Stammesführer in belagerter Gaddafi-Hochburg Bani Walid sind geteilter Meinung über weiteres Vorgehen. Die Nato flog Angriffe über Nacht.

Tarhuna/Libyen. Westliche Geheimdienste wie die CIA haben eng mit dem Geheimdienst des bisherigen libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi zusammengearbeitet. Das geht aus Dokumenten hervor, die im Gebäude des libyschen Geheimdienstes in Tripolis gefunden wurden. Südöstlich der Hauptstadt sind die Stammesführer in der belagerten Gaddafi-Hochburg Bani Walid nach Aussage der Rebellen geteilter Meinung über ihr weiteres Vorgehen. In Italien forderte Außenminister Franco Frattini den Westen auf, beim Aufbau einer neuen Regierung in Libyen nicht die Fehler aus dem Irak zu wiederholen.

Hinweise auf Verbindungen zwischen westlichen Geheimdiensten und dem des libyschen Regimes gab es zwar auch schon zuvor, in den jetzt aufgetauchten Unterlagen finden sich jedoch neue Details. Viele dieser Länder beteiligten sich an den NATO-Angriffen, die den Rebellen beim Sturz Gaddafis halfen.

Die CIA ließ demnach auch Terrorverdächtige zu Verhören nach Libyen fliegen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die die Nachrichtenagentur AP am Sonnabend einsehen konnte. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem schwarzen Kapitel in der Geschichte des US-Geheimdienstes. In Washington lehnte CIA-Sprecherin Jennifer Youngblood eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab. Die CIA arbeite mit ausländischen Regierungen zusammen, um die USA vor Terrorismus und anderen tödlichen Bedrohungen zu schützen, sagte Youngblood. «Das ist genau das, was von uns erwartet wird.»

Derweil herrscht in der von libyschen Rebellen umlagerten Gaddafi-Hochburg Bani Walid offenbar Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Die Stammesführer seien sich nicht einig, ob sie sich ergeben oder im Zweifelsfall gegeneinander kämpfen sollten, sagten die Aufständischen, die zuvor einen Angriff auf den Ort angekündigt hatten.

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Die Verhandlungen über eine friedliche Kapitulation seien gescheitert, hatte der Rebellenkommandeur Mohammed al Fassi gesagt, und den Stammesführern in Bani Walid vorgeworfen, sie hätten die Gespräche blockiert. Rebellen aus Misrata berichteten am späten Samstagabend, dass sie bei der Einnahme zweier Militärlager in den Außenbezirken von Bani Walid auf keinerlei Gegenwehr gestoßen seien.

Die Nato berichtete, sie habe über Nacht in der Nähe von Sirte, einer weiteren Gaddafi-Hochburg, sowie nicht unweit von Hun Angriffe auf Militärbaracken, ein Lager der Polizei sowie mehrere andere Ziele geflogen. Ebenso sei ein Munitionslager in der Nähe von Bani Walid angegriffen worden, teilte das Bündnis mit.

Tausende Anhänger der Rebellen haben die Ortschaft Bani Walid umstellt und standen am Sonntag etwa 15 Kilometer vom Zentrum entfernt. Vom Süden her strömten Anhänger des früheren Machthabers Gaddafi in die Stadt, erklärte Al Fassi. Wie viele es seien, könne er aber nicht sagen. «Wir wollten ohne Blutvergießen vorgehen, aber sie haben unseren gesteckten Zeitplan ausgenutzt, um sich selbst zu schützen», sagte Al Fassi.

Gleichwohl sagte ein in Bengasi ansässiger Sprecher der Rebellen-Streitkräfte, dass die Mitglieder des in Bani Walid lebenden Stammes der Warfala sich ergeben würden. «Sie werden am Ende aufgeben, weil sie Cousins sind und nicht das Blut des anderen vergießen wollen», sagte er. Ein Vertreter des Nationalen Übergangsrates berichtete, die Verhandlungsführer stünden im Kontakt zu Stammesmitgliedern beider Lager – jenen, die sich der Oppositionsbewegung anschließen wollten, sowie jenen, die weiterhin loyal zu Gaddafi stünden.

Bani Walid liegt rund 140 Kilometer südöstlich von Tripolis und ist eine der Städte, in denen Gaddafi vermutet wird. Auch dessen Heimatstadt Sirte und Sabha in der libyschen Wüste wurden von den Rebellen als mögliche Verstecke genannt. In Bani Walid leben viele Angehörige des Stammes der Warfala, der mit einer Million Mitgliedern ein Sechstel der libyschen Bevölkerung ausmacht. Gaddafi hatte vergangene Woche in einer Audiobotschaft gesagt, die Warfala gehörten zu jenen, die ihn bis zum Tod verteidigen würden.

Der italienische Außenminister Franco Frattini forderte den Westen am Rande eines Wirtschaftsforums in Cernobbio auf, beim Aufbau einer neuen Regierung in Libyen nicht die Fehler aus dem Irak zu wiederholen. So warnte er vor einer möglichen Infiltration der zukünftigen libyschen Regierung durch Extremisten. Es wäre ein «großer Fehler», wie in der Nachkriegszeit des Iraks alle Bürokraten auszutauschen. (dapd/abendblatt.de)