Geheimdienste sollen frühere RAF-Terroristin nicht gedeckt haben. Bleibt nun für immer ungeklärt, wer Siegfried Buback 1977 erschoss?

Stuttgart. Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker ist nach Einschätzung von Bundesanwalt Rainer Griesbaum nach dem Buback-Attentat von 1977 nicht von Geheimdiensten vor einer Strafverfolgung geschützt worden. Er habe bis heute „keinerlei Hinweise“ dafür, dass es eine „schützende Hand“ für Becker gegeben haben könnte, sagte Griesbaum als Zeuge im Prozess gegen Becker vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Die Aussage Griesbaums gilt als Rückschlag für Nebenkläger Michael Buback, der Becker als Todesschützin beim Mordanschlag auf seinen Vater, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, verdächtigt und die These einer „schützenden Hand“ aufgeworfen hatte.

Griesbaum war Anklagevertreter der Bundesanwaltschaft in dem von Februar 1984 bis April 1985 laufenden Prozess gegen die RAF-Terroristen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt, die darin als Mittäter beim Buback-Attentat verurteilt wurden. Heute ist der 63-jährige Griesbaum Leiter der Abteilung Terrorismus bei der Bundesanwaltschaft und ständiger Vertreter der Generalbundesanwältin Monika Harms.

Griesbaum sagte weiter, er habe als damaliger Sitzungsvertreter „keine Anhaltspunkte“ dafür gehabt, „dass der Verfassungsschutz da irgendwie manipulativ mitgemischt hat“. Es habe in dem damaligen Prozess auch „keine Hinweise“ dafür gegeben, dass Becker bei dem Attentat am 7. April 1977 in Karlsruhe vor Ort dabei gewesen sei. Dasselbe gelte für Mohnhaupt, die als Drahtzieherin des Attentats verurteilt wurde.

Gegen Verena Becker war nach dem Anschlag zunächst ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beteiligung eingeleitet worden. Die damals geführten Ermittlungen hatten den Tatvorwurf allerdings nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit erhärten können. Trotz eines verbleibenden Tatverdachts wurde das Verfahren gegen Becker daher am 31. März 1980 eingestellt. Becker soll früheren Medienberichten zufolge dann von Herbst 1981 bis Ende 1983 mit dem Verfassungsschutz kooperiert haben.

Die Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens gegen Becker im April 2008 führte dann schließlich zum Stuttgarter Prozess, in dem die Bundesanwaltschaft Becker als mutmaßliche Mittäterin beim Buback-Attentat angeklagt hat. Becker soll demnach maßgeblich an der Entscheidung für den Mordanschlag, an dessen Planung und Vorbereitung sowie der Verbreitung der Bekennerschreiben mitgewirkt haben. Als Todesschützin oder unmittelbar Tatbeteiligte verdächtigt die Bundesanwaltschaft Becker jedoch nicht.

Wegen des Anschlags auf Buback und seine beiden Begleiter wurde neben Klar und Mohnhaupt auch Knut Folkerts verurteilt. Die Ermittlungen gegen den RAF-Terroristen Günter Sonnenberg, der ebenfalls als Tatverdächtiger galt, wurden 1982 eingestellt. Dies geschah mit Blick darauf, dass Sonnenberg bereits im April 1978 wegen Mordversuchs an zwei Polizisten zu zweimal lebenslänglich verurteilt worden war und wegen einer Kopfverletzung dauerhaft gesundheitlich beeinträchtigt war. Welches RAF-Mitglied beim Buback-Attentat von einem Motorrad aus die tödlichen Schüsse abgab, ist bis heute ungeklärt.

Griesbaum sagte vor Gericht außerdem, der Anschlag auf Buback sei „im Kollektiv“ geplant worden. „Der General muss weg“ hätten alle RAF-Mitglieder als das gemeinsame Ziel ausgegeben. „Wir brauchten niemanden, der uns aus den Zellen sagt, wir sollen Buback erschießen – das haben wir selbst gewusst“, zitierte Griesbaum den Terroristen Günter Sonnenberg. Buback war zum Ziel der RAF geworden, weil er nach den damaligen Überzeugungen der Terroristen die RAF vernichten wollte. (dapd/dpa)