Ein abgeschwächtes Steuerkonzept hat die FDP vorgelegt. Doch Kommunen und Steuerzahlerbund sehen auch die neuen Pläne skeptisch.

Berlin. Das Steuerkonzept der FDP ist bei den Kommunen auf Kritik gestoßen. Die Pläne seien unbezahlbar, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Kommunen könnten angesichts ihrer katastrophalen Finanzlage weitere Steuerentlastungen nicht verkraften.

Städte und Gemeinden würden von wegbrechenden Einnahmen und explodierenden Sozialausgaben in die Zange genommen, sagte Landsberg. „Wer Steuerentlastungen befürwortet, muss den Kommunen sagen, wie sie mit noch weniger Einnahmen die Kinderbetreuung verbessern, die Schulen sanieren, die Kultur fördern, die Jugendarbeit verbessern und mit weiteren Investitionen das örtliche Handwerk stärken sollen.“

Mit dem neuen Konzept sollen Bürger und Unternehmen um insgesamt 16 Milliarden Euro entlastet werden. Zudem sieht es statt des bisher geforderten Drei-Stufen-Tarifs nun fünf Stufen vor. Nach den Plänen der Liberalen soll der Freibetrag von 8004 Euro beibehalten werden, genauso der Eingangssteuersatz von 14 Prozent, wenn auch bis zu einem Jahreseinkommen von 12 500 Euro. Für Einkommen darüber hinaus ist ein Satz von 25 Prozent vorgesehen, ab 35 000 Euro soll der Satz auf 35 Prozent steigen. Bei mehr als 53 000 Euro Jahreseinkommen soll ein Satz von 42 Prozent gelten, ab 250 730 Euro sind 45 Prozent vorgesehen. Ursprünglich hatte die FDP einen Höchststeuersatz von 35 Prozent verlangt.

Auch die Deutsche Steuergewerkschaft reagierte skeptisch. Vor allem kritisierte sie die Pläne der Liberalen, wonach die Finanzämter künftig Steuererklärungsformulare selbst ausfüllen und dann dem Steuerzahler schicken sollen. „Das bedeutet für die Finanzämter viel Aufwand und hohe Kosten bei wenig Nutzen“, bemängelte der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, in der „Bild“-Zeitung.

In der schwarz-gelben Koalition traf das entschärfte FDP-Steuerkonzept auf Zustimmung und Erleichterung. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) reagierte verhalten: "Wir müssen realistisch sein. Angesichts der angespannten Haushaltssituation erscheint es mir nur schwer möglich, ein solches Entlastungsvolumen zu stemmen", sagte er dem Abendblatt. Er betonte: "Die öffentlichen Haushalte können weitere Einnahmeausfälle einfach nicht verkraften." Weiterhin gelte: "Auf Pump finanzierte Steuersenkungen sind vor dem Wähler nur schwer zu vertreten. Sie belasten zudem die Zukunft unserer Kinder. Das ist für mich kein politisches Ziel." Zudem seien die finanziellen Auswirkungen noch nicht genau zu beziffern, da insbesondere unbekannt sei, inwieweit die FDP die steuerliche Bemessungsgrundlage ändern wolle, so Tillich. "Wir müssen also das Konzept der FDP erst einmal sorgfältig prüfen. Ob es eine Verhandlungsgrundlage bilden kann oder nicht, wird man erst nach genauem Studieren sagen können."

Weniger skeptisch schätzte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Meister (CDU), das neue FDP-Konzept ein. Das sei eine „deutliche erfreuliche Bewegung der FDP“ und ein „massiver Fortschritt“, sagte Meister sagte im Deutschlandradio Kultur. Das Papier sei eine „gute Grundlage, um im Sommer zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen“. Meister begrüßte vor allem das Entgegenkommen der FDP sowohl beim Zeitplan als auch beim Entlastungsvolumen.

Zustimmung kam auch von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU): „Die FDP hat sich bewegt. Die Richtung stimmt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). „Beim Zeitplan für die Steuerreform sind die Liberalen jetzt flexibler. Im nächsten Jahr wird es noch keine weiteren Steuerentlastungen geben. Da sind wir uns jetzt einig. Auch beim Stufentarif kommt uns unser Koalitionspartner nun entgegen.“ Schwarz-Gelb werde nach der Steuerschätzung Anfang Mai prüfen, wie viel Spielraum es für eine Entlastung gebe.

Vorwürfe, die FDP habe Wahlversprechen gebrochen, wies Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zurück. „Wir sind überhaupt nicht umgefallen – das ist dummes Zeug“, sagte er im Deutschlandfunk. Im Koalitionsvertrag sei eine Gesamt-Steuerentlastung von 24 Milliarden Euro vorgesehen. Rechne man das Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit an, werde dieses Ziel erreicht, argumentierte Brüderle. Auch der jetzt anvisierte Zeitpunkt für die Steuerreform im Jahr 2012 sei immer als Möglichkeit in Betracht gekommen. Steuerentlastungen und Haushaltskonsolidierung seien „zwei Seiten einer Medaille“.