Berlin. Weniger Fleisch essen, E-Autos fahren, auf Ölheizungen verzichten: Ein Zukunftsplan der Regierung zielt auf grundlegende Umstellungen.

Die Ziele, die 190 Staaten bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris beschlossen haben, sind ehrgeizig: Der Ausstoß von Treibhausgasen soll so weit reduziert werden, dass sich die globale Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius begrenzen lässt. Erreichbar ist das nur, wenn sich Grundlegendes ändert – auch in Deutschland, im Leben jedes Einzelnen. Das Bundesumweltministerium hat dazu einen „Klimaschutzplan 2050“ mit Leitlinien für den Verkehr, die Landwirtschaft und den Wohnungsbau aufgestellt. Sollten diese klimaschutzpolitischen Grundsätze umgesetzt werden, würde sich das Leben der Deutschen wie im folgenden Szenario verändern.

Verkehr

Der motorisierte Verkehr wandelt sich bis ins Jahr 2050 grundlegend. Nahezu alle Fahrzeuge fahren ohne Benzin und Diesel. Stattdessen rollen die meisten neu zugelassenen Autos elektrisch. Der öffentliche Nahverkehr, Lastwagen und Busse sollen dem Konzept zufolge möglichst ebenfalls elektrisch laufen, ebenso Schiffe und Flugzeuge. Die Luft in den Städten wird sich dadurch deutlich verbessern, es gibt weniger Lärm. Die Städteentwicklung soll dem Leitbild „Stadt der kurzen Wege“ folgen – mit mehr Fuß- und Fahrradwegen. Das Radfahren genießt hohe Priorität. „Öffentlicher Nahverkehr und neue Mobilitätskonzepte wie Carsharing haben große Anteile“, lautet ein Punkt des Klimaschutzplans. Die fortgeschrittene Digitalisierung und das Arbeiten zu Hause (Homeoffice) können zu einer Reduzierung des Berufsverkehrs beitragen. Bessere Logistik verringert die Lkw-Transporte, zudem wird Fracht auf Eisenbahn und Binnenschiff verlagert. Um die Elektromobilität voranzutreiben, fördert Deutschland diese Technologie weiterhin und schafft „finanzielle Anreize für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel“.

Wohnen

Städte und Gemeinden sind in dem Szenario für Menschen aller Alters- und Einkommensgruppen attraktiv. „Mit altersgerechten Wohnungen, Grünflächen, sozialen Treffpunkten und kurzen Wegen“, heißt es in dem Papier. Es gibt generationenübergreifende Wohnräume. Es entstehen Gebäude, die klimaneutral und bezahlbar sind. Niedrigenergiehäuser werden zum Standard. Dazu müssen alte und neue Häuser besser gedämmt werden – Maßnahmen, die der Staat auch künftig fördern will. Für das Erreichen der Klimaschutzziele werden Gas- und Ölheizungen in Neubauten ab 2030 verboten. Bestehende Gebäude sind bis 2050 auf erneuerbare Energieversorgung umgerüstet. Holz als Brennstoff ist zur Mitte des Jahrhunderts die Ausnahme.

Essen

Schafe oder Rinder stoßen Methan aus. Ein Gas, das wie Kohlendioxid klimaschädlich ist. Niemand will auf Nutztiere verzichten, doch es sind 2050 deutlich weniger als heute. Die Bürger sollen ihren Fleischkonsum entsprechend der schon heute bestehenden Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung verringern, lautet ein Punkt des Plans zum Schutz des Klimas. Das heißt pro Person nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche. Dies hilft zudem der Gesundheit und reduziert die Kosten der Krankenkassen. Auch die Lebensmittelabfälle sollen auf dem Weg ins Jahr 2050 deutlich reduziert – und dem Klimaschutz-Konzept zufolge möglichst schon bis 2020 halbiert werden.

Landwirtschaft

Es gibt in der Mitte des Jahrhunderts weniger Nutztiere, die Äcker und Felder werden weniger mit Stickstoffen gedüngt. Und es gibt mehr Ökolandbau. Der Export von Tieren ins Ausland ist abgebremst, heißt es in dem Plan, die intensive Tierhaltung in der Massenhaltung verringert. Gleichzeitig wird der Wald, der Kohlendioxid schluckt und speichert, wieder mehr geschätzt und geschützt. Acker- und Grünlandflächen auf Moorböden werden in Feuchtgebiete umgewandelt. Als Schutz von Moorböden ist der Torfabbau eingestellt. Dies bekommen auch alle Hobbygärtner zu spüren: In dem Szenario verbietet die Bundesregierung den Einsatz von Torferden im Hobbygartenbau. An Ersatzstoffen wird bereits heute geforscht.

Industrie

Die Energieindustrie ist am stärksten vom Wandel betroffen, da sie rund 40 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verursacht. 2050 wird laut Klimaschutzplan fast keine Energie mehr aus fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas erzeugt. Strom und Wärme kommen aus erneuerbaren Quellen. Die Windkraft zu Land und auf See wird bis dahin weiter ausgebaut, alte Kohlekraftwerke werden stillgelegt. Wenige moderne Erdgas- und Kohlekraftwerke sorgen für stabile Stromnetze. Für besonders vom Wandel betroffene Regionen, wie die Braunkohlereviere in Nordrhein-Westfalen, in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier werden – so das Papier – „neue industriepolitische Perspektiven entwickelt“. Geld dafür soll aus einem Hilfsfonds fließen.