Ausländer können wegen der anhaltenden Kämpfe nicht aus Libyen gerettet werden. Rätselraten um Verbleib von Machthaber Gaddafi.

Tripolis. Wo ist Oberst Muammar al-Gaddafi? Die Kämpfe zwischen seinen verbliebenen Anhängern und den Rebellen um die Hauptstadt Tripolis gehen weiter. Lesen Sie hier den Live-Ticker von abendblatt.de und eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse:

21.19 Uhr: Einen Sturz seiner Regierung nach dem Vorbild des Gaddafi-Regimes in Libyen wird es nach Ansicht des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez nicht geben. Chávez, ein enger Alliierter des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, sagte am Dienstag: „Hier wird das nicht geschehen. Einige sagen, Gaddafi sei wie Chávez, aber diese Formel funktioniert nicht. Und wir werden es beweisen“, sagte er bei einer Sitzung mit seinen Ministern.

20.43 Uhr: Libyen wird nach Auffassung des ehemaligen Vizebotschafters des Landes bei den Vereinten Nationen innerhalb der kommenden 72 Stunden vollständig von den Rebellen kontrolliert werden. Libyen werde bald „völlig befreit“ sein, sagte Ibrahim Dabbaschi am Dienstag. Der Botschafter hatte sich im Februar von Machthaber Muammar al Gaddafi losgesagt, seine Arbeit bei den UN jedoch fortgesetzt.

19.32 Uhr: Nach der Eroberung der Gaddafi-Residenz in Tripolis haben Rebellen die Waffenkammern in dem Komplex geöffnet und geplündert. Die Nachrichtensender CNN und Al-Dschasira zeigten Bilder von Aufständischen, die Waffen und Munition aus der Anlage trugen. Wertsachen seien kaum geplündert worden, meinte eine CNN-Reporterin. Allerdings zeigte Al-Dschasira Bilder eines Rebellen, der ein vergoldetes Kalaschnikow-Sturmgewehr erbeutet hatte.

18.29 Uhr: Rebellenkämpfer hissen ihre Flagge auf der Residenz Gaddafis in der gestürmten Anlage Bab al-Asisija, wie sie mitteilten. Bei der Erstürmung seien zwölf Aufständische getötet worden.

18.01 Uhr: Die Rebellen teilten am Dienstag mit, ihre Kämpfer seien weiter in die Anlage Bab al-Asisija vorgedrungen und hätten nun ein drittes Tor passiert. Sie seien zu einem Gebäude gelangt, dass als ein Wohnhaus von Gaddafi gelte und im inneren Bereich liege.

17.33 Uhr: Die libyschen Aufständischen sind nach eigenen Angaben in den Militärkomplex Bab al Asisija von Machthaber Muammar al Gaddafi eingedrungen. Das gab ein Sprecher der Rebellen am Dienstag bekannt.

17.31 Uhr: Die Rebellen des Nationalen Übergangsrates in Libyen kontrollieren nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton 80 Prozent von Tripolis. Das habe ihr der Präsident des Rates, Mustafa Abdel Dschalil, mitgeteilt, sagte Ashton am Dienstag. Dschalil erwarte, dass es eine Weile dauere, bis man mehr Gebiet der Hauptstadt kontrollieren könne, sagte Ashton. Am Montag hatte es aus Tripolis geheißen, die Aufständischen hätten schon bis zu 95 Prozent der Stadt in ihre Gewalt gebracht.

17.26 Uhr: Im Kampf um die Residenz von Muammar al-Gaddafi in Tripolis haben sich am Dienstag nach Rebellenangaben erste Kämpfer der Regierungstruppen ergeben. Die Männer seien abgeführt worden, teilten die Aufständischen auf einer Internetseite mit. Rebellen seien in Teile der Anlage Bab al-Asisija eingedrungen. Von unabhängiger Seite konnte diese Angaben nicht bestätigt werden. Um die Residenz gab es seit dem Vormittag schwere Gefechte.

17.14 Uhr: Einige Rebellen sind auf das Gelände der Gaddafi-Residenz gelangt. Sie feuern aus Freude darüber in die Luft.

16.38 Uhr: Der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi hält sich nach einem unbestätigten Bericht weiterhin in der Hauptstadt Tripolis auf. Der russische Chef des Weltschachverbandes FIDE, Kirsan Iljumschinow, sagte am Dienstag, er habe mit Gaddafi und dessen ältesten Sohn Mohammed telefoniert. „Ich bin am Leben, und es geht mir gut“, habe Gaddafi ihm gesagt, berichtete Iljumschinow der Agentur Interfax. „Ich bin in Tripolis und werde Libyen nicht verlassen. Glauben Sie dem westlichen Lügenfernsehen nicht.“

16.14 Uhr: Rebellen haben nach einem Bericht des Fernsehsender Al-Arabija das erste Tor zum Gelände des Wohnkomplexes Gaddafis in Tripolis aufgebrochen.

15.21 Uhr: Beim Kampf um Tripolis sind nach unbestätigten Informationen der libyschen Rebellenführung bisher bis zu 2000 Menschen getötet worden. Genaue Angaben zu den Opfern beider Seiten gebe es aber noch nicht, sagte Schamseddin Abdulmola, ein Sprecher des Übergangsrates in Bengasi, der Nachrichtenagentur dpa. Von unabhängiger Seite gab es für die Opferangaben keine Bestätigung. Er sagte weiter, Kämpfer der Aufständischen hätten viele wichtige Einrichtungen in Tripolis eingenommen, darunter auch den internationalen Flughafen der Hauptstadt sowie fast alle Krankenhäuser. Der Übergangsrat gehe inzwischen davon aus, dass sich der Gaddafi-Sohn Saif al-Islam nie in den Händen von Rebellen befand, wie es noch am Vortag erklärt wurde.

15.08 Uhr: Der Übergangsrat der Rebellen soll innerhalb der nächsten Tage aus Deutschland das erste Geld aus einem Regierungsdarlehen über insgesamt 100 Millionen Euro erhalten. Dies kündigte Außenminister Guido Westerwelle an. Zur Begründung sagte der FDP-Politiker: „Das Land darf jetzt nicht in der Zeit nach Gaddafi in Chaos versinken, sondern muss zurückfinden zu geordneten Verhältnissen.“ Mit dem Geld soll die Arbeit der Übergangsregierung unterstützt werden, bis das im Ausland beschlagnahmte Milliardenvermögen des Gaddafi-Regimes freigegeben ist. Allein in Deutschland wurden mehr als 7,2 Milliarden Euro eingefroren.

14.43 Uhr: Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat erneut den Einsatz der Nato in Libyen scharf kritisiert. Die Uno-Resolution 1973 sei vom Militärbündnis „missbraucht worden für andere Interessen als die des Schutzes von Zivilisten und Hilfe für das libysche Volk“, sagte Zuma. Mit einer anderen Strategie „hätten wie den Verlust vieler Menschenleben verhindern können“.

14.02 Uhr: In den Krankenhäusern in Tripolis und Umgebung spitzt sich die Lage nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen zu. „Einigen Krankenhäusern sind lebensrettende Medikamente und medizinisches Material ausgegangen“, teilte Nothilfekoordinator Jonathan Whittal mit. „Es gibt Probleme mit der Stromversorgung und zu wenig Treibstoff für Krankenwagen und wichtige medizinische Geräte.“ Die Kämpfe in der Stadt erhöhten den Druck auf die medizinischen Einrichtungen. In Misrata versorgten die Teams von Ärzte ohne Grenzen auch die Menschen in den Gefängnissen. In Bengasi würden Mitarbeiter und Patienten auch psychologisch betreut.

13.03 Uhr: Die Nato hat bestritten, dass ihre Flugzeuge in der Nacht das Anwesen des offenbar gestürzten Machthabers Gaddafi im Stadtteil Bab al-Asisija in Tripolis angegriffen haben. „Wir haben das Gelände nicht bombardiert“, sagte ein Militärsprecher in Neapel. Er bestätigte, das Bündnis habe von Freitag bis Sonntag Flugblätter über Tripolis abgeworfen. Darin seien die Gaddafi-treuen Soldaten aufgefordert worden, die Kämpfe einzustellen.

12.41 Uhr: Ein Einsatz zur Rettung von 300 Ausländern aus Tripolis verzögert sich wegen der andauernden Kämpfe. Ein Charterschiff der Uno-Organisation für Migration (IOM) bleibe vor der Küste in Wartestellung, bis sich die Sicherheitslage verbessert habe und die Sicherheit von Mitarbeitern und Migranten garantiert werden könne, teilte die IOM mit. Ein Sprecher erklärte, nach Angaben der Rebellen sei ein Anlegen derzeit nicht sicher. Die Behörden von Machthaber Gaddafi hätten auf eine Bitte der IOM, das Schiff anlegen zu lassen, nicht reagiert.

12.18 Uhr: Der Iran hat die libyschen Rebellen davor gewarnt, nach einem Sieg gegen das Gaddafi-Regime ausländische Kräfte ins Land zu lassen. „Iran beglückwünscht das muslimische Volk Libyens zu den jüngsten Entwicklungen, appelliert aber auch an es, die Hegemonial-Mächte davon abzuhalten in das post-revolutionäre Libyen einzugreifen“, teilte das iranische Außenministerium mit.

11.43 Uhr: Der türkische Außenminister erklärt, der Einsatz der Nato in Libyen werde fortgesetzt, bis die Lage völlig sicher sei.

11.18 Uhr: Der Fernsehsender al-Arabija berichtet, in der Nähe des Gebäudekomplexes Bab al-Asisija seien Explosionen zu hören. Es wird vermutet, dass Gaddafi sich dort aufhält. Sicher ist dies allerdings nicht.

11.16 Uhr: Spanien hat sich für eine neue Uno-Resolution zu Libyen ausgesprochen. Der Uno-Sicherheitsrat müsse möglichst rasch einen neuen Beschluss fassen, der der aktuellen Situation Rechnung trage, heißt es in einer Stellungnahme der Madrider Regierung. Eine solche Resolution solle der Europäischen Union und der Nato als Grundlage dienen für die künftigen Pläne zur Unterstützung der libyschen Bevölkerung. Ein neuer Beschluss des Weltsicherheitsrats müsse darauf eingehen, was mit den eingefrorenen libyschen Bankguthaben, mit dem See-Embargo und mit der Flugverbotszone geschehen soll, heißt es in dem Kommuniqué.

11.12 Uhr: Der von libyschen Rebellen unter Hausarrest gestellte Gaddafi-Sohn Mohammed ist einem Fernsehbericht zufolge von Truppen des Regimes befreit worden. Regierungseinheiten seien dem in seinem Haus in Tripolis umstellten Mohammed al-Gaddafi zu Hilfe gekommen, berichtete der arabische Sender al-Arabija unter Berufung auf Rebellenkreise in Bengasi. Der Vorsitzende des nationalen Übergangsrates Mustafa Abdul Dschalil hatte erklärt, Mohammed al-Gaddafi sei festgesetzt worden. „Er wird in seinem Haus bleiben und ich garantiere für seine Sicherheit“, sagte er.

11.03 Uhr: Der französische Außenminister Alain Juppé hofft auf ein zügiges Ende des Nato-Lufteinsatzes über Libyen. Frankreich und Großbritannien seien für 75 bis 80 Prozent der Einsätze in den vergangenen Monaten verantwortlich gewesen, sagte Juppé im Rundfunksender Europe-1. Nun wende sich die französische Regierung gemeinsam mit den Verbündeten der Vorbereitung der Ära nach Machthaber Gaddafi zu.

10.37 Uhr: Die Libyen-Kontaktgruppe will am Donnerstag in Istanbul über die schwierige Lage beraten. Es werde ein Treffen auf Ebene der politischen Direktoren der Außenministerien geben, teilte die türkische Regierung mit. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu, der noch an diesem Dienstag aus Äthiopien zu Gesprächen mit dem nationalen Übergangsrat der Rebellen nach Bengasi fliegen wollte, habe mit seinen Amtskollegen über die Lage beraten. Er hatte am Montag von einem historischen Tag für Libyen gesprochen.

9.30 Uhr: Die Afrikanische Union (AU) will bei einem Sondergipfel am Freitag über die Lage in Libyen beraten. Das erklärte ein AU-Sprecher in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba nach einer Sondersitzung des Friedens- und Sicherheitsrats der Organisation. Das Treffen ging ohne eine Abschlusserklärung zu Ende. Man habe sich aber ausführlich über den Konflikt in Libyen ausgetauscht, hieß es. Der AU gehören alle afrikanischen Staaten außer Marokko an.

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8.48 Uhr: Google Maps hat den zentralen Platz in der libyschen Hauptstadt Tripolis in dessen ursprünglichen Namen umbenannt. Der Platz heißt auf der Online-Karte nun wieder „Martyrs’ Square“ (Märtyrerplatz) und nicht mehr „Green Square“ (Grüner Platz), wie ihn Machthaber Gaddafi einst getauft hatte. Google nahm die Änderung am späten Sonntagabend auf Anregung eines Nutzers vor, wenige Stunden bevor die Aufständischen nach Tripolis vordrangen.

8.12 Uhr: Nach dem Ende des Gaddafi-Regimes will Deutschland laut CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz beim Aufbau demokratischer Strukturen helfen. „Wir werden sicherlich Hilfe beim Aufbau demokratischer Institutionen wie Verwaltung und Justiz anbieten“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der „Rheinischen Post“. Gleiches gelte für die Organisation einer verfassunggebenden Versammlung und spätere Parlamentswahlen. „Diese Dinge stehen jetzt an, wenn es der Übergangsrat schafft, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen“, sagte Polenz. Die Bundesrepublik habe als Mitglied der sogenannten Kontaktgruppe bereits in mehreren Treffen Maßnahmen für die Zeit nach dem Sturz Gaddafis vorbereitet.

8.01 Uhr: Grünen-Chefin Claudia Roth hat sich dafür ausgesprochen, einen möglichen Antrag des libyschen Übergangsrates auf militärische Unterstützung „sehr konstruktiv“ zu unterstützen. Derzeit sei es für eine Entscheidung über eine Bundeswehrbeteiligung an einem Einsatz der Vereinten Nationen zur Absicherung des zivilen Wiederaufbaus viel zu früh, sagte die Parteivorsitzende im ZDF-„Morgenmagazin“. Allerdings habe Deutschland „auch viel zu tun, die eigene Glaubwürdigkeit wieder herzustellen“.

Unterdessen bleibt Deutschland mit Blick auf einen Militäreinsatz in Libyen zurückhaltend. Außenminister Guido Westerwelle nannte die Diskussion verfrüht. Außen- und Sicherheitspolitiker warnten vor Anarchie und Bürgerkrieg in Libyen. Der Nahostexperte Peter Scholl-Latour sagte, Libyen könne sich zu einem neuen Somalia entwickeln, wo es kaum noch eine Staatsautorität gibt. Am gegenwärtigen Nato-Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung beteiligt sich Deutschland nach offizieller Darstellung nicht. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat aber einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Libyen nach dem Sturz des Machthabers Gaddafi nicht ausgeschlossen.

Westerwelle sagte dagegen am Abend im ZDF, jetzt gehe es erst einmal darum, dass das libysche Volk über seine eigene Zukunft entscheiden müsse. Er sicherte deutsche Hilfe zu, etwa beim Aufbau der Zivilgesellschaft, bei Beratungen für eine vielfältige Medienlandschaft, beim Aufbau einer unabhängigen Justiz, bei der Durchführung von freien und fairen Wahlen sowie beim wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes. Dazu sollten auch die mehr als sieben Milliarden Euro des Gaddafi-Regimes genutzt werden, die in Deutschland eingefroren sind.

Aus Sicht von Grünen-Sicherheitsexperte Omid Nouripour ist der Auftrag der Nato in Libyen noch nicht beendet. „Das Uno-Mandat hat einen Kernauftrag, den Schutz der Zivilbevölkerung“, sagte Nouripour. „Der Westen trägt Verantwortung dafür, dass diejenigen, die auf der falschen Seite gestanden haben, jetzt nicht Opfer von Lynchjustiz werden.“ Die Nato müsse mit den Rebellen ein klares Wort reden.

Der als festgenommen gemeldete Gaddafi-Sohn Saif al-Islam ist am Dienstag überraschend in einem Hotel in Tripolis aufgetaucht. Er erschien am frühen Morgen im Rixos-Hotel in der Hauptstadt, in dem sich etwa 30 ausländische Journalisten aufhalten, darunter Reporter der Nachrichtenagentur AP. Der Sohn von Gaddafi lud die Journalisten zu einer Fahrt durch die Stadt in seinem Konvoi ein. Der Konvoi aus gepanzerten Geländewagen fuhr durch Straßen voller bewaffneter Gaddafi-Gefolgsleute und durch das Viertel Bu Slim, das als Hochburg der Regimetreuen gilt. Vor Gaddafis Gebäudekomplex Bab al-Asisija warteten mindestens 100 Männer auf Waffen, die an Freiwillige zur Verteidigung des Regimes verteilt wurden. Saif al-Islam äußerte sich zuversichtlich, die Aufständischen noch zu besiegen. (dpa/dapd/rtr/abendblatt.de)