Nach Merkels Regierungserklärung soll es überraschend ein weiteres Votum geben. Die Franzosen fürchten die deutsche Dominanz.

Brüssel. Die umstrittenen Neuregelungen des Euro-Rettungsschirms EFSF sollen nun doch im Plenum des Bundestages und nicht nur vom Haushaltsausschuss entschieden werden. Mit diesem Vorschlag überraschte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Montag die Opposition und Teile der eigenen Reihen. Bislang wollte Schwarz-Gelb diese Regelungen allein im kleinen Rahmen des Haushaltsausschusses beraten lassen. Währenddessen wird in Brüssel nach Angaben aus Regierungskreisen über zwei Optionen zur Stärkung des EFSF verhandelt.

Diese soll entweder auf Basis einer Versicherungslösung geschehen, bei dem der EFSF privaten Abnehmern von Anleihen eine Garantie für einen Teil der Forderungen abgibt, oder unter Einbeziehung von Staatsfonds sowie dem IWF, mit dem eine Zweckgesellschaft kapitalisiert wird, um Anleihen kriselnder Euro-Staaten aufzukaufen. Möglich ist den Angaben zufolge auch eine Mischung beider Formen. Die Euro-Länder wollen sich am Mittwoch in Brüssel endgültig auf eine Lösung verständigen.

Unterdessen stehen die Verhandlungen mit den Banken über einen Schuldenschnitt für Griechenland nach Kommissionsangaben vor einem Durchbruch. „Wir sind einer Einigung ziemlich nahe“, sagte Kommissionssprecher Amadeu Altafaj Tardio in Brüssel. Es sei klar, dass der Privatsektor im neuen Griechenland-Programm „eine wichtige Rolle“ übernehmen werde. Nach der Schuldenanalyse der Troika müssten Banken und Fonds auf mindestens 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten, um die Finanzierungslücke Athens zu schließen. Altafaj Tardio betonte, die Kommission ziehe eine freiwillige Einigung einem erzwungenen Schuldenschnitt vor.

Schwenk der Koalition

Kauder sagte zu den Plänen, die Eckpunkte des EFSF nunmehr im gesamten Bundestag beraten zu lassen, dass erst jetzt diskutiert werde, „ob die Wahrscheinlichkeit, dass der staatliche Haftungsfall eintritt, sich verändert hat“. Kauder wies darauf hin, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärt habe, es könne derzeit niemand genau sagen, ob ein höheres Haftungsrisiko mit dem Euro-Hebel im EFSF eintrete. Es könnte auch sein, dass mit mehr Liquidität zur Unterstützung kriselnder Euro-Staaten dieses Risiko sich verringere. Derzeit sei nur klar, dass der deutsche Haftungsrahmen von 211 Milliarden Euro nicht überschritten werde.

Die Opposition reagierte erfreut auf die Ankündigung. Es sei höchste Zeit gewesen, „dass nicht klandestin, heimlich irgendwo in Ausschüssen, sondern im Plenum des Deutschen Bundestages debattiert und anschließend entschieden wird“, sagte SPD-Chef Frank-Walter Steinmeier nach einer Unterrichtung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den EU-Gipfel vom Sonntag.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wertete die Ankündigung der Koalitionsfraktionen als Bestätigung der eigenen Linie. Noch am Freitag hatte das Plenum Vorstöße der Opposition zurückgewiesen, diese Debatte öffentlich zu führen und nicht nur hinter verschlossenen Türen des Haushaltsausschusses. Nach Trittins Darstellung ist für den erweiterten Rettungsschirm EFSF die Einführung eines Hebels geplant, mit dem der EFSF über mehr als eine Billion Euro an Hilfsgeldern mobilisieren könnte. Trittin sagte weiter, die Rekapitalisierung der Banken soll in Europa etwa 100 Milliarden Euro betragen. Auf Deutschland entfielen davon etwa 5,5 Milliarden.

Merkel habe zudem klargestellt, dass es neben dem geplanten Schuldenschnitt für Griechenland ein zusätzliches Hilfspaket für das verschuldete Land geben werde, sagte Trittin. Darüber werde aber erst im Dezember entschieden. Weder Steinmeier noch Trittin wollten Angaben zum Abstimmungsverhalten ihrer Fraktionen im Bundestag machen. Dafür müssten erst die konkreten Texte vorliegen.

Merkel gibt am Mittwoch Regierungserklärung ab

Merkel wird am Mittwoch eine Regierungserklärung zur Europapolitik abgeben. Sie will das Parlament um 12.00 Uhr über den zweigeteilten EU- und Euro-Gipfel in Brüssel unterrichten. Ursprünglich wollten die 27 Staats- und Regierungschefs bereits am vergangenen Sonntag über die EFSF-Neuregelungen entscheiden. Doch fehlten wichtige Details zu den neuen Richtlinien. Daher sollen nun erst am Mittwoch die Entscheidungen fallen. Klar ist nur, dass die Bundesregierung an der Forderung festhält, den deutschen Garantierahmen bei 211 Milliarden Euro zu deckeln.

(dpa/dapd)