Paris/Berlin. Frankreich nimmt nach den beispiellosen Anschlägen von Paris den Islamischen Staat ins Visier. War noch Schlimmeres geplant?

Nach der verheerenden Anschlagsserie von Paris hat Frankreich dem islamischen Terrorismus offen den Krieg erklärt. Die Massaker mit 129 Toten und mehr als 350 Verletzten waren nach ersten Ermittlungen eine minutiös koordinierte Kommandoaktion von Anhängern der Miliz Islamischer Staat (IS). Erste Spuren weisen nach Belgien. Womöglich wollten die Attentäter ein noch größeres Blutbad anrichten. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ könnte ein Anschlag direkt im mit knapp 80.000 Fans besetzten Stadion versucht worden sein, in dem die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Frankreich spielte.

Der französische Präsident François Hollande sprach von einem „Kriegsakt“ des IS und kündigte „angemessene Entscheidungen“ an. Premierminister Manuel Valls sagte am Sonnabendabend dem Sender TF1: „Ja, wir sind im Krieg.“ Frankreich werde handeln, um diesen Feind zu zerstören. „Wir ergreifen daher außergewöhnliche Maßnahmen. Und diesen Krieg werden wir gewinnen“, schrieb Valls auf Twitter.

Im Internet war eine zunächst nicht verifizierbare Erklärung aufgetaucht, in der sich der IS zu den Anschlägen von Freitagabend bekennt. Darin hieß es: „Eine treue Gruppe der Armee des Kalifats (...) griff die Hauptstadt der Unzucht und Laster an.“ Frankreich wird außerdem angedroht: „Dieser Überfall ist nur der erste Tropfen Regen und eine Warnung.“ Der Pariser Staatsanwalt François Molins sagte, die Terroristen hätten bei ihren Taten Syrien und Irak erwähnt. In beiden Ländern beherrscht der IS große Gebiete. Frankreich fliegt Angriffe gegen Stellungen der Extremisten.

Massenpanik im Fußball-Stadion geplant?

Bei den nahezu im Minutentakt aufeinanderfolgenden Anschlägen stimmten sich mehrere Terror-Teams ab. „Wahrscheinlich sind es drei koordinierte Teams von Terroristen, auf die diese Barbareien zurückgehen.“ Sieben Terroristen seien gestorben, sechs davon hätten sich in die Luft gesprengt. Der siebte wurde erschossen. Zunächst war von acht getöteten Angreifern die Rede gewesen. Sie benutzten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Außerdem hätten sie die absolut gleiche Art von Sprengstoffwesten getragen, sagte Molins - „darauf ausgelegt, ein Maximum an Opfern zu erzeugen durch den eigenen Tod“.

Paris: Der Terror und die Folgen

Paris: Sicherheitskräfte am Eiffelturm
Paris: Sicherheitskräfte am Eiffelturm © imago/Haytham Pictures | imago stock&people
Fußballfan in Wembley beim Spiel England gegen Frankreich
Fußballfan in Wembley beim Spiel England gegen Frankreich © REUTERS | Dylan Martinez
Polizisten des französischen Sondereinsatzkommandos am Mittwochmorgenin Saint-Denis bei Paris
Polizisten des französischen Sondereinsatzkommandos am Mittwochmorgenin Saint-Denis bei Paris © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Bei der Polizei-Razzia im Norden von Paris soll es am Mittwochmorgen mehrere Tote gegeben haben
Bei der Polizei-Razzia im Norden von Paris soll es am Mittwochmorgen mehrere Tote gegeben haben © dpa | Etienne Laurent
In der Wohnung sollen sich mehrere Terrorverdächtige verschanzt haben
In der Wohnung sollen sich mehrere Terrorverdächtige verschanzt haben © dpa | Ian Langsdon
Polizisten sichern das Länderspiel England gegen Frankreich in Wembley
Polizisten sichern das Länderspiel England gegen Frankreich in Wembley © dpa | Andy Rain
Terroreinsatz und Festnahmen. SEK-Beamte in Alsdorf bei Aachen
Terroreinsatz und Festnahmen. SEK-Beamte in Alsdorf bei Aachen © Getty Images News/Getty Images | Getty Images
Ein Kampfflugzeug der französischen Luftwaffe vor einem Einsatz gegen den Islamischen Staat (IS)
Ein Kampfflugzeug der französischen Luftwaffe vor einem Einsatz gegen den Islamischen Staat (IS) © dpa | Ecpad / Handout
Im Brüsseler Einwanderungsviertel Molenbeek wurden am späten Sonnabend insgesamt fünf Terrorverdächtige festgenommen
Im Brüsseler Einwanderungsviertel Molenbeek wurden am späten Sonnabend insgesamt fünf Terrorverdächtige festgenommen © dpa
Glassplitter des von den Terroristen genutzten schwarzen Seat Leon liegen auf der Straße des östlichen Pariser Vorortes Montreuil
Glassplitter des von den Terroristen genutzten schwarzen Seat Leon liegen auf der Straße des östlichen Pariser Vorortes Montreuil © dpa
Ein Polizist im Einsatz in der Pariser Innenstadt
Ein Polizist im Einsatz in der Pariser Innenstadt © dpa | Etienne Laurent
Konzertbesucher, die sich aus dem Theater Bataclan gerettet haben
Konzertbesucher, die sich aus dem Theater Bataclan gerettet haben © dpa | Christophe Petit Tesson
Menschen wärmen sich und warten darauf, mit einem Bus vom Attentatsort Bataclan wegzufahren
Menschen wärmen sich und warten darauf, mit einem Bus vom Attentatsort Bataclan wegzufahren © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Ein Archivfoto der US-Band Eagles of Death Metal, die während des Anschlags im Bataclan auftrat
Ein Archivfoto der US-Band Eagles of Death Metal, die während des Anschlags im Bataclan auftrat © REUTERS/ALEX MATTHEWS | STRINGER
Ein Rettungswagen an einem der Anschlagsorte in Paris nahe dem Platz der Republik
Ein Rettungswagen an einem der Anschlagsorte in Paris nahe dem Platz der Republik © dpa | Yann Schreiber
Beamte der Police Nationale kontrollieren an der Europabrücke in Straßburg (Frankreich) Fahrzeuge
Beamte der Police Nationale kontrollieren an der Europabrücke in Straßburg (Frankreich) Fahrzeuge © dpa
Polizisten vor Notre Dame
Polizisten vor Notre Dame © dpa | Ian Langsdon
Präsident Francois Hollande bei seiner nächtlichen TV-Ansprache
Präsident Francois Hollande bei seiner nächtlichen TV-Ansprache © REUTERS | POOL
Der Schriftzug
Der Schriftzug "Nous Sommes Unis" (Wir sind vereint) wird neben einem Eifelturm, dargestellt als Friedenszeichen, an die Fassade der Französischen Botschaft in Berlin projiziert. Urheber der Projektion ist der Berliner Lichtkünstler Oliver Bienkowski © dpa | Gregor Fischer
Polizei am Bataclan
Polizei am Bataclan © dpa | Yoan Valat
Am Bataclan Theater
Am Bataclan Theater © dpa | Yoan Valat
Anschlagsopfer vor dem kambodschanischen Restaurant in Paris
Anschlagsopfer vor dem kambodschanischen Restaurant in Paris © REUTERS | PHILIPPE WOJAZER
Erste Hilfe nahe dem Boulevard des Filles-du-Calvaire
Erste Hilfe nahe dem Boulevard des Filles-du-Calvaire © Getty Images | Thierry Chesnot
US-Präsident Barack Obama äußerte sich sofort nach den Anschlägen im Weißen Haus
US-Präsident Barack Obama äußerte sich sofort nach den Anschlägen im Weißen Haus © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Rettungskräfte nahe dem Boulevard des Filles-du-Calvaire
Rettungskräfte nahe dem Boulevard des Filles-du-Calvaire © Getty Images | Thierry Chesnot
Polizeikräfte in der Nähe des Restaurants 'Le Petit Cambodge'
Polizeikräfte in der Nähe des Restaurants 'Le Petit Cambodge' © dpa | Etienne Laurent
Die Polizisten sind auf der Suche nach den Schützen im Restaurant 'Le Petit Cambodge'
Die Polizisten sind auf der Suche nach den Schützen im Restaurant 'Le Petit Cambodge' © dpa | Etienne Laurent
Polizisten gehen in Deckung am Restaurant 'Le Petit Cambodge'
Polizisten gehen in Deckung am Restaurant 'Le Petit Cambodge' © dpa | Etienne Laurent
Ein französischer Polizist am Restaurant 'Le Petit Cambodge'
Ein französischer Polizist am Restaurant 'Le Petit Cambodge' © dpa | Etienne Laurent
Polizisten bei der Geiselnahme im Konzerthaus
Polizisten bei der Geiselnahme im Konzerthaus © dpa | Yoan Valat
Am Stade de France
Am Stade de France © REUTERS | BENOIT TESSIER
Polizei und Rettungskräfte am Boulevard Baumarchais
Polizei und Rettungskräfte am Boulevard Baumarchais © Getty Images | Thierry Chesnot
Polizei und Rettungskräfte am Boulevard Baumarchais
Polizei und Rettungskräfte am Boulevard Baumarchais © Getty Images | Thierry Chesnot
US-Präsident Barack Obama hat die Anschläge von Paris mit Dutzenden Toten als „abscheulichen Versuch“ verurteilt, die Welt zu terrorisieren
US-Präsident Barack Obama hat die Anschläge von Paris mit Dutzenden Toten als „abscheulichen Versuch“ verurteilt, die Welt zu terrorisieren © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Ein Polizist vor dem Stadion  Stade de France in Paris
Ein Polizist vor dem Stadion Stade de France in Paris © dpa | Ian Langsdon
Einsatzkräfte am Stade de France in Paris
Einsatzkräfte am Stade de France in Paris © dpa | Ian Langsdon
Menschen in der Nähe der Bataclan-Konzerthalle in Paris, wo nach Medienberichten rund 100 Menschen als Geiseln genommen wurden
Menschen in der Nähe der Bataclan-Konzerthalle in Paris, wo nach Medienberichten rund 100 Menschen als Geiseln genommen wurden © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Feuerwehrmänner bringen eine Verletzte in der Nähe der Bataclan-Konzerthalle in Sicherheit
Feuerwehrmänner bringen eine Verletzte in der Nähe der Bataclan-Konzerthalle in Sicherheit © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Die Bataclan-Konzerthalle
Die Bataclan-Konzerthalle © dpa | Christophe Petit Tesson
Polizisten vor dem Stade de France
Polizisten vor dem Stade de France © REUTERS | GONZALO FUENTES
Polizisten vor der Bataclan-Konzerthalle
Polizisten vor der Bataclan-Konzerthalle © dpa | Christophe Petit Tesson
Einsatzkräfte vor dem Stadion, wo Frankreich am Abend gegen Deutschland 2:0 gewonnen hat
Einsatzkräfte vor dem Stadion, wo Frankreich am Abend gegen Deutschland 2:0 gewonnen hat © REUTERS | GONZALO FUENTES
Einsatzkräfte vor der Bataclan-Konzerthalle
Einsatzkräfte vor der Bataclan-Konzerthalle © dpa | Christophe Petit Tesson
In der Halle sollen sich Geiselnehmer mit bis zu 100 Geiseln befinden
In der Halle sollen sich Geiselnehmer mit bis zu 100 Geiseln befinden © dpa | Christophe Petit Tesson
Polizisten vor dem Stadion
Polizisten vor dem Stadion © REUTERS | GONZALO FUENTES
Ein Polizist am Boulevard Baumarchais
Ein Polizist am Boulevard Baumarchais © Getty Images | Thierry Chesnot
Einsatzkräfte an der Konzerthalle
Einsatzkräfte an der Konzerthalle © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Blumen und Kerzen werden in Gedenken an die Opfer des Anschlags niedergelegt
Blumen und Kerzen werden in Gedenken an die Opfer des Anschlags niedergelegt © dpa | Jacek Turczyk
Kerzen, Blumen und das Wort
Kerzen, Blumen und das Wort "Paris" vor der französischen Botschaft in Berlin © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
"Wir sind vereint": Weltweit wird um die Opfer der Terroranschläge in Paris getrauert © dpa | Frank Rumpenhorst
Französisches Militär patroulliert in der Nähe des Eiffelturms
Französisches Militär patroulliert in der Nähe des Eiffelturms © REUTERS | YVES HERMAN
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Allein in der Konzerthalle „Bataclan“ richteten sie ein Massaker mit mindestens 80 Toten an. Vier Tote gab es in der Nähe des Stadions Stade de France. In dessen Nähe gab es demnach drei Explosionen.

Nach Informationen des „Wall Street Journal“ soll mindestens ein Täter ein Ticket für das Stadion gehabt haben. Er sei von einem Ordner beim Sicherheitscheck aufgehalten worden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen anderen Ordner und einen Polizisten. Bei dem Mann sei etwa eine Viertelstunde nach Spielbeginn am Stadioneingang eine Sprengstoff-Weste entdeckt worden. Bei der Flucht habe der Mann den Sprengstoff zur Explosion gebracht. Der Polizist vermute, dass der Angreifer den Sprengstoff im Stadion zünden wollte. Ziel sei vermutlich eine Massenpanik gewesen.

Schlimmste Terrorserie seit 2004

Die Anschläge sind die schlimmste Terrorserie in Europa seit mehr als zehn Jahren. Im März 2004 waren bei mehreren Anschlägen auf Züge in Madrid 191 Menschen getötet und annähernd 2000 verletzt worden - auch diese Anschläge gingen auf das Konto islamistischer Terroristen. Die Anschläge ereigneten sich nur zehn Monate nach dem Attentat auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ in Paris. Das Auswärtige Amt hatte zunächst keine Gewissheit, ob unter den Opfern auch Deutsche sind.

In Belgien wurde bei einer Razzia der Polizei im Brüsseler Stadtteil Molenbeek mehrere Menschen festgenommen. Einer soll am Freitagabend in der französischen Hauptstadt gewesen sein. Details nannte die Staatsanwaltschaft nicht. Die Pariser Behörden hätten in vier konkreten Fällen um Amtshilfe gebeten. Unter anderem sei es dabei um Informationen zu einem in Belgien angemeldeten Mietwagen gegangen, der in der Nähe der Pariser Konzerthalle „Bataclan“ gefunden wurde.

Bei einem der Attentäter wurde ein syrischer Pass gefunden, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Polizeikreise. Nach offiziellen Angaben aus Athen soll er Anfang Oktober als Flüchtling aus der Türkei nach Griechenland gekommen sein. Durch welche andere Länder er weiterreiste, war nicht bekannt, wie das Ministerium für Bürgerschutz mitteilte.

Behörden prüfen Verbindungen nach Deutschland

Auch Staats- und Regierungschefs in aller Welt richteten sich auf einen verstärkten Kampf gegen den Terror ein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dem Nachbarland „jedwede Unterstützung“ zu. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Anschläge als „abscheulichen Versuch“, die Welt zu terrorisieren. „Wir werden tun, was immer auch getan werden muss, um diese Terroristen zur Verantwortung zu ziehen.“ Syriens Machthaber Baschar al-Assad machte indes den Westen für die Ausbreitung des Terrors mitverantwortlich.

Die deutschen Behörden gehen nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Hochdruck möglichen Bezügen nach Deutschland nach. Der CDU-Politiker verwies auf den Fall eines 51 Jahre alten Autofahrers, der möglicherweise auf dem Weg nach Paris vor gut einer Woche in Oberbayern mit einem großen Waffen-Arsenal aufgeflogen war. Der Fall werde gerade aufgeklärt, betonte der Minister nach einer Krisensitzung im Kanzleramt. „Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen Bezug zu diesem Anschlag gibt.“ De Maizière betonte, die Lage sei ernst: „Auch Deutschland steht unverändert stark im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus.“

Die großen Industrie- und Schwellenländer (G20) wollen bei ihrem Gipfel an diesem Sonntag in der Türkei ebenfalls Front gegen den Terrorismus machen. Der türkische Staatspräsident und G20-Gastgeber Recep Tayyip Erdogan forderte einen internationalen Konsens dafür. Der Gipfel findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Küstenort Belek nahe Antalya statt. 12 000 Sicherheitskräfte sind im Einsatz.