Kanzlerin Angela Merkel will Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen. Der Widerstand in den Ländern ist groß.

Berlin. Im Streit zwischen Union und FDP um die Höhe der Steuerentlastungen zeichnet sich ein Kompromiss ab.

Angesichts der massiven Staatsschulden ist die FDP nun notfalls doch bereit, die vereinbarten Steuersenkungen in zwei Stufen umzusetzen. Diese Kompromisslinie deutete FDP-Chef Guido Westerwelle nach dpa- Informationen in Sitzungen der FDP-Gremien an. Er wurde mit den Worten zitiert: „Das Ganze muss zeitlich aufgefächert werden.“

Sieben Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen will die schwarz-gelbe Koalition nach monatelangem Streit wieder in die Offensive. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei einem kleinen Parteitag der CDU in Berlin Steuerentlastungen vor allem für kleine und mittlere Einkommen zu. „Wenn wir die Möglichkeit haben, Steuern zu senken, dann muss das in diesem Bereich geschehen.“

Zugleich stimmte sie die Bundesbürger auf einen strikten Sparkurs ein. „Wir müssen alle Kraft darauf lenken, dass wir die Vorgaben der Schuldenbremse möglichst vernünftig einhalten“, sagte die CDU-Chefin.

Das Volumen der Entlastungen soll nach den FDP-Vorstellungen bis zum Ende der Legislaturperiode möglichst bei 16 bis 19 Milliarden Euro jährlich bleiben. Die FDP wird bei ihrem Parteitag am 24. und

25. April in Köln ihr Steuerkonzept beschließen. Die Liberalen seien dann auch bereit, nach der Vorlage der Steuerschätzung Anfang Mai und noch vor der NRW-Wahl am 9. Mai das Steuerkonzept mit der Union zu vereinbaren, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. „Wir sind gesprächsbereit.“ Bei der Union gebe es zum Zeitplan aber noch ein uneinheitliches Bild.

Am Wochenende hatten mehrere CDU-geführte Bundesländer sowie Bundespräsident Horst Köhler angesichts der prekären Haushaltslage vor massiven Steuerentlastungen gewarnt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sprach sich strikt gegen rasche Steuersenkungen aus. „Weitere Steuerausfälle können wir schlicht nicht verkraften“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Dagegen hält die Südwest-FDP unbeirrt an weiteren Entlastungen fest. „Ich für meinen Teil bleibe dabei, dass man nach der Wahl halten muss, was man vor der Wahl versprochen hat“, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

Die Bundesregierung wird nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) noch vor der NRW-Wahl klarmachen, dass es in diesem Jahr keine große Steuersenkung geben wird. „Es kann nicht sein, dass Kommunen Kindergärten nicht ausbauen können, Schwimmbäder schließen müssen für Steuersenkungen, für die kein Geld mehr ist.“ Er will wie Merkel den finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen ausweiten.

Trotz lauter werdender Sparankündigungen der Regierung dringt die Wirtschaft weiterhin auf deutliche Steuerentlastungen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, sagte der „Berliner Zeitung“: „Es ist wichtig, dass die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag vereinbarte grundlegende Steuerreform auf den Weg bringt.“ Allerdings hält auch der Industrieverband eine stufenweise Einführung für möglich. (dpa)