Im Rahmen der “Occupy Wall Street“ Proteste sind Hunderte in die Park Avenue marschiert. Es geht um den Graben zwischen Arm und Reich.

Washington. Die Kapitalismus-Kritiker von der Bewegung Occupy Wall Street (Besetzt die Wall Street) haben nun erstmals ihren Protest zu den Adressaten persönlich getragen. Nachdem sie zunächst im New Yorker Finanzdistrikt gegen Wall-Street-Gesellschaften, die grassierende Gier und den Graben zwischen Armen und Reichen protestiert hatten, marschierten sie in eines der exklusivsten Wohnviertel von New York.

Ihr „Marsch der Millionäre“ begann gesittet in Zweierreihen auf dem Bürgersteig, weil sie keine Demonstrationserlaubnis hatten. Dann aber schwoll der Zug an, und es waren Hunderte, die in der Fifth Avenue und der Park Avenue in Manhattan vor den Wohnungen und Häusern des Medienmoguls Rupert Murdoch, des Chefs der Großbank JP Morgan Chase, Jamie Dimon, und des Ölmilliardärs David Koch auftauchten.

An der Kreuzung von Park Avenue und 93. Straße stoppten sie vor Dimons Appartement und riefen: „Wo ist unser Rettungspaket? Wie können wir diese Verschuldung beenden?“ und „Beendet den Krieg, besteuert die Reichen!“. JP Morgan hatte wie andere Banken staatliche Rettungskredite erhalten. Das Geld wurde mittlerweile wieder zurückgezahlt. Am Mittwoch war Dimon erneut Adressat des Protestes, als vor dem Gebäude von JP Morgan gegen Steuersenkungen protestiert wurde.

+++ Proteste weiten sich aus - Obama äußert Verständnis +++

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, selbst ein Milliardär, sprang dem Bankdirektor bei: Dimon habe „mehr Geschäfte in diese Stadt gebracht als vielleicht irgendein anderer moderner Banker“, erklärte das Stadtoberhaupt. „Ich weiß nicht, wozu es gut sein soll, hierherzukommen und gegen ihn zu demonstrieren. Jamie Dimon ist ein ehrenhafter Mensch. Er arbeitet hart. Er bezahlt seine Steuern“.

Bahran Admadi, ein arbeitsloser Taxifahrer und Kunsthändler unter den Demonstranten, sagte, er habe „persönlich nichts“ gegen die Reichen. „Aber einige von ihnen saugen das Blut der Leute. Alles wird immer schlimmer, während wir immer härter arbeiten“.

An einem Gebäude brachten die Protestierenden einen überdimensionalen symbolischen Scheck an. Er war ausgestellt auf das „eine Prozent der Oberen über fünf Milliarden Dollar“. Das ist die Größenordnung der vorgesehenen Steuersenkung für New Yorker, die 250.000 Dollar und mehr verdienen.

Nichts Persönliches

Auch Michael Pollack, Angestellter eines Anwaltsbüros, versicherte, er habe persönlich nichts gegen die Reichen. „Ich möchte nur, dass sie einen gerechten Anteil an Steuern zahlen“. Sein Plakat richtete sich an den Kaufhausgründer Edward Filene: „Warum sollte das amerikanische Volk nicht die Hälfte meines Geldes nehmen? Ich habe es ja alles von ihm“, hatte er darauf gepinselt. Es sei Zeit für eine neue Wirtschaftspolitik (New Deal), sagte Pollack.

Der Protest in New York begann, als staatliche Bilanzprüfer einen Bericht herausgaben, nach dem in der Wall Street wegen der internationalen Finanzkrise wieder Jobs verloren gehen. 4.100 Stellen seien seit dem Frühjahr bereits gestrichen worden, 10.000 weitere könnten es bis Ende 2012 werden.

Die Jobverluste seien nicht unbedingt schlecht, merkte Christopher Guerra, einer der Occupy Wall Street-Aktivisten, sarkastisch an. „Das heißt doch, dass mehr Leute auf unserer Seite sein werden.“ Guerra fügte hinzu: „Die Finanzinstitute zerstören dieses Land und verdrängen Jobs ins Ausland. Wenn sie aufs Kreuz gelegt werden, werden sie erkennen, dass es wahr ist, was wir sagen.“

(abendblatt.de/dapd)