Die Staatsanwaltschaft sieht die Vorwürfe von Nafissatou Diallo immer kritischer. Kann Strauss-Kahn schon heute New York verlassen?

New York/Paris. Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den früheren Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, werden nach Angaben einer Gewährsperson vermutlich fallen gelassen. Die New Yorker Staatsanwaltschaft werde der Beschuldigerin an diesem Montag wahrscheinlich erklären, dass sie den Fall wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Frau und aus Mangel an Beweisen nicht weiter verfolge, teilte eine informierte Quelle der Nachrichtenagentur AP mit. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu zunächst nicht. Strauss-Kahn wurde im Mai in New York festgenommen, weil er dort eine Hotelangestellte sexuell angegriffen haben soll.

Nafissatou Diallo hält ihre Vorwürfe offenbar aufrecht. Die Verteidiger Strauss-Kahns hatten jedoch herausgefunden, dass die Hotelangestellte des Sofitel am Times Square eine erhebliche Geldsumme auf ihrem Konto und Kontakte zu einem vorbestraften Mann hatte. Außerdem soll sie sich in einem Telefonat verschwörerisch zum Fall Strauss-Kahn geäußert haben.

Die Staatsanwaltschaft habe ein Treffen mit der Angestellten vorgeschlagen, erklärte ihr Anwalt laut „New York Times“. Das Gespräch soll am Montag stattfinden, einen Tag vor Strauss-Kahns nächstem Gerichtstermin. Wenn die Anklage die Vorwürfe nicht fallen lassen wolle, sei ein solches Treffen mit seiner Mandantin nicht nötig, sagte Anwalt Kenneth Thompson der „New York Times“ zufolge. Die Staatsanwaltschaft hätte den Termin nicht vorgeschlagen, wenn sie keine schlechten Nachrichten für das mutmaßliche Opfer hätte, erklärte er. Ein anderer Anwalt des mutmaßlichen Opfers, Douglas Wigdor, sagte der französischen Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“, auch er rechne mit einer Einstellung des Verfahrens. Die Motive von Staatsanwalt Cyrus Vance seien ihm unbegreiflich.

Die katholische französische Tageszeitung „La Croix“ schrieb zur möglichen Verfahrenseinstellung gegen Strauss-Kahn: „In dieser Woche wird möglicherweise ein sozialistischer Albtraum den Atlantik überqueren (...) Die Vorsichtigsten (unter seinen Parteigenossen) werden den glücklichen Ausgang des Leidensweges von ,Dominique' begrüßen, die Treuesten die Anerkennung seiner ,Unschuld’. Und man wird vergessen zu erwähnen, dass nur ein echter Prozess und keine Verfahrenseinstellung mangels juristisch verwertbarer Beweise das bescheinigen kann. Zweifellos wird es kein sozialistischer Politiker wagen, das auch einzugestehen.“ (dapd/abendblatt.de)