Das mutmaßliche Vergewaltigungs-Opfer soll gelogen haben. Das Verfahren gegen Dominique Strauss-Kahn wegen Vergewaltigung steht vor dem Aus.

New York/Paris. Die New Yorker Staatsanwaltschaft macht kurzen Prozess: Das Vergewaltigungs-Verfahren gegen den zurückgetretenen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, steht vor dem Aus. Die Ankläger lassen wohl ihre Anklage gegen den 62-Jährigen fallen. Zur Begründung hieß es, es bestünden Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin, einer Hotelangestellten. Es wird erwartet, dass das Gericht dann auch das Verfahren einstellen wird. Die Klägerin habe gegenüber den Ermittlern wiederholt falsche Angaben zu ihrem Leben, ihrer Vergangenheit und ihrem Verhalten nach dem Zusammentreffen mit Strauss-Kahn gemacht, hieß es in dem Antrag. „In nahezu jeder Befragung der Ermittler hat sie trotz der Aufforderung, die Wahrheit zu sagen, in kleinen und großen Angelegenheit nicht die Wahrheit gesagt“, schrieben die Staatsanwälte.

In seiner Begründung nannte der Staatsanwalt das mutmaßliche Opfer Nafissatou Diallo eine „notorische Lügnerin“. Das 25-seitige Dokument wurde auf der Internetseite der New Yorker Justiz veröffentlicht. Darin erläutert der Ankläger, dass er sich nicht in der Lage sehe, das Verfahren fortzusetzen.

Die Klägerin und ihr Anwalt waren am Montag zu einer kurzen Unterredung im Büro der Bezirksstaatsanwaltschaft von Manhattan eingetroffen. 15 Minuten später verließen beide das Büro. Der Anwalt der Klägerin, Kenneth Thompson, verlas eine kurze Erklärung, in der er die Staatsanwaltschaft für die Handhabung des Falls verurteilte.

„Manhattans Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance hat einer Frau das Recht verwehrt, Gerechtigkeit in einem Vergewaltigungsfall zu erlangen“, sagte er. Vance habe nicht nur einem unschuldigen Opfer den Rücken gekehrt, sondern auch forensische und andere Beweise ignoriert. Strauss-Kahns Anwälte begrüßten die jüngste Entwicklung. Sie hätten von Anfang an gesagt, dass ihr Klient unschuldig sei, erklärten William Taylor und Benjamin Brafman. „Herr Strauss-Kahn und seine Familie sind dankbar, dass die Staatsanwaltschaft unsere Bedenken ernst genommen hat und von selbst zu dem Schluss gekommen ist, diesen Fall nicht weiter zu verfolgen“, teilten seine Verteidiger mit. Strauss-Kahn muss am Dienstag noch einmal vor Gericht erscheinen.

Der Fall hatte international für großes Aufsehen gesorgt. Strauss-Kahn, damals aussichtsreicher Anwärter auf die französische Präsidentschaftskandidatur, wurde im Mai in New York festgenommen, nachdem ihn das aus Guinea stammende Zimmermädchen der sexuellen Übergriffe in einer Hotelsuite im Sofitel am Times Square beschuldigt hatte. Er soll die damals 32 Jahre alte Frau zum Oralsex gezwungen haben. Die Beweise ergaben, dass es einen sexuellen Kontakt gegeben hat. Strauss-Kahn wies die Vergewaltigungs-Vorwürfe zurück und trat von seinem Posten als IWF-Chef zurück. Er saß knapp eine Woche in Untersuchungshaft, ehe er in einem New Yorker Stadthaus unter Hausarrest gestellt wurde.

Bereits im Juli sorgten ernste Zweifel der Staatsanwaltschaft an der Glaubwürdigkeit der Frau für eine Wende in dem Fall: Strauss-Kahn wurde ohne Kaution aus dem Hausarrest entlassen. Wie bekannt wurde, machte die Frau unter anderem falsche Angaben in ihrem Asylantrag. Auch soll sie die Unwahrheit über einige ihrer Tätigkeiten in den Stunden um den mutmaßlichen Übergriff in der Hotelsuite erzählt haben. Die Hotelangestellte verklagte Strauss-Kahn am 8. August auf Schadensersatz in unbekannter Höhe. Sie wolle nicht, dass das, was ihr passiert sei, irgendeiner anderen Frau passiere, sagte sie. Die Anwälte des Franzosen warfen der Frau vor, auf Geld aus zu sein. (dapd/dpa/rtr/abendblatt.de)