Berlin. Die Bundesbürger halten Angela Merkel für geeigneter als ihren Herausforderer Martin Schulz. Experten finden das nicht überraschend.
Internationale Krisen hat Angela Merkel schon einige erlebt. Vielleicht ist das der Grund, weshalb eine große Mehrheit der Bundesbürger ihr vor allem eines attestiert: Nervenstärke. Jedenfalls glauben sie, dass die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin mit Stress besser fertig wird als ihr Herausforderer Martin Schulz von der SPD.
Wie die Umfrage des Instituts Kantar Emnid im Auftrag dieser Redaktion zeigt, erfüllt Merkel aus Sicht der Bürger auch sonst die Anforderungen an einen Regierungschef besser als Schulz: Sie gilt den Deutschen als führungsstärker, machtbewusster und berechenbarer als der Sozialdemokrat. „Bürgernähe“ ist die einzige Kategorie, in der Schulz vor der Kanzlerin liegt. Insgesamt hält etwas mehr als die Hälfte der Befragten Merkel für die bessere Kanzlerin. Nur jeder Fünfte hält Schulz für den besseren Regierungschef.
TV-Duell könnte Martin Schulz populärer machen
„Fast immer halten die Bürger den Herausforderer für schwächer“, kommentiert Karl-Rudolf Korte, Wahlforscher an der Universität Duisburg-Essen, den deutlichen Abstand zwischen den beiden. Das sei keine Besonderheit. Umgekehrt sei es aber auch nicht selbstverständlich, dass Merkel als Amtsinhaberin automatisch einen Bonus bei den Wählern habe. Die jüngsten Landtagswahlen in Kiel und Düsseldorf hätten gezeigt, dass Regierungschefs abgewählt werden könnten.
„Offenbar haben sich die Bürger noch nicht an der Kanzlerin satt gesehen“, sagt Korte. Sein Kollege Thorsten Faas von der Universität Mainz glaubt, dass Merkel sehr wohl vom Amtsbonus profitiere. Die Leute würden sie kennen. „Umgekehrt heißt das: Das Image des Herausforderers ist noch nicht in gleichem Maße ausgeprägt.“ Das TV-Duell am Sonntag, in dem Schulz auf Augenhöhe mit Merkel agiere, könne dazu erheblich beitragen.
Selbst SPD-Anhänger sind auf Distanz zu Schulz
Ein genauerer Blick auf die Umfragedaten zeigt, welche Probleme der Sozialdemokrat Schulz hat: Während 96 Prozent der befragten Anhänger von CDU und CSU sagen, Merkel sei „unter dem Strich die bessere Kanzlerin“, stehen die Sympathisanten der SPD ihrem Kandidaten distanziert gegenüber: Nur 58 Prozent von ihnen finden, Schulz wäre der bessere Kanzler.
Auch im Lager seiner potenziellen Koalitionspartner hat Schulz wenig Unterstützung: Unter Grünen-Anhängern liegt Merkel mit 52 zu 31 Prozent vorn. Im Linke-Lager gibt es fast Gleichstand: 30 Prozent ihrer Anhänger finden Merkel besser als Schulz. Umgekehrt sind es 33 Prozent.
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Nur Geringverdiener halten Schulz für fairer
Insgesamt erhielt Schulz im eigenen Lager nur teilweise bessere Einzelbewertungen als Merkel. Unter den Anhängern seiner eigenen Partei wird er für bürgernäher, fairer, wortgewandter, kompromissfähiger, glaubwürdiger und verlässlicher gehalten. Geht es aber um Machtbewusstsein, Nerven- oder Führungsstärke und Berechenbarkeit sehen auch Sozialdemokraten diese Qualitäten eher bei Merkel.
Die Spitzenkandidaten und ihre Liebsten
Die Umfrage zeigt auch, wie wenig das Thema „Gerechtigkeit“ verfängt, mit dem die SPD Wahlkampf macht. Schulz wird nur bei Geringverdienern mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 1000 Euro netto als „fairer“ wahrgenommen als die Kanzlerin. In allen anderen Einkommensklassen hat Merkel die Nase vorn – am stärksten (52 Prozent) bei Wählern mit Nettoeinkommen von 1000 bis 1500 Euro.
Merkels Schwächen: Bürgernähe und Wortgewandtheit
Wenn es Bereiche gibt, in denen Merkels eigene Anhänger an deren Kompetenzen zweifeln, dann sind es Bürgernähe und Wortgewandtheit. Hier bekommt die Kanzlerin relativ schlechte Zustimmungswerte aus dem eigenen Lager von weniger als 60 Prozent.