit gegangen: „Aber ich möchte einen Bruch verhindern.“ Damit machte er deutlich, dass er in der Türkei-Politik nur bedingt mit Deutschland mitzieht.
Nach der Freilassung seiner Frau ist nun auch der im südtürkischen Antalya festgenommene Deutsche aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. „Der Betroffene ist heute aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Das deutsche Konsulat in Antalya stehe mit ihm in engem Kontakt und betreue ihn weiterhin konsularisch.
Gegen den Mann sei eine Ausreisesperre verhängt worden. Damit sind nach früheren Zahlen noch zehn Deutsche in der Türkei in Haft, denen politische Vergehen vorgeworfen werden. Unter ihnen ist auch der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel, der seit mehr als 200 Tagen festgehalten wird. Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind unter anderem deshalb sehr angespannt. (gau/rtr)