Dominique Strauss-Kahn ist als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgetreten. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich schwierig.

New York/Paris/Berlin. Der Rücktritt des in Untersuchungshaft sitzenden Dominique Strauss-Kahn vom Amt des Geschäftsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat eine internationale Debatte um seine Nachfolge ausgelöst.

Als aussichtsreichste Kandidaten gelten Montek Singh Ahluwlia (Wirtschaftsberater des indischen Premiers), Kemal Dervis (ehemaliger türkischer Wirtschaftsminister), Christine Lagarde (Frankreichs Finanzminister), Axel Weber (früherer Bundesbank-Chef), Stanley Fischer (Vorsitzender der israelischen Zentralbank), Tharman Shanmugaratnam (Singapurs Finanzminister), Agustin Carstens (Chef der Bank von Mexiko) und Trevor Manuel (früherer südafrikanischer Finanzminister).

Nachfolgend einige Fragen und Antworten zur Rolle der Institution und ihrer Repräsentanten in der Weltfinanzordnung.

Was ist die Aufgabe des IWF?

Als Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit 187 Mitgliedern soll der IWF die internationale Währungskooperation und ein ausgewogenes Wachstum des Handels fördern. Dazu hilft er Ländern, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind.

Wie sieht die Hilfe aus?

Der IWF, in den die Mitgliedsländer mehr als 340 Milliarden US-Dollar eingezahlt haben und im Ernstfall für weitere 600 Milliarden geradestehen sollen, bewilligt gegen meist sehr strenge Auflagen zinsgünstige Kredite.

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Wer hat das Sagen im IWF?

Je nach Wirtschaftskraft zahlen die Mitgliedsländer Kapital in unterschiedlicher Höhe ein, allen voran die Vereinigten Staaten, Deutschland und Japan. Nach der Höhe der eingezahlten Beiträge richtet sich weitgehend der Stimmanteil. Diese Gewichtung ist jedoch zunehmend umstritten. Strauss-Kahn hat sich dafür eingesetzt, den Schwellenländern mehr Gewicht zu geben.

Wie kommt man an die Spitze des IWF?

Zwischen den USA und Europa als den finanzkräftigsten Einzahlern gab es über Jahrzehnte ein stillschweigendes Übereinkommen, wonach die USA den Spitzenposten bei der Weltbank und Europa den Spitzenposten beim IWF bestimmen. Dementsprechend stand dem IWF seit seiner Gründung 1944 stets ein Europäer vor, darunter mit Horst Köhler von 2000 bis 2004 einmal ein Deutscher und viermal ein Franzose. Inzwischen werden aber auch in den USA, von Asien ganz zu schweigen, Stimmen laut, die die aufstrebenden Länder aus Asien, Lateinamerika oder Südafrika stärker vertreten sehen wollen. Die Nachfolgefrage ist ein hochpolitisches Pokerspiel.

Kann wieder ein Franzose IWF-Chef werden?

Ja, er oder sie – gute Karten hat offenbar die französische Finanzministerin Christine Lagarde – müsste allerdings die Unterstützung der anderen großen europäischen Staaten haben. Und die USA müssten es geschehen lassen. Kanzlerin Angela Merkel argumentiert seit der Inhaftierung Strauss-Kahns, dass es in der augenblicklichen Situation besser wäre, eine/n Europäer/in an der Spitze zu haben, wo es doch darum gehe, mithilfe des Fonds eine Euro-Krise zu verhindern. "Mittelfristig“, sagte sie, könne sie sich allerdings auch einen Kandidaten aus den Schwellenländern vorstellen.

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(dapd)