Gerade wurde eine Gruppe Reporter befreit, als die nächste Nachricht über entführte Journalisten eintrifft. Schwere Kämpfe in Tripolis.

Tripolis. Das Regime des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi ist am Ende, doch trotz der Siegesfeiern der Rebellen kämpfen seine letzten Getreuen erbittert gegen den Untergang. In Tripolis und anderen Orten Libyens lieferten sich Aufständische und Gaddafis Truppen am Mittwoch weiterhin teils schwere Gefechte. In den teilweise chaotischen Verhältnissen wurden vier italienische Journalisten in der Nähe von Tripolis von Gaddafi-Milizen entführt, zwei französische Reporter wurden nach Medienberichten bei Gefechten in der Hauptstadt angeschossen.

Die Übergangsregierung läutet bereits eine neue Ära ein. Sie legte einen Zeitplan für das Libyen nach Gaddafi vor und kündigte Wahlen binnen acht Monaten an. In Paris kündigte der französische Staatschef Nicolas Sarkozy eine Libyen-Aufbaukonferenz für den 1. September in der französischen Hauptstadt an. „In voller Übereinstimmung mit (dem britischen Regierungschef) David Cameron haben wir beschlossen, eine große internationale Konferenz zugunsten des freien Libyen von morgen einzuberufen – um zu zeigen, dass wir uns nun mit der Zukunft befassen“, sagte Sarkozy nach einer Unterredung mit dem Chef der Übergangsregierung, Mahmud Dschibril, im Élysee-Palast.

Nach der Erstürmung seines Hauptquartiers kündigte Gaddafi in der Nacht zum Mittwoch in einer Audiobotschaft einen Kampf „bis zum Märtyrertod oder Sieg“ an. Wo sich der Despot versteckt, blieb unklar. Die USA vermuten ihn noch in Libyen. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass er das Land verlassen hat“, sagte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest. Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Dschasira hat die Übergangsregierung ein Kopfgeld von 1,7 Millionen Dollar auf Gaddafi ausgesetzt.

Gaddafis Anhänger hielten nach Berichten arabischer Medien noch in zwei Stadtvierteln von Tripolis die Stellung. In einem dieser Viertel liegt das Hotel Rixos, in dem Soldaten seit Sonntag mehrere Dutzend ausländische Journalisten und Diplomaten festgesetzt hatten. Nach Tagen der Angst durften sie das Hotel am Mittwoch verlassen. Anhänger Gaddafis hätten ihnen erklärt, dass sie gefahrlos gehen könnten, berichtete CNN-Reporter Matthew Chance am Nachmittag. „Es war ein Alptraum.“ Vor dem Hotel war in der Nacht zum Dienstag auch der vermeintlich festgenommene Gaddafi-Sohn Saif al-Islam aufgetreten.

Am Mittwochabend teilte das Außenministerium in Rom mit, dass in Libyen vier italienische Journalisten entführt wurden. Der regionale italienische Journalistenverband von Latium bestätigte die Entführung. Getreue von Diktator Muammar al-Gaddafi hätten die Journalisten auf dem Weg nach Tripolis angehalten und den Fahrer erschossen. Das habe einer der Entführten per Telefon mitgeteilt. Pariser Medien berichteten am Abend, dass in Tripolis zwei französische Reporter von Kugeln getroffen und verletzt wurden.

Im Inneren von Gaddafis Hauptquartier wurde laut BBC am Mittwoch noch gekämpft. Der innere Zirkel werde weiter von dessen Soldaten kontrolliert. Auch in der Nähe des internationalen Flughafens in Tripolis gab es weitere Gefechte.

Laut Al-Dschasira griffen Regierungstruppen in der Nacht auch die Rebellen-Hochburg Misrata mit Scud-Raketen an. Die Aufständischen rückten derweil weiter auf Gaddafis Heimatstadt Sirte vor. Um blutige Kämpfe zu vermeiden, liefen Verhandlungen zur friedlichen Übergabe, verlautete aus der Küstenstadt.

Allein beim Kampf um Tripolis seien bisher 435 Menschen getötet und mehr als 2000 verletzt worden, sagte ein Mitarbeiter des Zentralkrankenhauses der Nachrichtenagentur dpa. Laut Hilfsorganisationen gibt es inzwischen große Engpässe bei der medizinischen Versorgung und dem Nachschub an Lebensmitteln.

Die Kämpfe verhindern auch, dass Ausländer aus Tripolis über See in Sicherheit gebracht werden können. Ein von Malta entsandtes Schiff sei am Sonntag beschossen worden, als es versucht habe, in den Hafen von Tripolis einzulaufen, sagte ein Sprecher der maltesischen Regierung der Deutschen Presse-Agentur.

Angesichts der Kämpfe konnte auch der Übergangsrat der Rebellen bislang nicht von Bengasi nach Tripolis umziehen. Vertreter des nationalen Übergangsrates führten am Mittwoch Gespräche mit Vertretern der Europäischen Union, der USA und anderen Staaten über die Zukunft Libyens. Laut BBC baten sie um die Freigabe von 2,5 Milliarden Dollar eingefrorener Gelder des Gaddafi-Regimes. Sarkozy sagte dazu in Paris, dass dies bei der Libyen-Aufbaukonferenz erledigt werden könne. „Wir brauchen gar nicht viel Geld zu mobilisieren. Die Mittel aus den Kassen des Gaddafi-Clans sollten für das Volk zur Verfügung stehen“, sagte Sarkozy.

Die Übergangsregierung setzt auf einen raschen demokratischen Wandel. Nach ihrem Willen soll es innerhalb von acht Monaten nach dem Sturz Gaddafis Parlaments- und Präsidentenwahlen geben. „Wir wollen eine demokratische Regierung und eine gerechte Verfassung“, sagte der Vorsitzende Mustafa Abdul Dschalil der römischen Tageszeitung „La Repubblica“. Er wolle keine Racheakte und Exekutionen, sondern dass Gaddafi der Prozess gemacht werde.

Dieser gab sich trotz aller militärischen Rückschläge unbeugsam. In zwei Audiobotschaften rief der 69-Jährige die Bevölkerung zum Widerstand auf und kündigte an, er werde bis zum „Märtyrertod oder Sieg“ kämpfen. Unklar blieb, ob er sich in der Hauptstadt Tripolis versteckt hält oder in den Süden des Landes geflüchtet ist.

Die Europäische Union steht bereit, ab sofort humanitäre Hilfe für die Bevölkerung Libyens leisten. In den vergangenen Monaten seien erhebliche Lager von Hilfsgütern in dem von Rebellen kontrollierten Osten des Landes angelegt worden, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa in Brüssel. Diese könnten nun mit Hilfe der UN und Hilfsorganisationen verteilt werden.

Die Entwicklungen am Mittwoch zum Nachlesen:

Der Kampf in Libyen scheint entschieden. Diktator Muammar al-Gaddafi ist auf der Flucht, aber noch nicht gefasst. Auch wehren sich Teile seiner Anhängerschaft mit Waffengewalt gegen den Machtwechsel. Der Tag in Libyen im Live-Ticker:

23:11 Uhr - Nach Berichten der Aufständischen sind in der Nacht zum Donnerstag in der Nähe des internationalen Flughafens der Hauptstadt Tripolis schwere Kämpfe ausgebrochen, bei denen unter anderem Grad-Raketen zum Einsatz gekommen seien. Der amerikanische Nachrichtensender CNN berichtete von einer getroffenen Maschine auf dem Flughafen, die anschließend in Flammen aufgegangen sei.

21:44 Uhr - Marokkos Regierung hat den Nationalen Übergangsrat als legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkannt. Nach Berichten der Nachrichtenagentur MAP fand am Mittwoch in Bengasi ein Treffen zwischen dem marokkanischen Außenminister Taib Fassi Fihri und dem Vorsitzenden des Übergangsrats Mustafa Abdul Dschalil statt. Dabei überbrachte Fassi Fihri die Glückwünsche des marokkanischen Königs zu den Fortschritten bei der "Verwirklichung der legitimen Bestrebungen des libyschen Volkes".

21:29 Uhr - Frankreich will den libyschen Rebellen in ihrem Kampf gegen das Regime des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi weiterhin militärische Unterstützung zukommen lassen. Das teilte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Mittwoch nach einem Treffen mit Rebellenführer Mahmud Dschibril vor Journalisten in Paris mit.

20:49 Uhr – Vier italienische Journalisten sind in Libyen entführt worden. Das berichtete die Agentur Ansa. Das Außenministerium in Rom erklärte, sie seien am Morgen bei Sawija verschleppt worden. Dabei handelt es sich um andere als die aus dem Rixos-Hotel befreiten Journalisten. Das italienische Außenministerium teilte am Mittwoch mit, die Reporter seien auf der Straße von Sawija nach Tripolis offenbar von Anhängern des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi entführt worden. Ihr Fahrer sei erschossen worden. Einer der Entführten war laut italienischen Medienberichten in der Lage, in Mailand anzurufen und zu sagen, dass es allen vier gut gehe.

19:18 Uhr - Sarkozy kündigt Libyen-Konferenz für 1. September an: „In voller Übereinstimmung mit (dem britischen Regierungschef) David Cameron haben wir beschlossen, eine große internationale Konferenz zugunsten des freien Libyens von morgen einzuberufen – um zu zeigen, dass wir uns nun mit der Zukunft befassen“, sagte Sarkozy nach einer Unterredung mit Rebellenchef Mahmud Dschibril im Élyseepalast.

18:38 Uhr - Er werde siegen oder bis zum Tod kämpfen, sagte Gaddafi in einer Rede, die von einem arabischen Rundfunksender ausgestrahlt wurde. Die Libyer rief er dazu auf, Tripolis von Verrätern zu säubern. Er selbst sei heimlich in der Hauptstadt unterwegs gewesen ohne erkannt worden zu sein. „Und ich hatte nicht das Gefühl, dass Tripolis in Gefahr ist.“

18:25 Uhr - Der Sohn des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi versucht laut dem amerikanischen Fernsehsender CNN, einen Waffenstillstand in Tripolis auszuhandeln.

17:19 Uhr - Nach dem Umbruch in Tripolis hat die Enthüllungsplattform WikiLeaks zahlreiche Dokumente im Internet veröffentlicht, bei denen es sich um Mitteilungen von US-Diplomaten zur Situation in Libyen handeln soll. Die auf der Website publizierten Schreiben stammen aus der Zeit vor der Rebellion gegen das Gaddafi-Regime und reichen bis in die 80er Jahre zurück. WikiLeaks teilte im Kurzmitteilungsdienst Twitter mit, dass insgesamt 349 Libyen-Dokumente veröffentlicht worden seien.

17:03 Uhr - Wegen der unsicheren Lage im umkämpften Tripolis hat ein von Malta nach Libyen entsandtes Schiff dort keine Ausländer aufnehmen können. Das Schiff „Trivia 1“ kehre nach Malta zurück, um dort die Besatzung auszutauschen, sagte ein Sprecher der maltesischen Regierung. Das Schiff sei am Sonntag beschossen worden, als es versucht habe, in den Hafen von Tripolis einzufahren, um dort etwa 60 Ausländer aufzunehmen und in Sicherheit zu bringen.

17:02 Uhr - Die in einem Hotel in der libyschen Hauptstadt Tripolis festgehaltenen Journalisten sind nach eigenen Angaben befreit worden. Zuvor war es den Reportern von bewaffneten Anhängern des einstigen Machthabers Muammar al Gaddafi untersagt worden, das Rixos-Hotel zu verlassen.

16:44 Uhr - Die Rebellen in Libyen haben nach Angaben arabischer Medien ein Kopfgeld auf Muammar al-Gaddafi ausgesetzt. Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Dschasira will der nationale Übergangsrat für die Ergreifung des untergetauchten Diktators 1,7 Millionen Dollar (1,17 Mio Euro) bezahlen – tot oder lebendig. Auch der Sender Al-Arabija berichtete, das sei im Übergangsrat vereinbart worden, nannte aber keine Summe. Bisher hatte die Rebellen-Regierung erklärt, Gaddafi solle lebend gefangen genommen und vor Gericht gestellt werden.

16:23 Uhr - Deutschland will Libyen beim Wiederaufbau rechtsstaatlicher und demokratischer Strukturen helfen. Für die Nach-Gaddafi-Ära würden dem Nationalen Übergangsrat kurzfristig Kredite in Höhe von bis zu 100 Millionen Euro gewährt, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Das Geld solle für zivile, humanitäre Projekte verwendet werden. Der Übergangsrat werde den Einsatz der Gelder kontrollieren. Auch das derzeit in Deutschland eingefrorene Staatsvermögen Libyens in Höhe von rund sieben Milliarden Euro soll so schnell wie möglich freigegeben werden.

16:14 Uhr - Nach Angaben des libyschen Außenministers verfügt der langjährige Machthaber Muammar al Gaddafi über keinen Einfluss im Land mehr. Abdul Ati al Obeidi sagte dem britischen Rundfunksender Channel 4, er stehe nicht mehr mit anderen Regierungsvertretern in Kontakt. Alles deute daraufhin, dass Gaddafi alle seine Optionen ausgeschöpft habe.

16:04 Uhr - Ein libyscher Rebellenführer hat Journalisten und Diplomaten in Tripolis vor Entführern aus den Reihen des Regimes von Muammar al-Gaddafi gewarnt. Die Aufständischen hätten erfahren, dass verbliebene Einheiten des Regimes angewiesen seien, Ausländer als Druckmittel zu verschleppen, sagte der Anführer einer Rebellenmiliz im Westen von Tripolis.

+++ WENN VERHASSTE SYMBOLE GESTÜRZT WERDEN +++

+++ WO VERSTECKT SICH DER DIKTATOR +++

+++ WAS DEM LIBYSCHEN STAAT IM AUSLAND GEHÖRT +++

15:46 Uhr - Die Aufständischen in Libyen rücken weiter auf Gaddafis Heimatstadt Sirte vor. Um blutige Kämpfe zu vermeiden, liefen Verhandlungen, verlautete aus der Küstenstadt. Stammesälteste hätten den Rebellen aber gesagt, sie benötigten Zeit für eine friedliche Übergabe der Stadt. Am Dienstag waren Rebellenkämpfer bis auf 30 Kilometer auf Sirte herangekommen.

15:35 Uhr - Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hofft, dass nach den politische Veränderungen in Libyen mutmaßliche Mittäter des Anschlags auf die Berliner Diskothek „La Belle“ doch noch vor Gericht kommen. Die Anklagebehörde habe über die Jahre vier internationale Haftbefehle gegen mutmaßliche libysche Mittäter aufrechterhalten, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis im Deutschlandfunk. Man werde sehen, „ob angesichts der veränderten Verhältnisse entweder sich die neue libysche Regierung hier darum kümmert und diese Beschuldigten einer Strafverfolgung zuführt“ oder ob man sich entschließen könne, die Beschuldigten auszuliefern. „Also, die Geschichte ist noch nicht gegessen.“

15:11 Uhr - Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat dem libyschen Volk zur Befreiung von Diktator Muammar Al-Gaddafi gratuliert. Die libyschen Freiheitskämpfer hätten über Monate hinweg unter Gefahr von Leib und Leben für ein freiheitliches, demokratisches und gerechtes Libyen gekämpft, erklärte der ZMD-Vorsitzende Aiman A. Mazyek in Köln. Er bekundete die Hoffnung, dass sich die „die tiefen Wunden der Diktatur“ überwinden lassen und nicht Hassgefühle und Rache um sich greifen.

14:46 Uhr - Die deutsche Wirtschaft könnte nach den Worten von Interessenvertretern vom Umbruch in Libyen profitieren. Das Land werde sich beim Wiederaufbau auf Deutschland verlassen, sagte der Generalsekretär von Ghorfa, der Arabisch-Deutschen Handels- und Industriekammer, Abdulaziz Al-Mikhlafi. „Deutsche Unternehmen haben in Libyen gute Referenzen.“ Dass sich Deutschland bei der UN-Resolution zum Libyen-Einsatz der Stimme enthalten hat, sieht Al-Mikhlafi nicht als Problem für die Stellung Deutschlands in Libyen.

14:36 Uhr - Großbritannien will die Freigabe von eingefrorenem libyschen Vermögen für den Wiederaufbau des Landes vorantreiben. Die britische Regierung sei sowohl an militärischen als auch an humanitären Bemühungen in Libyen „aktiv beteiligt“. Sie arbeite auch darauf hin, in Großbritannien eingefrorene Gelder freizugeben, sagte Außenminister William Hague. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, derzeit seien noch keine Geldmittel freigegeben worden. Entscheidungen über Sanktionen müssten über die Vereinten Nationen laufen.

14:16 Uhr - Beim Kampf im Tripolis sind bisher nach offiziellen Angaben 435 Menschen getötet worden. Mehr als 2000 Menschen seien zudem verletzt, sagte ein Mitarbeiter des Zentralkrankenhauses in der libyschen Hauptstadt. Nach seinen Informationen sind in den Krankenhäusern der Stadt alle Ärzte und Pfleger im Einsatz, nachdem die Rebellen die Menschen aufgerufen hätten, an ihre Arbeitsplätze zu gehen. Wichtige Einrichtungen in der Stadt würden von Bewaffneten geschützt.

14:12 Uhr - Die Aufständischen in Libyen kontrollieren nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa die strategisch wichtige Küstenstraße von Al-Sawija in die Hauptstadt Tripolis. Auf der Strecke, entlang der vor kurzem noch gekämpft wurde, hätten Rebellen zahlreiche Straßensperren errichtet, berichtete die Reporterin aus dem Gebiet. Einige geflüchtete Zivilisten seien bereits zurückgekehrt. Auf den Straßen seien aber nur Männer zu sehen, keine Frauen und Kinder. Auch die Rebellen und ihre Unterstützer bewegten sich noch vorsichtig, nachdem es dort in den vergangenen Tagen an mehreren Orten zu Gefechten gekommen war.

13:56 Uhr - Die libyschen Rebellen wollen bereits Frühjahr kommenden Jahres Parlaments- und Präsidentenwahlen ausrichten. Der Vorsitzende des nationalen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, kündigte Wahlen acht Monate nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi an. „Wir wollen eine demokratische Regierung und eine gerechte Verfassung“, sagte Dschalil der römischen Tageszeitung „La Repubblica“. „Vor allem wollen wir nicht mehr isoliert sein von der Welt, wie wir es bisher noch sind.“ Dschalil sicherte ferner zu, dass in einem befreiten Libyen die Menschenrechte und der Rechtsstaat respektiert werden sollen. „Und das Land trägt dazu bei, den Frieden und die internationale Sicherheit zu stabilisieren“, erklärte er. Er wolle keine Racheakte und Exekutionen, sondern dass Gaddafi und seine Familie gefangen und vor Gericht gestellt würden, sagte er.

13:50 Uhr - Auch am nach der Eroberung der Residenz von Machthaber Muammar al Gaddafi durch libysche Aufständische gehen auf dem Gelände die Kämpfe weiter. Rebellen seien in dem Militär- und Wohnkomplex Bab al Asisija beschossen worden, hieß es. Einige hätten Deckung gesucht, andere seien zu den Toren des Anwesens gerannt, später jedoch zurückgekehrt. Unklar war, von wo die Schüsse abgefeuert worden waren.

13:48 Uhr - Bundesaußenminister Guido Westerwelle verteidigt die Entscheidung der Bundesregierung, sich nicht am internationalen Militäreinsatz in Libyen zu beteiligen. Diese Entscheidung sei auch aus heutiger Sicht richtig, sagte der FDP-Politiker in Binz auf Rügen. „Ich würde sie wieder so fällen.“ Die Bundesregierung setze nun „sehr stark auf den zivilen Wiederaufbau“ in Libyen. Es gehe unter anderem um die Wiederherstellung von Infrastruktur und die Stärkung demokratischer Strukturen. Dieses Engagement liege „in der Kontinuität unserer Außenpolitik“, sagte der Minister am Rande eines Treffens mit seinen baltischen Amtskollegen.

13:42 Uhr: In der libyschen Hauptstadt Tripolis werden nach Angaben des vatikanischen Pressedienstes "Fides“ Lebensmittel und Treibstoff knapp. Die Menschen gingen nach der Erstürmung von Gaddafis Hauptquartier Bab al-Asisija nur zurückhaltend auf die Straßen, auf denen die Rebellen patrouillierten, meldet Fides am Mittwoch unter Berufung auf lokale Quellen.

13:15 Uhr: Die Grünen schließen ihre Zustimmung zu einem möglichen Friedenseinsatz der Bundeswehr in Libyen nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes nicht grundsätzlich aus. Die Parteivorsitzende Claudia Roth sagte dem TV-Sender N24, sollte es einen solchen Antrag zur Unterstützung eines stabilisierenden Einsatzes geben, werde dieser von ihrer Partei geprüft.

12:48 Uhr: Die Europäische Union kann von sofort an humanitäre Hilfe für die Bevölkerung Libyens leisten. „Wir sind bereit“, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa am Mittag. In den vergangenen Monaten seien große Lager von Hilfsgütern in dem von Rebellen kontrollierten Osten des Landes angelegt worden. Diese könnten nun mit Hilfe der Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen an Ort und Stelle geschafft und eingesetzt werden. Am dringlichsten sei Hilfe für die Krankenhäuser. Die EU sei darauf eingestellt, medizinische Ausrüstung zu liefern, um eine Versorgung der vermutlich zahlreichen Verletzten und Kranken zu ermöglichen.

12:33 Uhr: Anhänger des libyschen Diktators halten 35 ausländische Journalisten in einem Hotel in Tripolis fest. Reporter der Sender BBC und CNN berichteten am Mittwoch, die Journalisten würden daran gehindert, das Nobelhotel Rixos zu verlassen. Einen Kameramann des britischen Fernsehsenders ITN hätten die Bewaffneten mit einem Schnellfeuergewehr vom Typ AK 47 bedroht, berichtete BBC-Reporter Matthew Price. Es herrsche große Nervosität unter den Journalisten. Sie gingen davon aus, dass weiter Gaddafi-treue Scharfschützen auf dem Dach postiert seien. Die Situation habe sich in der Nacht zum Mittwoch „massiv verschärft“, berichtete Price. Wächter würden durch die Flure patrouillieren. „Es ist klar, dass wir das Hotel nicht freiwillig verlassen dürfen.“

12:09 Uhr - Der libysche Thronfolger Mohammed al-Senussi kann sich nach über zwei Jahrzehnten im Exil eine Rückkehr in sein Heimatland vorstellen. „Zu sehen, wie die Freiheitsflagge über Tripolis weht, macht mich unglaublich glücklich und stolz auf mein Volk“, sagte der 48-Jährige dem Wochenmagazin „Die Zeit“ in London. Wenn die Menschen es wollten, sei er „bereit zu dienen“. Darüber müsse aber das Volk entscheiden. Der Prinz forderte den Aufbau eines demokratischen Staatswesens. Nach seiner Einschätzung ist Libyen nicht auf dem Weg, ein unregierbares Land zu werden: „Nein! Libyen ist nicht Afghanistan oder der Irak oder der Jemen. Das Stammessystem ist ein völlig anderes. Die Clans wollen keine Macht, sie wollen nur ein vernünftiges Leben. Die Libyer sind keine muslimischen Fanatiker.“

12:04 Uhr - Anleger am Rohölmarkt halten sich wegen der weiter unübersichtlichen Lage in Libyen und der Sorge um die Entwicklung der Weltkonjunktur weiter zurück. Der Preis für die Nordseesorte Brent notierte am Mittag leicht schwächer bei 109,04 Dollar pro Fass. US-Leichtöl verbilligte sich um 0,3 Prozent auf 85,20 Dollar je Barrel. Wann die libyschen Öllieferungen in großem Umfang wieder aufgenommen werden können, ist weiter unklar.

11:21 Uhr: Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert einen früheren UN-Inspektor, wonach in einem Forschungszentrum unweit von Tripolis Uran und anderes Material lagere, mit Hilfe dessen es möglich sei, eine "schmutzige" Atombombe zu bauen. Libysche Rebellen müssten dort für Sicherheit sorgen, fordert demnach der frühere UN-Inspektor.

11:09 Uhr: Einen Tag nach der Erstürmung von Muammar al-Gaddafis Machtzentrale gibt es in Libyens Hauptstadt Tripolis weiter Schießereien. Rebellen und Anhänger Gaddafis lieferten sich Kämpfe nahe des internationalen Flughafens sowie im südwestlichen Vorort Al-Hadaba al-Chadra, teilten die Aufständischen mit. Schusswechsel gebe es zudem im Süden der Stadt um den Militärkomplex Bab al-Asisija, wo sich auch Gaddafis Residenz befindet. Rebellen hatten die Machtzentrale des langjährigen Diktators am Dienstag erobert.

10:48 Uhr: Der libysche Rebellenführer Mahmud Dschibril wird sich heute Abend in Paris zu einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy treffen. In dem Gespräch soll es nach Angaben von Sarkozys Büro um die Lage in Libyen und die Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft gehen, den politischen Übergang zu einem freien und demokratischen Libyen zu unterstützen. Frankreich hatte Dschibrils Übergangsregierung als erstes Land anerkannt und war eine der treibenden Kräfte bei den NATO-Luftangriffen gegen die Truppen von Machthaber Muammar al Gaddafi.

10.16 Uhr: Trotz des Siegeszuges der libyschen Rebellen in der Hauptstadt Tripolis hat Diktator Muammar al-Gaddafi nach Ansicht von Kremlchef Dmitri Medwedew weiter Einfluss und militärische Macht. „Tatsächlich gibt es in dem Land eine Doppelherrschaft", sagte Medwedew nach einem Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il in der sibirischen Stadt Ulan Ude. Das militärische Potenzial von Gaddafis Anhängern sei nicht erschöpft. Die Aufständischen müssten „genügend Willensstärke“ zeigen, um Libyen mit Hilfe „demokratischer Prinzipien“ zu vereinen, forderte Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax. In diesem Fall sei die UN-Vetomacht Russland zur Aufnahme offizieller Beziehungen bereit. „Derzeit hat sich an der Situation nichts geändert“, sagte der Präsident. Moskau werde die Entwicklung in dem nordafrikanischen Land genau beobachten.

9.56 Uhr: Die libyschen Rebellen stehen nach Einschätzung des Libyen-Experten Andreas Dittmann vor der Nagelprobe. Nach dem Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi müssten sie jetzt zuerst polizeiliche Aufgaben wahrnehmen sowie Recht und Ordnung durchsetzen, sagte der Libyen-Kenner und Geograf von der Universität Gießen am Mittwoch. Der Nationale Übergangsrat in Libyen steht aus seiner Sicht vor Risiken und Chancen. „Der Übergangsrat selbst besteht nur zum Teil aus Rebellen. Dazu gehören noch Stammesführer und ehemalige Funktionäre, die übergelaufen sind. Das ist schon eine explosive Mischung“, sagte Dittmann. Allerdings sollte man das nicht als „negative Entwicklungsvoraussetzung“ sehen. „Denn durch diese Struktur ist gewährleistet, dass alle dabei sein können.“

9:46 Uhr: So freudig viele Libyer die Einnahme des Machtzentrums Muammar al- Gaddafis durch die Rebellen begrüßen, so kalt reagiert bisher das restliche Afrika. Zu Gaddafi, dessen Verbleib derzeit unklar ist, hatten viele Regierungen ein gespaltenes Verhältnis: Hinter vorgehaltener Hand mokierte man sich über die Schrullen des selbsternannten „Königs der afrikanischen Könige“. Doch ansonsten war Gaddafi in Afrika ein stets gerngesehener Staatsgast - auch deshalb, weil er meist mit prall gefüllten Geldkoffern kam.

9.34 Uhr: Nach der Eroberung seines Hauptquartiers in Tripolis durch die Rebellen hat Libyens Machthaber Gaddafi in einer weiteren Audiobotschaft bekräftigt, sich noch immer in der Hauptstadt aufzuhalten. "Ich gehe unerkannt spazieren, ohne dass die Menschen mich sehen“, sagte Gaddafi in der am Mittwoch von dem in Syrien ansässigen Sender Arrai ausgestrahlten Botschaft und fügte hinzu: „Alle Libyer, Männer und Frauen, sollten nun in Tripolis sein, um die Verräter auszulöschen.“

8.42 Uhr: Nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes besteht aus Sicht des Nahost-Experten Hardy Ostry von der Konrad-Adenauer-Stiftung keine große Gefahr durch Islamisten. Gaddafi sei es bis 2010 gelungen, die islamistischen Kräfte zu domestizieren, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Beim Aufbau eines demokratischen Rechtsstaates werde man es nicht vermeiden können, mit diesen Kräften zu reden. Dies müsse aber auf der Grundlage klarer Wertvorstellungen und Kriterien erfolgen.

8.07 Uhr: Nach dem Sturm seiner Festung durch Rebellen hat Muammar al-Gaddafi nach Medienberichten in einer zweiten Audiobotschaft die Bevölkerung zum Widerstand aufgerufen. In dem von einer lokalen Radiostation verbreiteten Aufruf habe ein Mann, bei dem es sich um Gaddafi handeln soll, die Libyer aufgefordert, die Hauptstadt Tripolis von den Aufständischen "zu säubern“, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira.

7.55 Uhr: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht eine Schlüsselrolle Deutschlands bei der wirtschaftlichen Entwicklung Libyens nach dem Sturz von Diktator Gaddafi. "Libyen braucht jetzt einen Wiederaufbau, der das Land dauerhaft stabilisiert. Hier hat Deutschland Erfahrung und eine besondere Kompetenz“, sagte Westerwelle der „Passauer Neuen Presse“.

7.02 Uhr: Nicaragua würde Gaddafi nach Angaben aus Regierungskreisen möglicherweise Asyl gewähren. Falls Gaddafi um Asyl bitte, werde man dies "positiv prüfen", sagte der Wirtschaftsberater von Präsident Daniel Ortega, Bayardo Arce, dem Fernsehsender Channel 63.

6.05 Uhr: Trotz der Eroberung seiner Residenz durch die Aufständischen gibt sich der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi einem Fernsehbericht zufolge weiter kämpferisch. Seine Truppen würden bis zum Sieg oder Tod kämpfen, sagte er laut dem Bericht des regimenahen Fernsehsenders Al-Rai vom Mittwoch. Seine Truppen würden "der Aggression mit aller Stärke" Widerstand leisten. Er habe seine Residenz "aus taktischen Gründen" den Aufständischen überlassen, da der Komplex von 64 Nato-Luftangriffen zerstört worden sei, erklärte Gaddafi.

5.39 Uhr: Libyens Wiederaufbau soll nach den Vorstellungen Chinas von den Vereinten Nationen angeführt und koordiniert werden. Dies sagte Außenminister Yang Jiechi in einem Telefonat mit Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon. Damit solle vermieden werden, dass allein westliche Staaten vom Wiederaufbau profitierten.

(Mit Material von dpa/dapd/epd/rtr/ap)