Weitere Haftbefehle gegen Journalisten in der Türkei
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Von Gerd Höhler
Istanbul. Die Türkei geht erneut gegen Journalisten vor. Ein türkisch-schwedischer Reporter ist auf Antrag aus Ankara nun in Spanien in Haft.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan setzt auch mehr als ein Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch seine „Säuberungen“ unbeirrt fort. Die türkische Polizei hat am Donnerstag bei Razzien in Istanbul zahlreiche Medienvertreter festgenommen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, die Justiz habe insgesamt Haftbefehle gegen 35 mutmaßliche Regierungskritiker ausgestellt, darunter Journalisten und Verlagsmanager.
Ihnen werden Verbindungen zur Bewegung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen. Erdogan sieht in seinem früheren Verbündeten Gülen, mit dem er sich 2012 entzweite, den Drahtzieher des Umsturzversuchs vom 15. Juli 2016.
Auslöser der Haftbefehle soll eine App sein
Die jetzt ausgestellten 35 Haftbefehle sollen sich laut türkischen Medienberichten darauf gründen, dass die Beschuldigten auf ihren Smartphones die verschlüsselte Messenger-App ByLock nutzten. Mit ihrer Hilfe sollen Gülen-Anhänger untereinander kommuniziert haben. Derzeit sitzen in der Türkei rund 165 Journalisten in Haft. Unter ihnen sind auch die Deutschen Deniz Yücel und Mesale Tolu Corlu. 17 Journalisten und Verlagsmitarbeiter der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ stehen derzeit wegen „Terrorpropaganda“ in Istanbul vor Gericht. Ihnen drohen jahrzehntelange Haftstrafen.
Erdogan verfolgt Regierungsgegner auch im Ausland. Seit einer Woche sitzt der türkisch-schwedische Journalist Hamza Yalcin in Spanien in Auslieferungshaft. Der 59-Jährige wurde am 3. August bei der Ausreise am Flughafen Barcelona aufgrund eines internationalen Haftbefehls, der von den türkischen Behörden ausgestellt wurde, festgenommen. Yalcin war 1979 wegen Mitgliedschaft in der linksextremistischen Terrororganisation THKP-C zu mehrjähriger Haft verurteilt, konnte aber nach einigen Monaten fliehen und erhielt 1984 politisches Asyl in Schweden. Dort schreibt er für die regierungskritische Online-Plattform „Odak Dergisi“.
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Über die Auslieferung entscheidet Spanien
Yalcin hat die türkische und die schwedische Staatsangehörigkeit. Das schwedische Außenministerium hat ihm inzwischen einen Anwalt besorgt und beantragt, den Gefangenen sehen zu dürfen. Bis Donnerstagnachmittag war dies jedoch noch nicht der Fall, wie die schwedische Botschaft unserer Redaktion mitteilte. Die Türkei hat jetzt 40 Tage Zeit, gegenüber den spanischen Behörden ihr Auslieferungsbegehren zu begründen. Über eine Auslieferung kann in letzter Instanz die spanische Regierung entscheiden.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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